Nach einem Schock-Video der Soko Tierschutz wurde der Schlachthof Gärtringen im vergangenen Jahr stillgelegt, jetzt werden die Weichen auf einen Neuanfang gestellt.

Böblingen : Ulrich Stolte (uls)

Gärtringen - Kurt Matthes, der Sprecher der Gärtringer Schlachthof-Genossenschaft, sieht die Finanzierung eines neuen Schlachthofes in greifbarer Nähe, nachdem der Betrieb aus Gründen des Tierwohls geschlossen worden war. Denn die Zeit drängt, müssen doch die Metzger und die Landwirte etliche Umwege und lange Fahrten in Kauf nehmen, um ihre Tiere zu schlachten, was weder gut für das Tier ist noch gut für das Fleisch.

 

Es braucht 6,6 Millionen Euro

Um die baulichen Mängel des Schlachthofs zu beheben und die veralteten Anlagen zu erneuern, braucht die Genossenschaft nach eigenen Angaben insgesamt etwas mehr als 6,6 Millionen Euro. Dafür will die Genossenschaft einen Zuschuss des Landes Baden-Württemberg beantragen, der einen gewissen Teil der Kosten abdecken soll, doch bleibe danach noch ein Betrag von 4,3 Millionen Euro offen, sagt Kurt Matthes. Diese Summe soll der Landkreis Böblingen finanzieren. Das wird allerdings kein Zuschuss werden, sondern ein Darlehen zu marktüblichen Preisen. Künftig wird der Schlachthof von einer neu zu gründenden Gesellschaft geführt, die den Schlachthof von der Genossenschaft pachtet. Die Gesellschafter sind bislang der Fleischmarkt Gärtringen, der Metzger-Einkauf und ein Landwirt.

Der Sprecher des Landratsamtes, Benjamin Lutsch, sieht in dem jetzt veröffentlichen Vorschlag „einen möglichen Weg, den wir gehen können“. Allerdings seien noch nicht alle Details des Vertrages ausgehandelt und die Entscheidung darüber, ob der Landkreis in Gärtringen mit einsteigt, obliegt ausschließlich dem Kreistag. Der will in der kommenden Sitzung am 26. Juli über das weitere Vorgehen beim Schlachthof beraten.

Intensive Verhandlungen

Kurt Matthes hofft jetzt auf ein positives Signal aus dem Gremium. „Es waren intensive Verhandlungen mit dem Land und dem Landkreis“, berichtet der Sprecher der Schlachthof-Genossenschaft, der sich freut, dass sowohl der baden-württembergische Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) als auch der Böblinger Landrat Roland Bernhard sich zu regionalen Schlachthöfen und insbesondere dem Standort Gärtringen bekennen würden, wie es in einer Pressemitteilung heißt.

Fällt die Entscheidung zugunsten des Schlachthofes aus, dann kann die Genossenschaft in die Feinplanung gehen und den 20 Jahre alten Betrieb modernisieren. Verläuft alles nach Plan, dann könnte der runderneuerte Schlachthof Mitte des kommenden Jahres 2022 wieder öffnen.

Misshandlungen von Tieren

Der Schlachthof in Gärtringen war voriges Jahr in die Schlagzeilen geraten, nachdem der Münchner Verein „Soko Tierschutz“ mit einer versteckten Kamera Misshandlungen von Tieren dokumentiert und Fehler bei der Betäubung festgestellt hatte. Deswegen und wegen verschiedener Mängel hatte der Böblinger Landrat Bernhard den Schlachthof geschlossen, entgegen dem Willen des Landwirtschaftsministers Peter Hauk, der stets gebremst hatte, als der Landkreis und das Regierungspräsidium dem Ministerium von Verstößen gegen Tierschutz berichtet hatte.