Der Rems-Murr-Kreis ist eine von insgesamt vier Pilotregionen beim Projekt „Sicher e-Biken“. Im kommenden Jahr sollen kostenlose Trainings angeboten werden.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Rems-Murr-Kreis - Die eigene Körperbeherrschung ist für Reiner Möller eigentlich kein Problem. Vor seiner Tätigkeit bei der Waiblinger Kriminalpolizei und seinem aktuellen Amt als Leiter des Präsidiums in Aalen ist der 58-Jährige beim Sondereinsatzkommando der Polizei aktiv gewesen. Seine ersten Erfahrungen auf einem Pedelec indes haben ihn durchaus kurz aus dem Gleichgewicht gebracht. „Beim Anfahren bin ich schier hinten runter gefallen, beim Bremsen dann vorne“, sagt Möller.

 

Mehr Souveränität im Straßenverkehr

Nicht nur deshalb unterstützt der oberste Chef der Polizisten in den Landkreisen Rems-Murr, Ostalb und Schwäbisch Hall auch eine Initiative des Waiblinger Landratsamts, das sich erfolgreich als eine von insgesamt vier Regionen für ein Trainingsprojekt beworben hat: Mit „Sicher e-Biken“ soll Nutzern von elektrisch unterstützen Fahrrädern eine größere Souveränität im Straßenverkehr und mehr Sicherheit in kritischen Situationen, aber auch mehr Fahrspaß und entspannteres Radeln ermöglicht werden. Das Verkehrsministerium finanziert den Start des gemeinsamen Projekts von Württembergischem Radsportverband (WRSV) und Allgemeinem Deutschen Fahrrad-Club Baden-Württemberg (ADFC), das nach der Pilotphasen in Tübingen, Böblingen, Konstanz und im Rems-Murr-Kreis landesweit ausgerollt werden soll.

Den Grund für die Initiative könne man schon allein an der Statistik ablesen, sagt Karl-Heinz Nagl, Vizepräsident Breitensport im WRSV. Allein zwischen den Jahren 2017 und 2018 seien die Verkaufszahlen von Pedelecs um 36 Prozent auf eine knappe Million angestiegen. Dementsprechend habe sich auch die Zahl der Unfälle gesteigert. Nagl nennt als jüngsten Wert 5047 Unfälle für das Jahr 2017, 68 davon gingen tödlich aus. Die Gründe seien meist vergleichsweise hohe Geschwindigkeiten verbunden mit der Fehleinschätzung der eigenen Fähigkeiten und eine generell mangelnde Fahrkompetenz gewesen. Zudem sei die Zahl älterer Pedelec-Fahrer überdurchschnittlich hoch, und vielfach würden die Bikes ohne Fachberatung übers Internet bestellt, ausgepackt und gleich auf der Straße ausprobiert, obwohl ihr Einsatz ganz andere Herausforderungen mit sich bringe als ein „normales“ Fahrrad.

Fahrer in der Handhabung ihrer Pedelecs fit machen

Die Projektpartner wollen die Fahrer in der Handhabung ihrer Pedelecs fit machen und in Sicherheitstrainings auf nicht alltägliche Situationen im Straßenverkehr in Theorie und Praxis vorbereiten. Im Rems-Murr-Kreis sollen dazu jetzt 20 sogenannte Masterinstruktoren ausgebildet werden, die im kommenden Jahr dann kostenlose Kurse anbieten.

Polizeipräsident Reiner Möller hat sich seine Fertigkeiten mittlerweile selbst angeeignet und nutzt das Pedelec bisweilen für seinen Arbeitsweg vom Welzheimer Wald bis nach Waiblingen. Potenzial für weitere „Kundschaft“ indes gibt es wohl auch ohne ihn genug.

Verkehrsübungsplatz gesucht

Alle Landkreise drum herum haben mindestens einen – im Rems-Murr-Kreis sucht man einen Verkehrsübungsplatz für junge Fahrradfahrer vergebens. Warum das so ist, kann der Landrat Richard Sigel, der jetzt seit vier Jahren das Amt des Kreischefs inne hat, nicht so recht nachvollziehen. Aber er hat sich vorgenommen, das zu ändern. In seiner Rede zum Etatplan für das kommende Jahr hat er das verkündet und um Unterstützung der Kommunen gebeten.

Drei bis fünf Plätze ist die Wunschvorstellung

Drei bis fünf solcher Plätze, jeweils etwa 60 mal 70 Meter groß und gut verteilt über das Kreisgebiet, sind die Wunschvorstellung der Polizei. Diese übernimmt traditionsgemäß die Schulungen der Nachwuchsradler und würde das aber gerne auf eigens ausgewiesenen Plätzen tun. „Bisher nehmen wir den Fahrradführerschein auf Nebenstraßen ab – das ist eigentlich ein Unding“, sagt Thomas Maile, Referent für Verkehrsprävention beim Polizeipräsidium Aalen. Zumal auch eine Richtlinie von Kultus- und Innenministerium ein Training auf einem eigens dafür eingerichteten Platz fordere.

Man sei in guten Gesprächen sagt, der Landrat, man würde gerne zügiger vorankommen, lässt der Polizeipräsident Reiner Möller durchblicken. Möglichst mit dem Beginn der Saison im Frühjahr sollte zumindest ein Gelände zur Verfügung stehen. Schließlich müsste dieses dann ja auch noch entsprechend hergerichtet werden. Vorgesehen sei, dass der Übungsplatz dann für Jedermann frei zugänglich ist – wenn er nicht gerade für die offizielle Verkehrserziehung genutzt wird.