Seit gut fünf Jahren leitet Michael Sarkar die Orthopädie und Unfallchirurgie. Der Ärztliche Direktor ist optimistisch, dass die Klinik eine gute Zukunft hat, weil Leistungen und Zahlen stimmen.

Leonberg - Der Neue fängt an einem Sonntag an. Zwar haben Chefärzte sonntags frei, doch Michael Sarkar will ein Zeichen setzen. Ein Signal des Aufbruchs, dass es weiter geht – besser weiter geht. Denn die Zeiten sind unruhig. Lange Zeit war es höchst fraglich, ob die Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie im Krankenhaus Leonberg überhaupt wieder einen eigenen Chef bekommt.

 

Erst nach einem bis dato beispiellosen öffentlichen Protest und heftigen politischen Diskussionen machte der Aufsichtsrat der Kreiskliniken den Weg frei, die seit Monaten vakante Position wieder zu besetzen, nachdem der anerkannte Chefchirurg Peter Münst in den Ruhestand gegangen war.

Das ist jetzt mehr als fünf Jahre her. „Obwohl damals unklar war, wie es weitergeht, habe ich es nicht einen Tag bereut.“ Michael Sarkar sitzt entspannt an einem kleinen Besprechungstisch in seinem Büro direkt hinter der Notaufnahme und erzählt aus der buchstäblichen Praxis: Was macht ein Chefarzt überhaupt? Und vor allem: Was macht ein Ärztlicher Direktor?

Denn das ist Sarkar ebenso. Nachdem er ein Jahr in Leonberg war, hatte er dieses Ehrenamt von Joachim Quendt übernommen. Der Chefarzt der Gefäßchirurgie war stark ausgelastet und hat zudem ein anderes zeitintensives Ehrenamt: Quendt sitzt für die Freien Wähler im Kreistag.

Zwischen Medizin und Poliik

Dass der vergleichsweise noch recht neue Kollege zum Gesicht des Krankenhauses gekürt wurde, hat wohl auch mit seiner publikumswirksamen Art zu tun. Sarkar bewegt sich rhetorisch geschickt im Spannungsfeld zwischen Medizin und Politik. Er ist schon in den ersten Monaten ein gefragter Gastredner.

Doch der Ärztliche Direktor ist viel mehr als nur ein Repräsentant: „Ich bin auch Bindeglied zwischen der Geschäftsführung des Klinikverbundes, den Ärzten, dem Krankenhaus-Direktor und der Pflegedienstleitung“, erklärt der heute 59-Jährige seine Mittlerrolle. Zudem ist der Ärztliche Direktor für die Hygiene im Haus verantwortlich.

Entscheiden und Gestalten: Das sind Aufgaben, die Sarkar wichtig sind. Dem Privatdozent mit universitärer Lehrberechtigung ist die Führungsrolle schon lange vertraut. Vor seinem Wechsel nach Leonberg war er neun Jahre Leiter der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie am Stuttgarter Karl-Olga-Krankenhaus. Er hat in Tübingen Medizin studiert, berufliche Stationen führten ihn über das Städtische Klinikum Karlsruhe und die Uniklinik Ulm, wo er 2004 habilitierte, 2005 an das Karl-Olga-Krankenhaus. Dort hatte er vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2011 zudem die Funktion des Ärztlichen Direktors inne.

„Wir stehen nicht schlecht da“

Wenn mal wieder ein Krankenkassen-Chef oder wie unlängst die Bertelsmann-Stiftung die Existenzberechtigung kleinerer Häuser wortgewaltig in Frage stellt, bleibt Sarkar gelassen: „Unser Haus steht zahlenmäßig nicht schlecht da, wir liegen gut im Wirtschaftsplan. Das liegt daran, dass wir hier gute Leistungsträger haben.“

Der Chefarzt verhehlt nicht, dass in Zeiten eines knallharten Kostendrucks und Mindestmengen bei Operationen nicht alle medizinischen Leistungen erfolgreich sind: „Wir haben mit dem künstlichen Knie aufgehört, weil die Zahlen rückläufig sind.“ Künstliche Hüften werden in Leonberg aber sehr wohl noch eingesetzt. „Auch sonst geht uns die Arbeit nicht aus, gerade in der Unfallchirurgie.“

Dass Leonberg als Krankenhaus-Standort von zentraler Bedeutung ist, macht Michael Sarkar an Zahlen deutlich: 1900 Patienten im Jahr werden hier stationär behandelt. „Allein 10 000 Menschen, seitdem ich hier vor gut fünf Jahren angefangen habe. Außerdem haben wir 17 000 ambulante Patienten jährlich. Das ist schon eine Hausnummer.“ Mit den Notfallpatienten zusammen werden in Leonberg pro Jahr weit mehr als 30 000 Menschen behandelt.

Ein positives Signal

Die Lage der Klinik ist für den Ärztlichen Direktor ein weiterer Pluspunkt: „Wir sind das Krankenhaus für den Altkreis und haben ein Einzugsgebiet von rund 200 000 Menschen“, sagt Sarkar. „Das ist die Hälfte der Einwohner des gesamten Landkreis Böblingen. Deshalb ist eine hochwertige Versorgung mit guter medizinischer Qualität gerechtfertigt.“

Dass das die Geschäftsführung und die politischen Entscheidungsträger ähnlich sehen, ist für Sarkar allein schon wegen der bevorstehenden Sanierung offensichtlich: „Das ist ein extrem positives Signal, gerade nach Innen.“ Wenn das zuständige Sozialministerium die Förderanträge bewilligt, geht der Ärztliche Direktor von einem Baubeginn Anfang des kommenden Jahres aus. Besondere Priorität hat für ihn die zentrale Notaufnahme.

Spielraum ist da

Den viel diskutierten Medizincampus hält Sarkar für einen weiteren wichtigen Baustein, um langfristig den Standort zu sichern: „Das ist keine Konkurrenz, weil unsere niedergelassenen Ärzte gut ausgelastet sind.“ Auf dem Campus aber könnten ambulante Angebote wie Physiotherapie oder Kurzzeitpflege viel besser mit der stationären Medizin verzahnt werden.

Eine zentrale Frage freilich bleibt: Was bedeutet Basisversorgung? Denn genau die soll in Leonberg angeboten werden, wenn in gut fünf Jahren die Großklinik am Böblinger Flugfeld öffnet. Michael Sarkar sieht in der Offenheit dieser Frage auch Vorteile: „Das lässt uns als verantwortliche Ärzte einen gewissen Spielraum.“ Er hat keinen Zweifel daran, dass die Unfallchirurgie mit der Akutversorgung bleiben wird. Und auch die Bauchchirurgie von Chefarzt Wolfgang Steurer „hat Hand und Fuß“.

Wobei für ihn eines klar ist: „Das Krankenhaus ist kein Markt, denn Krankheiten sind da“, sagt der Ärztliche Direktor. „Der Zweck einer medizinischen Versorgung kann nicht im Geldverdienen bestehen.“