Am Donnerstag hat sich Bernie Ecclestone mit den Teamchefs in Valencia zu einer Sitzung über die geplante Kostenreduzierung in der Formel 1 getroffen. Sein privates Problem sei kein Thema gewesen, heißt es. Keiner traut sich, dem Paten des GP-Sports unangenehme Fragen zu stellen. So wie auch kaum einer die Courage aufbringt, öffentlich schlecht über den Chef im Ring zu sprechen. Man steht entweder vor einer Mauer des Schweigens oder bekommt Meinungen hinter vorgehaltener Hand. Im Fahrerlager von Valencia dürfte es ein Thema bleiben. Aber wer etwas sagt, sagt nichts: „Ich bin in dem Fall nicht so drin. Ich weiß nicht, welche Auswirkungen das hat oder was da genau passiert“, erklärt etwa der Rennfahrer Nico Hülkenberg. Er will sich aber noch schlau machen.

 

Doch nicht wenige machen sich Sorgen, dass der Ruf der Formel 1 durch die Vorwürfe Schaden nehmen könnte. Dass Sponsoren abspringen oder es sich eine Weltfirma wie Mercedes noch einmal überlegt, ob man in einem Sport dabei sein will, in dem der Chef möglicherweise auf der Anklagebank sitzt. Mercedes hat zwar alle Weichen gestellt, das nächste „Concorde-Abkommen“ zu unterschreiben, doch der Vollzug steht noch aus. „Das Timing ist denkbar schlecht“, wagt der McLaren-Chef Martin Whitmarsh zu sagen. Das Abkommen regelt die Verteilung der Einnahmen zwischen den Teams, der Formula 1 Group und dem Automobilweltverband Fia.

Ein brutaler Machtkampf

Das laufende Abkommen ist noch bis Ende des Jahres gültig. Regelmäßig kommt es bei den Verhandlungen zu brutalen Kämpfen um Macht und Geld zwischen den Teams, Ecclestone und der Fia. Mehrmals stand die Formel 1 dabei vor der Spaltung, und der „Impresario“ musste Macht abgeben. Schon oft hat man ihn totgesagt. Aber bis heute reitet er den Bullen. Gribkowsky hat im Prozess durchaus Bewunderung ausgedrückt. Die Formel 1 sei ein Schlangennest, und „Bernie“ kenne alle Fallgruben, er spiele alle gegeneinander aus. Ecclestone besitze eine „unglaubliche Fähigkeit, Geld zu generieren“. Und „bei denen, die da im Kreis fahren“, komme nur ein kleinerer Teil davon an. Bei einem ersten Gespräch zu einem möglichen Verkauf der Formel 1 mit Ecclestone im Mai 2005 habe ihm der Brite deutlich gemacht, dass er in der Formel 1 das Sagen habe. „Wenn du mir ins Handwerk pfuscht, werde ich dir zeigen, wie es läuft.“

Nach dem Verkauf der BayernLB-Anteile an CVC 2006 blieb für Ecclestone, wie unter Kirch, alles beim Alten. Nach dem Motto, was kümmert es mich, wer unter mir König ist, ließ sich der Brite von CVC einfach zum Geschäftsführer machen. Und alles lief weiter wie seit 40 Jahren, seit sich der Ex-Rennfahrer die Werbe- und die Filmrechte an der Formel 1 gesichert hat. 2,2 Milliarden Pfund soll er damit verdient haben. Bis heute hält er noch zehn Prozent der Formel-1-Rechte.

Doch wenn die Münchner Richter den Ausführungen von Gerhard Gribkowsky Glauben schenken, könnten ernsthafte juristische Probleme auf den Chef der Formel 1 zukommen. Jetzt liegt der Ball bei der Staatsanwaltschaft in München. Wird sie auch gegen Ecclestone vorgehen? Die Versuchung liegt nah, sich damit zu profilieren. Verfahren mit prominenten Angeklagten in der jüngeren Vergangenheit haben gezeigt, dass auch Juristen scharf auf ein bisschen Publicity sind.

