Der Verwaltungsrat der fünftgrößten Krankenkasse in Deutschland sondiert per Stellenanzeige den Markt für einen Nachfolger des Vorstandschefs Christopher Hermann.

Stuttgart - Bei der AOK Baden-Württemberg bahnt sich ein Führungswechsel an. Die Nachricht sorgt in der Gesundheitsbranche für Aufsehen: Der Verwaltungsrat der Kasse, die im Land fast fünf Millionen Versicherte betreut und damit eine der bundesweit größten Kassen ist, sondiert den Personalmarkt, um einen Nachfolger für Vorstandschef Christopher Hermann zu finden. Die AOK Baden-Württemberg hat im Land einen Marktanteil von 50 Prozent. In ihren 14 Bezirksdirektionen und der Zentrale in Stuttgart arbeiten 10 000 Beschäftigte.

 

Mit Hermann ginge einer der innovativsten Köpfe im Reich der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Der 63-jährige ist der Pionier der sogenannten Rabattverträge mit Pharma-Unternehmen und hat die hausarztzentrierte Versorgung über Selektivverträge zu einem Markenzeichen des Hauses gemacht.

Bekannt wurden die Pläne über die Jobanzeige eines Headhunters mit Sitz in Stuttgart. Dort heißt es: „Im Zuge einer langfristig angelegten Nachfolge suchen wir für die Landeszentrale Baden-Württemberg mit Sitz in Stuttgart einen sowohl fachlich als auch persönlich hochqualifizierten Vorstandsvorsitzenden.“

Das hört sich ausgesprochen konkret an. Bei der AOK selbst klingt das alles noch unbestimmter. Der Verwaltungsrat habe sich entschlossen, „eine allgemeine Markterkundung durchzuführen“, heißt es in einer Stellungnahme auf Anfrage unserer Zeitung. Es gebe aber „keine Daten und keine Zeitpunkte für ein Ausscheiden von Herrn Dr. Hermann aus der AOK Baden-Württemberg“. Zwar macht die Kasse über Vertragslaufzeiten keine Angaben, in der Branche spricht man aber von noch mindestens zweijährigen Vertragsdauer für den Amtsinhaber.

Jobanzeige eines Headhunters

Hermann hätte also durchaus Zeit, entspannt zu verfolgen, welche Türen ihm offen stünden, falls er tatsächlich eine neue Herausforderung sucht. Diese Flexibilität könnte sich als sehr nützlich herausstellen, falls er ein Auge auf einen Spitzenjob geworfen haben sollte, der demnächst in Berlin verfügbar wird. Die „Deutsche Apotheker-Zeitung“ munkelt über eine baldige Vakanz an der Spitze des GKV-Spitzenverbandes in Berlin. Dort läuft 2019 die Amtszeit des stellvertretenden Vorsitzenden Johann-Magnus von Stackelberg aus. Er betreut dort auch das Themenfeld „Vertragsanalyse“, in dem Hermann der vielleicht sachkundigste Experte ist, der für die Nachfolge zu haben wäre. Da nach den internen Gepflogenheit des Spitzenverbandes die AOK für diese Position üblicherweise ein Vorschlagsrecht hat, könnte vieles auf Hermann zulaufen.

Ein Platz beim GKV-Spitzenverband wird bald frei

Angesichts der Tatsche, dass Hermann sein Amt stets auch mit viel Gespür für die aktuellen politischen Debatten im Gesundheitswesen geführt hat, gewinnt die Spekulation hohe Plausibilität. In seiner Sitzung am 21. März dieses Jahres hat der Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes festgestellt, dass für die Nachfolge Stackelbergs „keine Frist“ bestehe. Beschlossen wurde aber auch, dass „eine Entscheidung bis zum Endes des Jahres 2018“ getroffen werden soll. Das träfe sich mit der „langfristig angelegten Nachfolge“, von der in der Anzeige der Headhunter die Rede ist.