Die Kapazitäten für Schnelltests werden ausgeweitet und gleichzeitig müssen unter anderem die Kosmetik- und Nagelstudios wieder schließen. Die Inhaber fühlen sich „verarscht“.

Stuttgart - Kaum geöffnet, schon wieder zu: Seit Mittwoch sind neben dem Einzelhandel auch die Kosmetik- und Nagelstudios wegen der 7-Tage-Inzidenz über 100 wieder geschlossen, und in Barbershops darf nur frisiert werden aber nicht rasiert. Die Besitzer der Geschäfte sind frustriert.

 

Am Mittwoch kam ein Kunde frohgemut mit negativem Schnelltest in den Gentleman’s Club. Er wollte sich in dem Barbershop in der Tübinger Straße den Bart stutzen lassen. „Es tut uns leid, das dürfen wir nicht mehr,“ erklärte ihm der Mitinhaber Kürsad Dogan. Regelrecht „schockiert“ sei der Kunde gewesen, erzählt er kurz darauf. Die Kunden nähmen es nicht gerade gut auf, dass sie zwar zum Haare schneiden kommen dürfen nicht aber zur Bartbehandlung. Viele hätten sich entschieden, beide Termine so lange zu schieben, bis die Rasur wieder möglich ist. Somit verliere der Salon eine große Einnahmequelle. „Es ist alles traurig geworden“, sagt Dogan, der sich und seinen Mitarbeitern trotzdem verordnet: „Positiv bleiben.“

Nach drei Wochen ist das Nagelstudio wieder zu

Auch für Helena Widmer war es ein kurzes Vergnügen: Gerade mal drei Wochen hatte sie ihr Nagelstudio Fresh Nails im Königsbau geöffnet. Noch dazu ging quasi zeitgleich mit der erneuten Schließung das große Testzentrum auf dem Schlossplatz direkt vor Helena Widmers Nase allmählich in Betrieb. „Jetzt könnten sich alle Kundinnen vorher testen, die das möchten. Aber was nutzt mir das? Ich hab ja wieder zu.“

Helena Widmer spricht von einem „Jo-Jo-Effekt“, der es ihr schwer mache, das Geschäft am Leben zu halten. Sie habe zwar treue Kundinnen, aber dennoch kämen auch etliche nicht mehr wieder. Viele seien ohnehin verunsichert, dann kämen noch die andauernden Terminverschiebungen hinzu. Das mache sich am Umsatz deutlich bemerkbar. „Wir sind noch lange nicht da, wo wir aufgehört haben.“ Am meisten macht ihr die Ungewissheit zu schaffen, wann und wie es weitergeht. „Wir müssen uns ständig neu erfinden.“

Schlaflose Nächte

Die Kosmetikerin Mirka Gönner macht ihrem Ärger Luft: „Das ist eine Idiotie, was hier läuft.“ Sie sieht nicht ein, das Grundschulkinder sich selbst testen dürfen, sie aber nicht mehr ihre Kundinnen, weil ihr Haus der Schönheit an der Sonnenbergstraße wieder geschlossen ist. Der Selbsttest vor der Behandlung war wie berichtet zwingend für die Öffnung der Kosmetikstudios zum 8. März. Mirka Gönner hat sich einen Vorrat an Test-Sets angeschafft, und fühlt sich nun von der Landesregierung „verarscht“. Sie testet sich selbst alle zwei Tage und ist der Meinung, auch ihren Kundinnen das „Staberl“ in die Nase stecken zu können.

Auch Mirka Gönner treiben echte Sorgen um ihre Existenz um. Sie kam als Flüchtling nach Deutschland und hat ihr Geschäft ohne jedes Startkapital gegründet. Eigentlich wollte sie „quietschvergnügt“ ihr 40-jähriges Betriebsjubiläum feiern. Jetzt habe sie stattdessen schlaflose Nächte, erzählt sie. „Ich fühle ich mich so hilflos wie damals, als ich nicht aus der Tschechei rauskonnte.“