Die Münchner Rechtsvertreter könnten Ecclestone wegen uneidlicher Falschaussage vor Gericht zitieren. Darauf kann in Deutschland eine Gefängnisstrafe stehen. Sollte der Banker wegen Bestechlichkeit verurteilt werden, könnten auf Ecclestone Zivilprozesse zukommen. Der ein oderandere auf der Verkäuferseite mag argumentieren, dass er um Geld geprellt wurde. Ecclestone wird an seiner Version festhalten, es auf Aussage gegen Aussage ankommen lassen und die Frage stellen: Wem glaubt man mehr? Einem offensichtlichen Straftäter, der in 18 Monaten Untersuchungshaft weichgekocht wurde oder einem, der bis jetzt ein unbescholtener Bürger ist? Ecclestones Anwalt Sven Thomas jedenfalls beteuert: „Mein Mandant hat diesem Verfahren von der ersten Minute an zur Verfügung gestanden und wird das selbstverständlich wieder tun.“

Bei Gribkowskys Geständnis jedenfalls sind Zweifel angebracht. Vor sechs Jahren sollte der Manager die Anteile der F1-Group, immerhin 47 Prozent, die der Bank als Pfand für die Pleite des Medienunternehmers Leo Kirch zugefallen war, verkaufen. Der Ex-Vorstand der BayernLB hat eingeräumt, dass Ecclestone für etwas Geld bezahlt habe, das er auch umsonst bekommen hätte. Der 54-Jährige habe, getarnt in einem Beratervertrag, fast fünfmal so viel Geld von Ecclestone erhalten, wie er erwarten durfte. Der österreichische Geschäftsmann Toto Wolff, der sich vor drei Jahren in den Williams-Rennstall eingekauft hat, wundert sich: „So etwas passiert dem Bernie nicht. Der hat noch nie freiwillig für irgendetwas mehr Geld bezahlt als nötig.“

Wozu Korruption?

Nach Gribkowskys Aussage war die Landesbank mehr als glücklich, dass es mit der Privat-Equity-Firma CVC einen Käufer gab, der bereit war, viel Geld auf den Tisch zu legen. Die Rede ist von einer Milliarde Dollar. Der Angeklagte erwähnte auch nichts von einem Konkurrenzangebot. Die BayernLB wiederum stand im Winter 2005/2006 unter Zugzwang, das ungeliebte Kind Formel 1 wieder loszuwerden. Die bayerische Landesregierung musste eine schnellen Rekapitalisierung der schon im Vorfeld kritisierten Kreditvergabe an die Kirch-Gruppe vorweisen. All das war Ecclestone bekannt. Wozu also Bestechung? Damals wurde auch gemunkelt, dass die Rennställe Interesse an dem Anteilen hätten, um Ecclestone zu entmachten. In Formel-1-Kreisen vermutet man, dass die Wahrheit irgendwo in der Mitte zwischen Ecclestones und Gribkowskys Aussagen liegt. Der Banker hatte bei der Geschäftsprüfung von Ecclestones Firmen vermutlich Dinge erfahren, die für den Formel-1-Chef unangenehm hätten werden können.

„Das Timing ist denkbar schlecht“

Am Donnerstag hat sich Bernie Ecclestone mit den Teamchefs in Valencia zu einer Sitzung über die geplante Kostenreduzierung in der Formel 1 getroffen. Sein privates Problem sei kein Thema gewesen, heißt es. Keiner traut sich, dem Paten des GP-Sports unangenehme Fragen zu stellen. So wie auch kaum einer die Courage aufbringt, öffentlich schlecht über den Chef im Ring zu sprechen. Man steht entweder vor einer Mauer des Schweigens oder bekommt Meinungen hinter vorgehaltener Hand. Im Fahrerlager von Valencia dürfte es ein Thema bleiben. Aber wer etwas sagt, sagt nichts: „Ich bin in dem Fall nicht so drin. Ich weiß nicht, welche Auswirkungen das hat oder was da genau passiert“, erklärt etwa der Rennfahrer Nico Hülkenberg. Er will sich aber noch schlau machen.

Doch nicht wenige machen sich Sorgen, dass der Ruf der Formel 1 durch die Vorwürfe Schaden nehmen könnte. Dass Sponsoren abspringen oder es sich eine Weltfirma wie Mercedes noch einmal überlegt, ob man in einem Sport dabei sein will, in dem der Chef möglicherweise auf der Anklagebank sitzt. Mercedes hat zwar alle Weichen gestellt, das nächste „Concorde-Abkommen“ zu unterschreiben, doch der Vollzug steht noch aus. „Das Timing ist denkbar schlecht“, wagt der McLaren-Chef Martin Whitmarsh zu sagen. Das Abkommen regelt die Verteilung der Einnahmen zwischen den Teams, der Formula 1 Group und dem Automobilweltverband Fia.

