Alles aussteigen heißt es in Göppingen. Eine Studie hat der Idee einer Verlängerung der Stuttgarter S-Bahn in den Kreis ein verheerendes Zeugnis ausgestellt. Doch der Landrat Edgar Wolff will noch nicht aufgeben.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Göppingen - Fast 1100 zusätzliche Fahrgäste am Tag reichen nicht. Das ist das Ergebnis der Nutzen-Kosten-Untersuchung zur Verlängerung der S-Bahn von Plochingen nach Göppingen, die am Donnerstag Abend im Göppinger Landratsamt vorgestellt worden ist. Nach diesen Ergebnissen werde „die Einführung der S-Bahn im Kreis Göppingen schwierig“, urteilte die Direktorin des Verbands Region Stuttgart, Nicola Schelling. Der Landrat Edgar Wolff zeigte sich von dem verheerenden Ergebnis der Studie hingegen wenig beeindruckt. „Es ist wichtig, dass wir jetzt die richtigen Schlüsse ziehen“, sagte er.

 

Keine S-Bahn, kein Wachstum

Für den Landkreis gehe es weiterhin darum, verstetigte und verlässliche Verbindungen im Binnenverkehr und schnelle Anschlüsse nach Stuttgart und Ulm zu erreichen. Sie sollten S-Bahn-Charakter haben „und vielleicht ein S im Namen tragen“, so der Landrat. Peter Saile, der Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Göppingen warnte davor, sich zu schnell von der Idee einer S-Bahn zu verabschieden. Der IHK-Präsident Wolf Martin streute leise Zweifel an dem Gutachten. Er enthalte sich einer Bewertung. Doch dass der Kreis Göppingen innerhalb der Region Stuttgart wirtschaftlich hinterher hinke, hänge nicht zuletzt mit der schwächeren Infrastruktur zusammen. Darauf verwies auch der Heininger Bürgermeister Norbert Aufrecht. Der volkswirtschaftliche Gewinn einer S-Bahn-Anbindung sei von den Gutachtern nicht ausreichend gewürdigt worden, sagte Aufrecht.

Die Kosten-Nutzen-Analyse, die das Institut PTV in Karlsruhe gemeinsam mit dem Ingenieurbüro DB International angestellt hat, spricht indes eine deutliche Sprache. Demnach wird der volkswirtschaftliche Nutzen auf jährlich 2,5 Millionen Euro geschätzt. Allein die Betriebskosten betragen allerdings 3,1 Millionen Euro. Zusammen mit dem Kapitaldienst errechnen die Gutachter ein jährliches Minus von 870 000 Euro. Lässt man die S-Bahn bis Geislingen oder Süßen fahren, fällt die Bilanz trotz stärkerer Fahrgastgewinne noch verheerender aus. Heike Schäuble von der PTV sprach von einem „negativen Nutzen“. Zuschüsse des Landes seien unter diesen Umständen nicht zu bekommen.

Miserable CO2-Bilanz

Schäuble und ihre Kollegen hatten ein sogenanntes Kombimodell untersucht. Dabei wird die Line S 1 stündlich von Plochingen in Richtung Göppingen verlängert. In Kombination mit einer Regionalbahn, die allerdings lediglich im Kreis Göppingen an jedem Bahnhof hält, könnte so ein Halbstundentakt nach Stuttgart entstehen. Das Problem dabei: die S 1 besteht oft aus zwei oder drei aneinander gekoppelten Zügen. Auf der Filstalstrecke entstehen dadurch gewaltige Überkapazitäten, die auch die CO2-Bilanz belasten und den volkswirtschaftlichen Nutzen entscheidend mindern. So wird bei der Stromerzeugung für die zusätzlichen S-Bahnen mehr Treibhausgas ausgestoßen, als beim Autoverkehr voraussichtlich vermieden wird.

Die Lösung, in Plochingen Wagen an- und abzuhängen, hatten der Kreis und die Region als Auftraggeber der Studie zuvor ausgeschlossen. Dies hätte planmäßige Aufenthalte von mindestens sieben Minuten erfordert und die S-Bahn-Fahrt unattraktiv gemacht.