Eine Helferin für die Selbsthilfe: Das Landratsamt hat eine Kontaktstelle eingerichtet, die Hilfesuchende und Ehrenamtliche gleichermaßen unterstützen soll.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Rems-Murr-Kreis - Als Klaus Feurer zu jener Schlaganfall-Selbsthilfegruppe gefunden hat, deren Vorsitzender er heute ist, lag das bisher wohl einschneidendste Ereignis seines Lebens bereits mehr als zehn Jahre zurück. Mit 47 Jahren traf es den promovierten Informatiker, der gerade dabei war, ein EDV-Zentrum für Daimler in den USA aufzubauen, wie der sprichwörtliche Blitz aus heiterem Himmel. Feurer klappte kurz nach dem Aufstehen urplötzlich im Bad zusammen und lag dort etwa eine Stunde lang, bis ihn jemand bemerkte. Der Schlaganfall richtete massive Schäden an. Feurer konnte nicht mehr sprechen, war teilweise gelähmt, gut ein halbes Jahr lang verbrachte er in diversen Kliniken.

 

Keiner der behandelnden Ärzte gab ihm damals den Tipp, sich an eine Selbsthilfegruppe zu wenden. Erst nachdem er sich mehrere Jahre lang in einer ganz anderen Position als der bisherigen durchs Arbeitsleben gequält und schließlich in den Vorruhestand hatte versetzen lassen, stieß er per Zufall auf die Schlaganfall-Selbsthilfegruppe Rems-Murr, wo er sich, wie er sagt, bestens aufgehoben und gebraucht fühlt.

Hilfe für Hilfesuchende und ehrenamtlich Tätige

Hätte es die Kontaktstelle im Waiblinger Landratsamt damals schon gegeben, hätten Klaus Feurer und die Selbsthilfegruppe möglicherweise viel früher zusammengefunden, denn die Sozialarbeiterin Ilse Schmid, welche die neu geschaffene Stelle seit Ende vergangenen Jahres ausfüllt, versteht sich als Lotsin und Sprachrohr für die rund 100 Selbsthilfegruppen im Rems-Murr-Kreis. An sie können sich einerseits Hilfesuchende wenden, andererseits aber auch Gruppen, die themenübergreifende Unterstützung benötigen – sei es bei Moderationen, der Mitgliederwerbung oder der Vermittlung von Räumlichkeiten.

Dass großer Bedarf an einer offiziellen Anlaufstelle bestehe, habe man bei Diskussionen im Rahmen der kommunalen Gesundheitskonferenz festgestellt, sagt die Sozialdezernentin Rosemarie Längle-Sanmartin. Allein einen Überblick über das „unglaublich differenzierte Angebot“ zu behalten, dessen Bandbreite von A wie Anonyme Spieler oder Aphasie bis Z wie Zwanghaftes Essen reicht, sei wichtig, ebenso die Unterstützung der ehrenamtlich Tätigen. Kai Schroeder von der Gesundheitsförderung des Landratsamts erinnert sich etwa an die Anfangszeit der ersten Depressionsselbsthilfegruppe. Das Angebot habe eine Nachfragelawine ausgelöst, die für die wenigen Ehrenamtlichen kaum zu stemmen gewesen sei.

Wie hilfreich eine passgenaue Hilfe zur Selbsthilfe sein kann, hat die neue Koordinatorin Ilse Schmid in ihrem privaten Umfeld erlebt. Ein Bekannter sei nach einem allergischem Schock völlig aus seinem bisherigen Leben herausgefallen. Über eine Selbsthilfegruppe habe er einen Weg gefunden, mit seinen Einschränkungen zurecht zu kommen. Neben einer medizinischen Behandlung sei oft nämlich ebenso wichtig, mit Menschen in Kontakt zu kommen, welche die eigenen Probleme verstehen. „Wir sind Leute mit allen möglichen Mängeln – die einen können nicht reden, die anderen kaum gehen“, sagt Klaus Feurer über die Selbsthilfegruppe Schlaganfall, „aber bei uns ist das ganz normal.“