Ein brutaler Machtkampf

Das laufende Abkommen ist noch bis Ende des Jahres gültig. Regelmäßig kommt es bei den Verhandlungen zu brutalen Kämpfen um Macht und Geld zwischen den Teams, Ecclestone und der Fia. Mehrmals stand die Formel 1 dabei vor der Spaltung, und der „Impresario“ musste Macht abgeben. Schon oft hat man ihn totgesagt. Aber bis heute reitet er den Bullen. Gribkowsky hat im Prozess durchaus Bewunderung ausgedrückt. Die Formel 1 sei ein Schlangennest, und „Bernie“ kenne alle Fallgruben, er spiele alle gegeneinander aus. Ecclestone besitze eine „unglaubliche Fähigkeit, Geld zu generieren“. Und „bei denen, die da im Kreis fahren“, komme nur ein kleinerer Teil davon an. Bei einem ersten Gespräch zu einem möglichen Verkauf der Formel 1 mit Ecclestone im Mai 2005 habe ihm der Brite deutlich gemacht, dass er in der Formel 1 das Sagen habe. „Wenn du mir ins Handwerk pfuscht, werde ich dir zeigen, wie es läuft.“

Nach dem Verkauf der BayernLB-Anteile an CVC 2006 blieb für Ecclestone, wie unter Kirch, alles beim Alten. Nach dem Motto, was kümmert es mich, wer unter mir König ist, ließ sich der Brite von CVC einfach zum Geschäftsführer machen. Und alles lief weiter wie seit 40 Jahren, seit sich der Ex-Rennfahrer die Werbe- und die Filmrechte an der Formel 1 gesichert hat. 2,2 Milliarden Pfund soll er damit verdient haben. Bis heute hält er noch zehn Prozent der Formel-1-Rechte.

Doch sollte es zu einem Prozess gegen Ecclestone kommen, werden sich die anderen Inhaber der kommerziellen Rechte Gedanken machen, ob ihr Chefbroker noch tragbar ist. Im Augenblick gehören 40 Prozent der Formel-1-Holding der Investmentfirma CVC Capitals. Die hatte im vergangenem Monat für insgesamt 2,1 Milliarden Dollar knapp 21 Prozent an den weltgrößten Vermögensverwalter BlackRock, die Norges Bank und Wadell & Reed verkauft. Ein Teamchef, der nicht genannt werden will, fürchtet: „Die neuen Aktionäre werden nicht glücklich darüber sein, dass ihre Investition durch so eine Geschichte beschädigt wird.“

Auf den angekündigten Börsengang der Formula 1 Group wird es keinen Einfluss haben. Der findet vermutlich nie statt. Die neuen Anteilseigner haben kein Interesse daran. Experten glauben, dass der Plan eines Börsengangs nur deshalb von CVC lanciert wurde, um privat zu verkaufen.

Ecclestone selbst denkt nicht daran, sich zurückzuziehen. „Ich habe derzeit nicht die Absicht zu sterben. Und ganz sicher werde ich nicht in Rente gehen, ehe ich meine Pläne für die Formel 1 umgesetzt habe. Für ein paar Jahre bleibe ich noch.“

Ein angeschlagener Ecclestone könnte auch Gegenwind aus den eigenen Reihen spüren. Der Fall stärkt die Rolle des Motorsport Weltverbandes Fia. Dessen Präsident Jean Todt ist eher ein Gegenspieler als ein Mitspieler Ecclestones, wie das auch sein Vorgänger Max Mosley war. Auch unter den zwölf Teams gibt es immer jemand, der glaubt, er sei zu kurz gekommen. Einer der Teamchefs flüstert: „Das Concorde-Abkommen ist noch nicht druckreif. Es könnte Teams geben, die versuchen, Bernies Zwangslage zu ihrem Vorteil zu nutzen.“ Denen, die insgeheim hoffen, die Ära Ecclestone möge zu Ende gehen, antwortet Red-Bull-Teamchef Christian Horner: „Diese Leute würden schnell merken, was sie an Bernie gehabt haben, wenn er plötzlich nicht mehr da wäre.“

Teamchef Frank Williams sieht es gelassener. „Auch andere Diktaturen haben Nachfolger gefunden. Es muss nicht unbedingt Chaos ausbrechen.“ Als möglicher Thronfolger wird der frühere Nestlé-Chef Peter Brabeck-Letmathe genannt, den CVC für den Fall eines Börsengang bereits als Vorstandschef nominiert hatte. Martin Whitmarsh von McLaren zweifelt, ob ein Einzelner in Ecclestones Fußstapfen treten kann: „Für das, was Bernie geleistet hat, braucht man eine Gruppe von Leuten.“