Ein Kandidat der Partei verwendet für seinen Wahlkampf einen Spruch, der identisch ist mit dem Slogan der Werbekampagne eines Versicherungskonzern. Abgekupfert zu haben, streitet er dennoch vehement ab.

Kreis Göppingen - Der Spruch klingt gut: zupackend und zuversichtlich, kraftvoll und optimistisch, und auch eine Prise Lebensweisheit und Humor schwingt mit: „Du hast nicht alles in der Hand, aber deine Zukunft“. Mit diesem Slogan sind in Ebersbach und Uhingen zahlreiche Wahlplakate des AfD Schatzmeisters und Gemeinderats- und Kreistagskandidaten Fabien Kranzeder überschrieben. Ein starker Slogan. Doch wie es aussieht nicht Kranzeders eigener. Er hat es offenbar mit dem Urheberrecht nicht genau genommen – was bei der AfD im Kreis Göppingen wohl vorkommen kann.

 

Beim größten Schweizer Lebensversicherungskonzern Swiss Life war man recht erstaunt, als man erfuhr, dass sich der Slogan, mit dem das Unternehmen vor einiger Zeit seine Deutschlandkampagne gestartet hat, seit einigen Wochen auf Wahlplakaten und Facebook-Seiten der AfD im Kreis Göppingen wiederfindet. Das Unternehmen stehe „für eine weltoffene Gesellschaft, Demokratie und Meinungsfreiheit“, sagt eine Sprecherin von Swiss Life auf Nachfrage unserer Zeitung. Mit der AfD wolle man nicht in einen Topf geworfen werden. Ohnehin sei die Benutzung von Marken- und Unternehmensinhalten für parteipolitische Aktivitäten ganz allgemein untersagt.

Kranzeder ist bei dem Unternehmen kein Unbekannter

Die Firma habe Kranzeder deshalb „umgehend schriftlich und mündlich kontaktiert“ und aufgefordert, die Plakate zu entfernen, erklärt die Firmensprecherin weiter. Online sei das bereits geschehen. „Wir gehen davon aus, dass auch die Stellwände so schnell wie möglich abgebaut werden, und halten uns weitere rechtliche Schritte offen.“

Fabien Kranzeder ist bei Swiss Life kein Unbekannter. Dem Versicherungskonzern liegt eine Bewerbung von ihm vor. Das Unternehmen hat ihm allerdings eine Absage geschickt – verbunden mit der Aufforderung, sich nicht weiter als Mitarbeiter von Swiss Life zu bezeichnen. Denn auf einem Profil Kranzeders auf der Berufsplattform Xing wird als Beruf Finanzberater und als Arbeitgeber Swiss Life Deutschland angegeben. Auch auf seiner FacebookSeite soll er sich vorübergehend als Mitarbeiter des Unternehmens bezeichnet haben. Der Eintrag ist inzwischen allerdings gelöscht.

In der AfD gibt man sich überrascht

Fabien Kranzeder streitet ab, jemals Kontakt mit dem Unternehmen gehabt zu haben, geschweige denn, dessen Slogan benutzt zu haben. „Das muss eine Falschmeldung sein“, sagt er. „Ich habe mit keiner Schweizer Firma jemals zu tun gehabt.“ Den Slogan auf den Wahlplakaten habe er selbst verfasst, behauptet der AfD-Politiker. „Ich habe ihn mir selbst ausgedacht.“ Von einer Bewerbung als Finanzberater bei Swiss Life sei ihm erst recht nichts bekannt. Bei dem Eintrag auf Xing müsse es sich um eine Fälschung handeln, er habe dort gar keinen Account, und auf seiner Facebook-Seite habe er nie behauptet, für den Schweizer Konzern zu arbeiten, fährt er fort.

In den Reihen der Partei gibt man sich von dem Vorfall überrascht. Er wisse nichts von einer Urheberrechtsverletzung, sagt etwa der stellvertretende Kreisvorsitzende Sandro Scheer. Er habe gedacht, der Spruch stamme von Kranzeder.

Deutsche Presse Agentur prüft Urheberrechtsverletzungen

Der Fall wirft auch die Frage auf, wie ernst die AfD Urheberrechte generell nimmt. Denn auf den Internetseiten des Kreisverbands finden sich zahlreiche Beiträge, die beispielsweise mit Bildern der Deutschen Presse Agentur (dpa) illustriert sind. Auch Bildmontagen wurden mit Bildern der Nachrichtenagentur produziert und veröffentlicht. Auf Nachfrage konnten weder Sandro Scheer, noch andere AfD-Kandidaten, die sich im Kreis für politische Ämter bewerben, beantworten, ob die Bilder, die sie zum Teil selbst gepostet haben, auch bezahlt wurden. Er wolle sich nicht dazu äußern, sagte etwa der Kandidat für den Göppinger Gemeinderat, Michael Weller.

Die Rechtsabteilung von dpa prüft zurzeit, ob Urheberrechtsverletzungen vorliegen, ist aber noch nicht zu einem Ergebnis gekommen. In der Vergangenheit sei es immer wieder passiert, dass dpa-Inhalte von der AfD unerlaubt genutzt worden seien, berichten Mitarbeiter.