Der Start ins neue Jahr lief besser als erwartet. Aber die Aussichten sind verhalten.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Stuttgart - Delle statt Rezession: Nach einem leichten Rückgang im zweiten Halbjahr 2018 ist die Wirtschaftsleistung im ersten Quartal wieder gestiegen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte um 0,4 Prozent zu, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. Auch der Euroraum verzeichnete ein Plus von 0,4 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Im Vergleich zum ersten Quartal 2018 stieg die Wirtschaftsleistung in Deutschland kalenderbereinigt um 0,7 Prozent; in der gesamten Währungsunion um 1,2 Prozent.

 

Das Bundeswirtschaftsministerium sieht dennoch keinen Grund zum Jubeln: „Ihre Schwächephase hat die deutsche Wirtschaft mit dem guten Einstieg in das Jahr noch nicht überwunden“, teilte das Haus von Peter Altmaier (CDU) mit. Eine nachhaltige Erholung sei erst zu erwarten, wenn „die Verunsicherung, verursacht insbesondere durch die Handelskonflikte, abnimmt“. Die USA hatten vergangene Woche die Importzölle auf chinesische Waren erhöht und damit Hoffnungen auf eine Entspannung enttäuscht. Auch der Konflikt um das iranische Atomprogramm hat sich verschärft, zudem brach der italienische Vize-Regierungschef Matteo Salvini am Mittwoch einen neuen Streit über den EU-Stabilitätspakt vom Zaun.

Dabei schienen sich noch im ersten Quartal die Aussichten für die Exportwirtschaft zu verbessern: Nach Angaben des Statistischen Bundesamts legten die deutschen Ausfuhren zu. Insgesamt habe der Außenhandel dennoch kaum zum Wachstum beigetragen, weil auch die Importe gestiegen seien. Die entscheidenden Impulse kamen aus dem Inland: Bautätigkeit, privater Konsum und auch die Ausrüstungsinvestitionen der Unternehmen legten gegenüber dem Schlussquartal 2018 deutlich zu.

Das Handwerk boomt

Die gute Lage am Bau macht sich auch im Handwerk bemerkbar: Die Auslastung in den Bau- und Ausbau-Gewerken habe mit rund 85 Prozent den höchsten Stand, der je in einem ersten Quartal erreicht worden sei, teilte der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) mit. Die Umsätze hätten sich auch in fast allen anderen Gewerken positiv entwickelt. Für die Kunden hat der Boom allerdings auch Schattenseiten: Laut ZDH müssen sie im Durchschnitt fast zehn Wochen warten, bis ein Auftrag erfüllt werden kann.

Nach Einschätzung der Commerzbank war der schwungvolle Jahresauftakt in der Bauwirtschaft allerdings ein Sondereffekt: Er sei teilweise dem für diese Saison außergewöhnlich milden Wetter geschuldet. „Im zweiten Quartal dürfte der positive Wettereffekt wegfallen“, warnte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Zudem seien die Auftragseingänge der Industrie gesunken, was Produktionsrückgänge im zweiten Quartal nach sich ziehen könnte. „Das Bruttoinlandsprodukt dürfte im zweiten Quartal lediglich stagnieren, vielleicht sogar schrumpfen“, folgert Krämer. Eine Stagnation befürchten auch die Volkswirte der Deutschen Bank. Für die Allianz schrieb Volkswirtin Katharina Utermöhl: „Einiges spricht dafür, dass das Expansionstempo des Startquartals 2019 im weiteren Verlauf des Jahres nicht gehalten werden kann.“

Für das gesamte Jahr erwarten die meisten Ökonomen eine Wachstumsrate von maximal einem Prozent. Sollte sich der Handelsstreit weiter verschärfen, könnten sich auch diese Prognosen als zu optimistisch erweisen, warnte der Chefvolkswirt der DZ Bank, Stefan Bielmeier: Wenn US-Präsident Donald Trump „womöglich auch noch Autozölle gegen Europa verhängt, könnte das den Konjunkturaufschwung in Deutschland in Gefahr bringen.“ Die Nachrichtenagentur Reuters meldete am Mittwoch allerdings unter Berufung auf Regierungskreise in Washington, Trump wolle die bis Samstag erwartete Entscheidung über Autozölle um ein halbes Jahr verschieben. Der Deutsche Aktienindex (Dax) drehte daraufhin ins Plus.