Die Landtagsabgeordneten Willi Halder und Siegfried Lorek machen eine gemeinsame Visite in der Gemeinschaftsschule Korb. Die Einrichtung gehört im Land zu den Pionieren der neuen Schulart.

Korb - Genüsslich nippt der Grünen-Landtagsabgeordnete Willi Halder an einer Tasse Kaffee, während sich sein CDU-Kollege Siegfried Lorek emsig zu den Ausführungen des Korber Gemeinschaftsschulleiters Thomas Kuntz Notizen macht. Gemeinsam sind die beiden Koalitionäre an diesem Freitagvormittag zu einer Visite gekommen. Nebeneinander im Rektorat sitzend bieten sie ein einträchtiges Bild – das so vor der jüngsten Landtagswahl wohl nicht denkbar gewesen wäre, angesichts der konträren Positionen, die Grüne und CDU zum Thema (Gemeinschafts-)Schule vertreten haben.

 

Für Siegfried Lorek ist es nach eigenem Bekunden der zweite Besuch in einer Gemeinschaftsschule. Halder war in der Korber Einrichtung, die zu den Pionieren im Land zählt, welche 2012 mit der neuen Schulart an den Start gegangen sind, schon oft Gast. „Ich sehe, dass sich hier wahnsinnig viel tut und weiterentwickelt. Ich finde das sehr positiv, das ist eine sehr lebendige Schule“, meint der Grüne.

Kooperation mit Technischem Gymnasium in Waiblingen in Planung

Was sich alles getan hat und tun wird, erklärt Thomas Kuntz: „Inzwischen sind unsere ältesten Schüler in der neunten Klasse und bereiten sich auf die beiden Abschlussprüfungen vor.“ Ob sie einen Hauptschul- oder einen Realschulabschluss ablegen wollen, stehe ihnen frei. Etwa die Hälfte mache zunächst Ersteren, berichtet Kuntz: „Ich gehe aber davon aus, dass von den 30 Schülern, mehr als 20 noch weiter machen, um nächstes Jahr die Mittlere Reife abzulegen.“ Für jene, die dann noch höher hinaus wollen, sei man bereits dabei, mit dem Technischen Gymnasium in Waiblingen eine Kooperation anzubahnen.

Während Halder Kuntz nickend zuhört, stellt Lorek kritische Fragen. „Wie sieht es mit den Grundschulempfehlungen bei den Fünftklässlern aus?“, will er etwa wissen. 25 Prozent hätten eine für das Gymnasium, 30 Prozent für die Realschule und die übrigen eine für Werkreal- und Hauptschule, antwortet ihm Kuntz: „Klar sind wir vor allem hinter den leistungsstarken Schülern her, um sie in unsere Schule zu bekommen.“ Oder besser gesagt: sie nach der Grundschulzeit zu halten, denn die Korber Gemeinschaftsschule hat nicht nur eine Sekundar- sondern auch eine Primarstufe. Ohne sie funktioniere das Gemeinschaftsschulkonzept nicht, sagt Kuntz.

„Bleiben die Leistungsstarken auch in den nachfolgenden Klassenstufen auf der Schule?“, hakt Lorek nach. „Ja, wir haben eher Anfragen von Gymnasiasten, die zu uns wollen, und das sind nicht unbedingt schlechte Schüler“, sagt der Rektor. Jedoch könne man sie nicht aufnehmen – die Gemeinschaftsschule Korb sei „rappelvoll“.

Die Gesamtelternbeiratsvorsitzende lobt die geleistete pädagogische Arbeit

Regelrecht ins Schwärmen über die Korber Einrichtung gerät die Gesamtelternbeiratsvorsitzende Michaela Branz: „Der große Vorteil für die Kinder ist, dass sie sich entwickeln können, ohne einen Schul– und Freundeswechsel zu erleben.“ Sie sei „mehr als begeistert“ davon, wie die sozialen Kompetenzen der Kinder in der Gemeinschaftschule gefördert würden, und sie mitgenommen würden – „auch wenn sei einmal in der Pubertät durchhängen“. Das bestätigten auch wissenschaftliche Studien, „dass die Starken sich nicht von den Schwachen herunterziehen lassen, sondern diese mitziehen“, argumentiert Willi Halder für die von seiner Partei zusammen mit dem einstigen Koalitionspartner SPD auf den Weg gebrachte neue Schulart. „Die Fachlichkeit ist genauso hoch angesetzt“, bringt sich die Schulamtsdirektorin Heike Schlüter in das Gespräch mit ein.

Siegfried Lorek hört sich die Ausführungen kommentarlos an. Anschließend bekommen die Landtagsabgeordneten Gelegenheit, sich bei Unterrichtsbesuchen in unterschiedlichen Klassenstufen und Fächern selbst einen Eindruck von den verschiedenen Lernformen der Gemeinschaftsschule zu verschaffen – vom kooperativen bis hin zum individuellen Lernen.

Hat Siegfried Lorek der Besuch vom Gemeinschaftsschulkonzept überzeugt? „Wichtig ist, dass die Qualität passt“, antwortet der CDU-Abgeordnete. Und ob dies der Fall sei, das zeige sich nach den ersten Abschlüssen von Gemeinschaftsschülern und an der Akzeptanz, auf welche diese stoßen. Auf jeden Fall halte er aber einen Wettbewerb der Schulen und eine weitere Förderung der Realschulen für wichtig.

Damit widerspricht er der zuvor von der Leiterin des Staatlichen Schulamtes Backnang, Sabine Hagenmüller-Gehring, geäußerten Forderung, dass man Gemeinschafts- und Realschule zusammenführen müsse, „um vom Konkurrenz- hin zu einem Qualitätsdenken zu kommen“ – und zu einem Schulsystem auf zwei Säulen.