Das Krankenhauspersonal im Kreis Ludwigsburg legt erneut die Arbeit nieder. Die Klinikenleitung und der Landrat haben dafür kein Verständnis. Gewerkschaftsvertreter sprechen von einer Quittung für den Umgang mit den Pflegekräften.

Digital Desk: Michael Bosch (mbo)

Kreis Ludwigsburg - Der Tarifkampf im öffentlichen Dienst wird auch in Ludwigsburg mit immer härteren Bandagen ausgefochten. An diesem Mittwoch erwartet die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, dass zwischen 150 und 200 Beschäftigte der Regionalen-Kliniken-Holding (RKH) die Arbeit niederlegen – obwohl der Kreis seit der vergangenen Woche als Corona-Risikogebiet gilt und die Infektionszahlen Tag für Tag steigen.

 

„Das ist die Quittung für die fehlende Wertschätzung“, sagt der Gewerkschaftssekretär Marc Kappler, der die Streiks im Kreis Ludwigsburg leitet. Am Dienstag und Mittwoch traten auch Mitarbeiter aus besonders wichtigen Bereichen wie der Corona-Aufnahmestation ihren Dienst nicht an. „Sie haben bei der ersten Welle durchgeackert und vom Bonus trotzdem nichts gesehen“, erläutert Kappler. In einem Schreiben an die Klinikenleitung bekräftigen das 29 Pflegekräfte. „Verantwortungslos ist nicht, wenn wir lange angekündigt an einem Tag dem Krankenhaus nicht zur Verfügung stehen, sondern wenn kein Wert auf langfristig gute Arbeitsbedingungen in der Pflege gelegt wird“, heißt es in dem Schreiben. Die Beschäftigten kritisieren auch, dass der Geschäftsführer der RKH-Kliniken, Jörg Martin, Druck auf die Gewerkschaft ausgeübt hat.

Noch mehr Mitarbeiter hätten gerne gestreikt – durften aber nicht

Martin pries zwar das Streikrecht als „eines der höchsten Güter in unserer freiheitlich, demokratischen Gesellschaft“. Im gleichen Atemzug bemängelte er aber, dass neben der Aufnahmestation auch die einzige Schlaganfallstation im Landkreis und das Labor sowie die Mikrobiologie, wo die Corona-Tests für stationäre Patienten und Beschäftigte ausgewertet werden, bestreikt würden. Unterstützung bekam Martin vom Landrat Dietmar Allgaier, der kein Verständnis für den Arbeitskampf in der derzeitigen Situation hat. „Ich appelliere an die Vernunft und Verantwortung der Gewerkschaft, die Tarifauseinandersetzung nicht auf Kosten der Patienten auszutragen“, sagte Allgaier. Der Appell nützte nichts.

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Laut Marc Kappler können sich die Verantwortlichen glücklich schätzen, dass nicht noch mehr Mitarbeiter fehlen. Verdi habe fünf Stationen, die ebenfalls streiken wollten, abgesagt, um die Notversorgung nicht zu gefährden. Der Gewerkschafter ist der Meinung, dass die Kliniken genug Zeit gehabt hätten, um Personal umzuschichten. Verdi hatte seine Pläne eine Woche vor dem Streik bekannt gemacht. „Trotzdem haben am Montag noch Operationen mit Hautstraffungen stattgefunden“, sagt Kappler, „das geht für mich nicht zusammen.“