Einsatzkräfte des Hauptzollamts Stuttgart sind auf dem Weihnachtsmarkt unterwegs. Ihre Mission: Wird der Mindestlohn gezahlt und sind alle Mitarbeitenden an den Ständen ordnungsgemäß angestellt?

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Eben noch fliegen die Schneebälle kreuz und quer über den Stauffenbergplatz. Doch dann halten die Schüler inne. „Huch, so viel Polizei?“ staunen sie, als eine Gruppe in blauer Uniform um die Ecke biegt. Drei Stunden lang waren die Jungs aus Schwäbisch Hall mit ihrer Klasse auf dem Weihnachtsmarkt unterwegs, und da sei es doch überall ruhig und friedlich gewesen. „Das ist keine Polizei“, werden sie aufgeklärt, und staunen noch mehr: „Das ist der Zoll.“

 

Der Zoll ist trotz der guten Stimmung wegen des Weihnachtsmarktes in der Stadt. Es ist eine Gruppe von der Finanzkontrolle Schwarzarbeit, die sich an diesem Nachmittag bei den Budenbetreibenden umsieht. „Es ist unsere erste umfassende Kontrolle auf dem Weihnachtsmarkt in diesem Jahr“, sagt der Dienstgruppenleiter Tobias Koller. Die Themen sind Schwarzarbeit, Sozialversicherung und der im Herbst auf zwölf Euro angehobene Mindestlohn.

Auf dem Markt weiß man, warum die Zollbeamtinnen und -Beamten da sind. Das verrät ein Rauschen in der Hosentasche eines Sicherheitsmannes an der ersten Station. Die zwei Männer in gelben Warnwesten stehen Wache neben den Pollern an der Planie. Für berechtigte Personen – andere Sicherheitskräfte, Lieferanten und Beschicker – dürfen sie die Poller versenken. An diesem Nachmittag sind die Säulen im Boden versenkt, ein Polizeiwagen steht stattdessen dort. Die Herren in Schwarz mit Warnweste lächeln freundlich, sie kennen das Prozedere. Doch es scheint in ihrer Branche nicht von allen so locker genommen zu werden, wenn die Papiere gescheckt werden. Das Rauschen kommt vom Funkgerät. „Achtung, Zoll ist unterwegs!“ dringt die Warnung hervor. „Ja klar, das spricht sich jetzt rum“, sagen Koller und seine Leute.

Geduldig beantworten die Mitarbeitenden die Fragen

Das Vorgehen ist immer gleich. Die Beamtinnen und Beamten lassen sich Papiere zeigen, nehmen die Personalien auf und arbeiten dann einen Fragebogen ab. Zwei DIN-A-4 Seiten, eng bedruckt. Sie wollen den Stundenlohn wissen, wie er ausbezahlt wird: „Bekommen Sie das Geld bar oder überwiesen?“ fragen sie. Auch die Krankenkasse und, wenn es der Fall ist, den ausländerrechtlichen Status wollen sie wissen. Denn nicht alle, die sich in Deutschland aufhalten dürfen, dürfen auch hier arbeiten. Und wer in einem anderen EU-Land eine Arbeitserlaubnis hat, hat nicht zwingend eine für Deutschland.

Die Herren grüßen freundlich, die Gruppe zieht weiter, zum Würstchenstand gehen zwei, zwei zu den süddeutschen Spezialitäten gegenüber. Der Mann im Stand stutzt kurz, als ein Beamter fragt, ob er die Tür an der Seite des Verkaufsstandes aufmachen kann. Ob die in den Wagen wollen, die Waren checken? Nein, es gehe nur darum, diskret sprechen zu können. Schließlich wolle man weder den Verkauf stören, noch persönliche Daten über die Verkaufstheke besprechen. Der Mann mit der dicken Skimütze erzählt, wie lange er schon in Deutschland ist, dass er eigentlich Altenpfleger ist und ihm ein Freund hier den Nebenjob besorgt hat.

Die Suche nach Auffälligkeiten läuft im Büro am Rechner

Verstöße werden nicht beim Rundgang offenbar, sagt Tobias Koller. Erst im Nachgang, beim Abgleich der Sozialdaten, oder wenn man die Lohnabrechnungen der letzten sechs Monate anfordere, finde man etwas. „Was wir vor Ort aufdecken können, sind ausländerrechtliche Verstöße. Mindestlohnverstöße seien noch nicht das große Thema. Offenbar halten sich Händler und Gastronomen daran. Natürlich gebe es Schlupflöcher – etwa mehr Arbeitszeit, als auf dem Papier ausgewiesen. Da müsse man dann eben akribisch abfragen, wer wie lang arbeite. Verstöße würden oft durch anonyme Anzeigen entdeckt.

Wer etwas zu verbergen hat – oder keine Lust auf eine Kontrolle – , das merken die Einsatzkräfte auch: Wenn drei von ihnen in Richtung Taxistand gehen, fahren da bis auf einen Wagen alle weg. „Die kommen wieder“, sagt ein Beamter dazu nur ruhig.