In der Krawallnacht hat sich eine Studentin mitreißen lassen und Beamte wüst beleidigt. Sie bereut die Tat sehr. Wie erklärt sie ihren Ausreißer?

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Vor dem Kino steht ein komplett zerstörtes Polizeiauto. Einsatzkräfte bilden Ketten, um den Zugang zum Schlossplatz zu sperren, aber noch kommt man durch. Auf dem Schlossplatz tobt die Menge, eine aggressive Horde, überwiegend junge Männer, gegen die Polizei. Das ist die Szene, die sich vor Marlene Bast (Name geändert) entfaltet, als sie mit einer Handvoll Freundinnen am Abend des 20. Juni 2020 auf den Schlossplatz tritt. Die Clubs sind zu, die Clique junger Frauen hat sich an der Theo umgesehen. Dort trifft man sich, Autoposer und Kleinwagenfahrer drehen ihre Runden – Ausgehroutinen in Zeiten von Corona. Von dem, was später als Krawallnacht Schlagzeilen machen wird, hatten sie ein paar Meter weiter um die Ecke noch nichts mitbekommen. Erst stehen sie am Rand, schauen sich das Treiben an. „Bei der Treppe haben wir beobachtet, was sich da abspielt in der Menschenmenge“, schildert die Studentin. Oft wurde für das, was geschah, der Begriff „eine Art Bürgerkrieg“ verwendet. „Das trifft es nicht. Das war eher ein Aufstand“, sagt die 20-Jährige. Erst schaut sie nur. Dann passiert etwas, was die junge Frau, behütet aufgewachsen in einer kleinen Stadt im Landkreis Ludwigsburg, davor nicht für möglich gehalten hätte: Sie wird zur Täterin. Der Sog der Ereignisse packt auch sie.