Das Ensemble Cosmedin zelebriert am Samstag in der katholischen Kirche St. Antonius in Stuttgart-Zuffenhausen sein neues Programm über den deutschen Mystiker Meister Eckhart.

Zuffenhausen - Den Turm von St. Antonius haben Stephanie und Christoph Haas von ihrer Wohnung und ihrem Studio aus direkt im Blick. Und wenn sie wegen der klangräumlichen Wirkung ihrer Performances und der inhaltlichen Korrespondenzen ihrer Programme als Ensemble Cosmedin gerne große, alte Kirchen, auch Kathedralen und Dome bespielen, so kehren sie doch immer wieder gerne in ihre neoromanische „Hauskirche“ zurück: „Sie hat eine erstaunlich schöne Akustik, die unsere Art des Musizierens klanglich trägt“, sagt Christoph Haas, im Ensemble Cosmedin fürs Instrumentale zuständig.

 

In St. Antonius hatten „die Cosmedins“, die sich mit ihrem künstlerischen Profil in der Welt der Alten einen ganz eigenen Namen gemacht haben, zuletzt die Weisheiten alter Märchen umkreist. Wie zuvor schon die spirituellen Sphären der Hildegard von Bingen. Und nun geht es erneut zurück ins Mittelalter, zu Meister Eckhart, der in der Spanne der Zeit nur unwesentliche 100 Jahre später gewirkt hatte „Liebe kennt kein Warum – Musik und Texte der Mystik“. Warum aber nun Meister Eckhart (1260 bis 1327), dieser deutsche Mystiker und Provinzial der Dominikaner, der ins Volk hinein wirken wollte, des Irrglaubens verdächtigt wurde und kurz vor Abschluss des Verfahrens starb? „Es ist einfach fantastisch, was dieser Bursche vor so langer Zeit gedacht hat, vieles wirkt so zeitlos“, bringt Christoph Haas sein Fasziniertsein auf den Punkt. Er selbst sei ja auch „so ein Stadtneurotiker, der tausend Dinge gleichzeitig im Kopf“ habe. Aber die Beschäftigung mit Eckhart, diesem „Meister der Sprache am Rande des Sagbaren“, von „strenger Logik und doch mit einem so warmen Herzen“, die führe einen „in die Klarheit und in eine hochkonzentrative Mitte“. Den Lyriker im Sprachmeister dürfe man nicht vergessen, betont Stephanie Haas. Schon die „Phrasierung und Rhythmik seiner Text ist hochmusikalisch“, auch wenn sie von weit herzukommen scheine.

Langhalslaute, Streichpsalter, Glocken und Rahmentrommel

Auch die Klänge und Gesänge des Ensembles scheinen schon auf der CD wie von ganz weit herkommend, mit Instrumenten wie Langhalslaute, Streichpsalter, Glocken, Rahmentrommel – und wirken doch ganz nah. Weil sie einen Raum öffnen, in dem Epochen und Zeitschichten zu rein äußerlichen Haltepunkte werden, denn dieser Raum ist ein Innenraum, in dem das Menschsein verhandelt wird. In seiner Größe und Vergänglichkeit – und in der zeitlos wirkenden Transzendenz, die Meister Eckhart diesem unauflösbaren Spannungsverhältnis abzugewinnen wusste.

Eine Wirkung, die das Duo selbst zu erzeugen versteht. Kein Wunder, es hat ja selbst einen weiten Weg durchschritten, denn Beide kommen aus der zeitgenössischen Musik. Christoph Haas als Schlagzeuger, seine Frau als Sängerin, mit dem bedeutenden Komponisten und Lehrer Helmut Lachenmann als wegweisender Bezugsgröße. Dann aber sind sie weit zurückgegangen in die Alte Musik, haben musikalisch auch andere Kulturkreise durchschritten – und sich so zur Metamorphose tief versunkener Schätze befähigt: „Aus den Quellen in die Gegenwart sprechen, singen, spielen“, nennt das Stephanie Haas. Und wenn sie darüber spricht, kommt unwillkürlich ein Kleist-Satz in den Sinn: „Man muss durch ein Unendliches gehen, um zur natürlichen Grazie zurückzufinden.“

Meditation über wesentliche Dinge

Auch das Gespräch selbst ist eine ausholende Umkreisung, eine Art Meditation über wesentliche Dinge, denen sie im Konzert Ausdruck zu geben versuchen. Dabei ließe sich an ein Wort von Meister Eckhart denken: „Immer ist die wichtigste Stunde die gegenwärtige; immer ist der wichtigste Mensch der, der dir gerade gegenübersteht; immer ist die wichtigste Tat die Liebe.“ So ist Stephanie Haas eines besonders wichtig: „Meister Eckhart verlockt zum Denken, zur Tiefe. Und doch ist alles ganz unmittelbar zugänglich und in unserem Programm erlebbar.“ Das seien auch stets die Rückmeldungen: „Wenn Besucher sagen, ich wurde ruhig, ich wurde berührt, es hat mir wohlgetan, dann finde ich das wunderbar.“

Das Programm bietet mit dem Psalm „Schmücke dein Brautgemach“ ein prächtiges Portal, das „zu Inseln aus Texten und Musik führt, die sich wie ein Puzzle fügen“, erklärt der Instrumentalist, worauf die Sängerin ergänzt: „Um am Ende in eine klingende Stille zu führen.“

Info Das Konzert mit dem Ensemble Cosmedin in der Kirche Sankt Antonius an der Markgröninger Straße 35 findet am Samstag, 16. März, statt. Beginn ist um 18 Uhr. Der Eintritt ist frei.