Bisher sitzen im Göppinger Kreistag mehr Frauen als andernorts im Land. Doch die Zahl der Bewerberinnen sinkt.

Göppingen - Die Zukunft des Kreises Göppingen werden wohl auch künftig deutlich mehr Männer als Frauen bestimmen. Dafür werden Bürgermeister, Lehrer und Beamte weiterhin eine Menge zu sagen haben, das Obere Filstal hingegen wird wesentlich weniger entscheiden, als gemeinhin angenommen wird. Um das zu prognostizieren, ist lediglich ein Blick in die Wahlvorschläge für den Kreistag nötig. Dieser offenbart vor allem in einem Bereich Rückschritte: Die Zahl der weiblichen Bewerber ist gesunken. Dabei war der Kreis bisher der Spitzenreiter im Land. Kein Kreistag hatte einen höheren Frauenanteil.

 

Freilich, es heißt ja, unter den Blinden sei der Einäugige König. Für die Spitzenposition reicht dem Göppinger Kreistag eine Frauenquote von 30,3 Prozent, die er zurzeit – noch – innehat. Landesweit liegt die Quote bei 19,1 Prozent, das Schlusslicht, der Nachbarkreis Heidenheim, bringt es gerade mal auf 6,4 Prozent Frauen.

Weniger Frauen auf den Wahlvorschlägen

Dass der Kreis seinen Spitzenplatz halten kann, ist allerdings unwahrscheinlich. Denn das vergleichsweise gute Abschneiden war wohl eher mit Versäumnissen andernorts zu erklären als mit den eigenen Erfolgen. Das scheint auch den Kreispolitikern klar zu sein. Immerhin kündigten sie vor einem Jahr auf eine Umfrage des Kreisfrauenrats hin unisono an, bei den anstehenden Kommunalwahlen möglichst viele Frauen in die Politik bringen zu wollen. Geworden ist nicht viel daraus.

Stattdessen stehen auf den Wahlvorschlägen für den Kreistag sogar weniger Frauen, als zurzeit in dem Gremium vertreten sind: Von den 449 Bewerbern sind nur 28,5 Prozent Frauen. Wie die Verteilung nach der Wahl tatsächlich aussieht, liegt freilich bei den Wählern. Schließlich lässt sich durch Kumulieren und Panaschieren zumindest theoretisch noch einiges in Richtung gleichmäßige Vertretung der Geschlechter rücken.

Die Parteien sind bei dem Thema unterschiedlich engagiert

Die Wahllisten zeigen, dass die Parteien das Thema unterschiedlich engagiert verfolgen und dass das Interesse der Frauen an den Parteien sehr ungleich verteilt ist: So kommt die SPD auf einen stolzen Frauenanteil unter ihren 85 Kandidaten von 43,5 Prozent, und die Grünen können immerhin 37,1 Prozent Frauen bei 70 Bewerbern vorweisen. Bei der CDU (82 Bewerber) sind es hingegen nur 22 Prozent, bei der FDP (77 Bewerber) beteiligen sich nur 16,9 Prozent Frauen, und bei der AfD sind es sogar nur 8,9 Prozent, nämlich vier Frauen unter 45 Bewerbern.

Die Freien Wähler haben in den vergangenen vier Jahren aus weiblicher Sicht offenbar das eine oder andere richtig gemacht. Sie konnten ihren Kandidatinnenanteil von 25,9 Prozent im Jahr 2014 auf 33,8 Prozent steigern. Die Linke hingegen hat statt der 41,7 Prozent Frauen, die vor vier Jahren noch im Wahlkampf für sie antraten, diesmal nur noch fünf Frauen unter ihren insgesamt 16 Kreistags-Bewerbern (31,3 Prozent).

Kreispolitik hielt zuletzt viele Bürger in Atem

Die Kreispolitik hat in den vergangenen zwei Jahren viele Bürger in Atem gehalten: Erbittert wurde da zum Teil debattiert, etwa über die Zukunft des Müllheizkraftwerks, den Beitritt in den Verkehrsverbund Stuttgart oder den Neubau der Klinik am Eichert. An so mancher Abstimmungsniederlage kauen die Unterlegenen bis heute, etwa an der Erhöhung der Müllmengen, die im Kraftwerk verbrannt werden dürfen.

Immer wieder war in diesem Zusammenhang in den vergangenen Monaten die Rede davon, dass die eine Hälfte des Landkreises der anderen quasi ihren Willen aufgezwungen habe, nämlich das Obere dem Unteren Filstal. Ein Blick auf die Sitzverteilung im Kreistag verweist das ins Reich der Legenden. Denn von den insgesamt 58 Sitzen entfallen nur 20 auf das Obere Filstal. Ohne Stimmen aus dem Unteren Filstal kam im Kreistag also bisher keine Mehrheit zustande, und das wird, selbst wenn es Überhangmandate geben sollte, auch in Zukunft so bleiben.