Ein Unternehmer will Wohnraum für Geflüchtete schaffen. Er gibt auf, weil das Landratsamt es nur befristet zulässt und dabei auf das Baurecht pocht.

Nicht immer können es Bürgermeister allen recht machen – insbesondere bei Bauanträgen. Das Murrer Ortsoberhaupt Torsten Bartzsch sieht sich deshalb Kritik ausgesetzt. Der Unternehmer Ralf Streib ist unzufrieden, weil er ein Wohnbauprojekt für Flüchtlinge auf seinem Firmengrundstück am Haugweg nur zeitlich befristet hätte verwirklichen dürfen – und es deshalb aufgab. Der Bürgermeister wiederum weist die Vorwürfe entschieden zurück und verweist auf die Vorgaben des Landratsamtes Ludwigsburg und das Baurecht.

 

Ralf Streib wollte auf seinem Firmengrundstück in Murr einen Abstellraum mit 100 Quadratmetern in zwei Wohneinheiten für ukrainische Geflüchtete umwandeln. „Man hört überall von fehlenden Unterkünften – ich wollte dagegen etwas tun.“ Nun liegt Streibs Objekt in einem eingeschränkten Gewerbegebiet aus den 1960er-Jahren. Dort wären solche Umbauten zugunsten von Geflüchteten möglich, aber nur zweckgebunden und daher befristet. Sollten keine Geflüchteten mehr dort wohnen, will das Landratsamt für die Folgenutzung einen Bauantrag sehen. Der IT-Berater Streib hätte jedoch gern dauerhaft weitervermietet. Er sieht angesichts des eklatanten Wohnraummangels den Amtsschimmel wiehern: „Ich habe vom Projekt Abstand genommen, weil sich meine Baukosten von etwa 250 000 Euro nicht amortisiert hätten.“

Frustriert ist Ralf Streib vor allem auch deshalb, weil in nächster Nähe zu seinem Grundstück ein anderer Murrer seiner Meinung nach wohlwollender behandelt wurde. „Dort sollte auf mehreren Gewerbegrundstücken eine Wohnbebauung realisiert werden.“ Offenbar sei der Eindruck entstanden, dass auch zwei weitere benachbarte Grundstückseigentümer mitziehen könnten. Das ist aber nicht der Fall. Streib hält das Vorgehen für übereilt: „So entstand eine städtebauliche Planung, durch die der Gemeinde bestimmt Kosten entstanden sind.“ Die Kommune verfolge ihr Ziel, Wohnraum zu gewinnen, mit viel Aufwand. Sie versteife sich aber mit dem Landratsamt auf formaljuristische Positionen, wenn es um sein Projekt gehe.

Was für Ralf Streib das Fass zum Überlaufen bringt: Dem Nachbarn wurde kürzlich vom Technischen Ausschuss des Gemeinderats das städtebauliche Einvernehmen erteilt, in seiner Firmenimmobilie auf dem Grundstück ein anderes Wohnprojekt zu realisieren. Dort soll eine Betriebswohnung in einem Gebäude auf dem verpachteten Areal entstehen. Laut Streib ein Unding: „Es ist nicht zulässig, Wohnbau zu errichten, wenn es dem Firmenbetrieb nicht dient.“ Darüber entscheiden müssen nun aber nicht Murrer Gemeinderäte – der Ball liegt bei der Baubehörde des Landratsamtes Ludwigsburg.

Wie sieht der Bürgermeister diese Vorgänge? Es handele sich um verschiedene Projekte, argumentiert Torsten Bartzsch. Jedes sei baurechtlich gesondert zu betrachten. Der Umbau auf dem Gelände von Ralf Streib sei nur temporär möglich, solange die Unterkunft Flüchtlingen diene – das Landratsamt habe richtig entschieden. Punkt zwei: Die städtebauliche Planung für das gesamte Areal am Haugweg habe die Gemeinde vorgenommen – und damit den Grundstückseigentümern einen Vorschlag unterbreitet. „Wenn die Eigentümer dazu Nein sagen, müssen wir das akzeptieren.“ Es sei generell schwierig für Kommunen, für eine Nachverdichtung Flächen zu bekommen. „Vielleicht sieht es in fünf bis zehn Jahren dort besser aus.“ Und die Firmenwohnung? Bartzsch verweist auf das baurechtliche Verfahren, das offen sei: „Das Landratsamt wird die Nachweise für eine betriebsbedingte Nutzung verlangen und zu einer angemessenen Entscheidung kommen.“