Die Stuttgarter Band Buzz Rodeo ist zu alt, um als Hype durchzugehen. Trotzdem gibt es gute Gründe, sich ihr Konzert am späten Freitagabend anzusehen – nicht nur für Leute, denen Die Nerven zu gefällig sind.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Die Stuttgarter Band Buzz Rodeo ist in den entsprechenden Fankreisen bislang vor allem durch diverse quasi unkommentierte Veröffentlichungen, unter anderem auf dem polnischen Label Antena Krzyku aufgefallen – und durch einen Brachialgig im Jazzclub (!) Kiste im Februar. Ansonsten sind die Stuttgart-Gigs der Band einigermaßen rar gesät, doch wie es der Zufall will, erscheint dieses Interview kurz vor dem Auftritt von Buzz Rodeo im Universum am Freitag. Da spielt die Band im Rahmen der Neunziger-Rock-Party Klub Karachoo.

 

Der Schlagzeuger Helge Gumpert erklärt, warum das mit der Neunziger-Party und seiner Band ganz gut passen könnte – und warum sich die Band in Frankreich musikalisch eher zuhause fühlt als im Kessel.

Helge, warum sollten Noiserock-Fans am Freitag ins Universum gehen?
„Wir werden auf jeden Fall eine ziemlich krachige Rockshow bieten. Auf unserer Frankreichtour im März hat sich der Eindruck verfestigt, dass wir ziemlich laut sind. Wenn es gut laut ist, ist die Musik ja auch schön.“
Also Ohrstöpselpflicht?
„Ich erlebe ja gerade immer, dass Ohrstöpsel an der Kasse erhältlich sind. Das ist komisch – ich finde, Konzerte sind nicht lauter geworden in den letzten Jahren. Vielmehr sind die Leute sensibler geworden. Die Gitarre hat bei uns natürlich schon so gewisse Frequenzen, aber das kann man durchaus mal aushalten ne Dreiviertelstunde. Trotzdem würde ich schon Ohrstöpsel empfehlen.“
Kommen wir zur Musik. Nach eurer LP „Sports“ habt ihr eine Single und eine Split-EP nachgeschoben. Warum so viel in so kurzer Zeit?
„Unser polnisches Label Antena Krzyku ist veröffentlichungsfreundlich, und wir wollten jedes Format einmal durchmachen. Antena Krzyku unterstützt uns außerdem mit viel PR-Arbeit.“

Die PR-Arbeit funktioniert bei Buzz Rodeo tatsächlich ein bisschen anders als bei den übrigen Bands, die versuchen, einen Hype zu generieren. Buzz Rodeo blühen eher im Verborgenen, in der Szene – und haben natürlich auch eine Strategie. In ihrem Fall lautet die: nicht lange rumprobieren, sondern von null auf hundert gehen, mit einem in drei Tagen im Marienplatzbunker eingespielten Kracher von einem Album.

O-Ton Helge Gumpert:

„Vor der LP gab es tatsächlich keine Veröffentlichung von uns. Aus dem Alter, Demokassetten zu machen, sind wir raus. Wir waren uns sicher, dass die Songs soweit sind, dass man sie aufnehmen kann. Und es war unser Anspruch, das dann in drei Tagen erledigt zu haben.“
Wie kommt ihr in Stuttgart an und wie in Frankreich?
„Auf unserer Frankreich-Tour haben wir festgestellt, dass es da eine viel größere Noiserock-Szene gibt. Ich habe mich da durchaus heimisch gefühlt. In Stuttgart ist das nicht so, auch wenn hier einige Bands ähnliche Musik machen.“
Die Nerven und so.
„Da ist einfach eine Generation dazwischen. In Frankreich oder Italien sind die Noiserock-Fans ein gutes Stück älter, wurden in den Neunzigern sozialisiert. Wir sind ein Teil dieser Szene. Das Label Fidel Bastro, auf dem die zweite Auflage unserer LP erscheint, hat unseren Sound umschrieben mit ‚Musik, die es eigentlich gar nicht mehr gibt’. Aber das finden viele Leute richtig cool.“
Und wer geht auf Buzz-Rodeo-Konzerte?
„In Frankreich, wo diese Musik noch mehr läuft, lag der Frauenanteil erstaunlicherweise bei etwa der Hälfte. Ansonsten waren die elf Konzerte der Tour zum Teil richtig gut besucht, über 150 Leute – und für Herbst haben wir das Angebot, durch Südfrankreich und Spanien zu touren.“

Dass man sich beeilen muss, um Buzz Rodeo noch in kleinen Clubs zu sehen, glaubt die Band indes nicht. Das mag Understatement sein, vielleicht stimmt es auch ... Nochmal Helge Gumpert:

„Größere Locations spielst du nur mit größerem Label und entsprechender Bookingagentur. Wir haben bis jetzt alles mehr oder weniger selbst gemacht. Und in Stuttgart alle zwei Monate zu spielen, finde ich nicht so sinnvoll. Stuttgart ist ja nicht New York City, da kommen irgendwann nicht mehr genug Leute.“
Wie viele Leute kommen am Freitag?
„Beim Klub Karachoo sind schon immer so 150, 200 Leute. Das wäre klasse. Unsere Musik ist ja schon sperrig. Ich glaube nicht, dass es das auf der großen Bühne gibt.“
Die Nerven gibt es doch auch in groß ...
„Ja, aber die sind ein Stück gefälliger und singen auf Deutsch. Deutsch ist ja mittlerweile Standard, Englisch die Nische. Und: Wir sind Mitte 40, da gehst du nicht mehr als junger Hype durch.“

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