Matthias Siegle stellt bei den Weltmeisterschaften im kanadischen Calgary zwei Europarekorde auf und verpasst nur knapp einen Medaillenplatz. Insgesamt bringt der Athlet vom SV Fellbach 560 Kilogramm in die Höhe.

Calgary/Fellbach - Matthias Siegle hat am Donnerstag noch ein bisschen länger auf den Beginn seines Wettkampfs warten müssen. Denn bevor die Kraftdreikämpfer bei den Weltmeisterschaften in der Klasse bis 74 Kilogramm an die Gewichte treten konnten, schwitzten einige Helfer – nicht nur aufgrund der hohen Temperaturen im Rally-Pointe-Volleyball-Complex in der kanadischen Olympiastadt Calgary. Sie mussten die Heberbühne – die bereits am Vortag benutzt worden war – mit zusätzlichen Holzplatten verstärken, ehe der Athlet vom SV Fellbach und seine Konkurrenten antreten durften. Kurz nach 19.30 Uhr Ortszeit belegten bei der Siegerehrung dann gleich drei Kraftdreikämpfer die Medaillenränge, die bis dahin gültige Weltrekorde überboten hatten. Ganz knapp dahinter und dennoch Teil jenes Quartetts, das den Sieger der acht Starter unter sich ausmachte, rangierte der amtierende Europameister Matthias Siegle mit 560 Kilogramm auf dem vierten Rang der Gesamtwertung. In den Einzeldisziplinen Kniebeugen und Bankdrücken sicherte er sich zudem Bronze sowie Silber.

 

In Calgary beweisen Kraftdreikämpfer aller Altersklassen ihre Stärke

750 Teilnehmer aus 55 Nationen, darunter auch Veronika Schulze vom SV Fellbach, die an diesem Montag bei den Juniorinnen bis 57 Kilogramm antritt, wollen bei den Welttitelkämpfen im Kniebeugen, Bankdrücken und Kreuzheben möglichst schwere Gewichte stemmen. Es sind erst die sechsten Weltmeisterschaften dieser Art, also im Classic–Kraftdreikampf ohne Spezialbekleidung. „Wir wollen zurück zum Classic”, sagt der Luxemburger Gaston Parage, der Präsident des Weltverbands International Powerlifting Federation (IPF). Dieser Ansatz ist auch eine Reaktion auf andere Verbände und verbandsunabhängige Wettkämpfe sowie den Zulauf, den Classic-Veranstaltungen für jüngere Athleten wie etwa Veronika Schulze haben. Gründe für die Rückkehr zu den Ursprüngen sind einerseits die Kosten für die Ausrüstung und andererseits das extrem beengende Gefühl, das die Spezialkleidung verschafft.

In Calgary beweisen Kraftdreikämpfer aller Altersklassen ihre Stärke. In der Gruppe der 50- bis unter 60-Jährigen und damit in der Klasse von Matthias Siegle, überzeugte zunächst der massiv gebaute Peruaner Jacob Carrasco Gonzales. Gleich zum Auftakt beim Kniebeugen gelang ihm mit 215 Kilogramm ein Weltrekord. Matthias Siegle schob sich hinter dem 52-jährigen Maschinenbauingenieur und dem Japaner Takayuki Ito (210 Kilogramm) mit 202,5 Kilogramm auf Rang drei und erzielte einen Europarekord.

Mit Rang vier war Matthias Siegle dennoch sehr zufrieden

Anschließend brachte der Kirgise Alimbek Rakhimov im Bankdrücken hervorragende 152,5 Kilogramm in die Höhe und verwies Matthias Siegle (130 Kilogramm) auf den Silberrang. Im finalen Kreuzheben ging es für den Mann vom SV Fellbach um die Bronzemedaille. Unterstützt von Bundestrainer Dietmar Wolf wollte der erfahrene Taktiker die drei in Führung liegenden Konkurrenten mit überraschenden Gewichtsänderungen austricksen. Nach einem gut bewältigten Einstiegsversuch von 227,5 Kilogramm erwiesen sich 237,5 Kilogramm und schließlich die für die Bronzemedaille nötigen 240 Kilogramm jedoch als zu schwere Last.

Mit Rang vier war Matthias Siegle dennoch sehr zufrieden, zumal er lediglich 15 Kilogramm unter dem vormaligen Weltrekord von 575 Kilogramm geblieben war und nach dem Erfolg in der Kniebeuge auch im Dreikampf einen Europarekord aufstellte: „Wir haben das Optimale herausgeholt.“ Die ehemalige globale Bestmarke wurde gleich zweimal übertroffen. Sowohl der Sieger Ito Takayuki (582,5 Kilogramm), als auch der zweitplatzierte Alimbek Rakhimov (580 Kilogramm) waren besser. Dahinter schob sich Jacob Carrasco Gonzales mit 570 Kilogramm auf den dritten Rang.

Neben den sportlichen Glanzleistungen zeigte sich jedoch einmal mehr, dass der Kraftdreikampf trotz Zulauf im Classic-Stil nach wie vor eine Randsportart ist. An den ersten Veranstaltungstagen kamen nur wenige Zuschauer in den erhitzten Rally-Pointe-Volleyball-Complex. Aufgrund der Temperaturen durften die Kampfrichter gar auf ihre dunkelblauen Jacketts verzichten – während die kräftigen Heber ebenso wie die Helfer ins Schwitzen kamen.