An mindestens sechs Schulen im Kreis gibt es mit dem Coronavirus infizierte Schüler oder Lehrer. Wie schätzen die Rektoren und die Verantwortlichen im Gesundheitsamt die Lage ein?

Kreis Ludwigsburg - Die Corona-Zahlen im Kreis Ludwigsburg steigen. Das Landratsamt führt das auch auf immer mehr positiv getestete Schüler zurück. Die Folge: Klassen müssen geschlossen werden. Bislang fangen die Schulen das größtenteils mit Fernunterricht auf. Das Horrorszenario vieler Eltern, dass die Schulen kurz nach dem Schuljahresanfang wieder geschlossen werden müssen, ist noch nicht eingetreten. Aber für die Lehrer und das Gesundheitsamt ist die Situation schon jetzt belastend. Sie müssen rasch reagieren, wenn Schüler, deren Familienangehörige oder Mannschaftskameraden aus dem Sportverein an Covid-19 erkrankt sind. Denn auch dann gelten die Schüler meistens als Kontaktperson der Gruppe 1 und müssen isoliert werden.

 

Am Samstag erreichte die Meldung von drei positiv getesteten Schülern die Ellental-Gymnasien in Bietigheim-Bissingen. Deshalb befinden sich gleich drei Klassen und zwei Lerngruppen sowie 20 Prozent der Lehrer in Quarantäne. Die Schüler bekommen nun Fernunterricht.

„Wir bekommen stündlich neue Meldungen von infizierten Schülern. In der Folge werden nach Beratung mit den Schulleitungen Klassen geschlossen“, sagt Thomas Schönauer, Leiter des Ludwigsburger Gesundheitsamtes. Aber auch einzelne Schüler vom Unterricht auszuschließen oder ganze Schulen dicht zu machen, ist möglich. Die Kontaktpersonen nachzuvollziehen sei eine Herkulesaufgabe, im Gesundheitsamt wird deshalb an sieben Tagen in der Woche gearbeitet. So hätten sich beispielsweise bei einer großen Hochzeit im Kreis mehrere Menschen mit dem Coronavirus angesteckt, so Schönauer. Das Virus sei dann auch in die Schulen getragen worden.

In Ludwigsburg ist die Situation noch entspannt

Die Leiterin der Ellental-Gymnasien, Nicole Stockmann weiß um die große Verunsicherung vieler Eltern – vor allem wenn Mitschüler ihrer Sprösslinge infiziert sind. „Wir und auch das Gesundheitsamt empfehlen den Eltern dann, ihre Kinder – also Kontaktpersonen ersten Grades – testen zu lassen“, sagt Stockmann. Und auch die Erziehungsberechtigten selbst und Geschwister sollten in diesem Fall zu Hause bleiben und möglichst schnell einen Test machen.

An den Ludwigsburger Gymnasien ist „die Situation noch relativ entspannt“, sagt der geschäftsführende Schulleiter Mathias Hilbert. An seiner Schule, dem Otto-Hahn-Gymnasium, sind alle Schüler und Lehrer an Bord. Auch von anderen Gymnasien weiß er nichts Gegenteiliges. „Die Eltern sind sehr verantwortungsvoll“, lobt Hilbert. Wenn es Fälle außerhalb der Schule – zum Beispiel in Sportvereinen – gab, hätten das die Erziehungsberechtigten meist sofort gemeldet. „Wenn, dann befinden sich einzelne Schüler in Quarantäne, weil sie sich außerhalb der Schule angesteckt haben“, sagt Hilberts Stellvertreter Bernhard Bleil. Er war vor Schuljahresbeginn davon ausgegangen, dass es deutlich mehr Schüler mit Covid-19 in der Barockstadt geben würde.

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Laut dem Landratsamt sind in Ludwigsburg seit Wochenbeginn zwei Klassen einer Berufsschule geschlossen. Am Dienstag wurde zudem ein Lehrer einer weiteren Schule positiv getestet. Genauere Informationen gab die Pressestelle nicht preis. Man wolle Stigmatisierung verhindern, so Sprecher Andreas Fritz. „Diejenigen, die es betrifft, die wissen es ohnehin.“ Auch Hubert Haaga, Leiter des Staatlichen Schulamts in Ludwigsburg und verantwortlich für die Grund-, Werkreal-, Real- und Gemeinschaftsschulen sowie für sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentren im Kreis, hält sich mit Details zurück. In den ersten zwei Schulwochen habe sich gezeigt, dass die Absprachen von Schulen und Gesundheitsamt gut funktionieren, so Haaga. Gibt es an einer Schule einen Verdachtsfall, wird er an das Amt gemeldet. Gemeinsam wird dann über das weitere Vorgehen beraten. Haaga ist froh, dass bislang keine Schule komplett dichtgemacht werden musste. In seinem Beritt sind vier Klassen einer Hemminger Grundschule, eine Klasse der Gemeinschaftsschule in Sachsenheim und vier Klassen der Erich-Kästner-Realschule in Steinheim geschlossen worden.

Kein Test für Erzieherin

Am Sachsenheimer Lichtenstern-Gymnasium gibt es zwar Schüler, die wegen entsprechender Kontakte in Quarantäne sind, aber „bisher keine Infektionen“, wie der Schulleiter Helmut Dinkel mitteilt. Diese Schüler haben „ganz normal nach Stundenplan“ Fernunterricht. Außerdem listet das Landratsamt Fälle an einer Schule und Klasse in Markgröningen und einen komplett geschlossenen Kindergarten in Vaihingen/Enz.

Nicht ganz so schlimm hat es die Einrichtung „Auf dem Kies“ in Sersheim getroffen. Hier können zwei Gruppen derzeit nicht betreut werden. Aber auch deren Schließung wäre wohl nicht unbedingt nötig gewesen. Wie Bürgermeister Jürgen Scholz berichtet, hatte eine Erzieherin, deren Sohn positiv auf Corona getestet worden war, einen Eilberechtigungsschein für einen Test vom Landratsamt erhalten. „Sie wurde aber von der Teststelle am Krankenhaus Ludwigsburg sowie den Teststellen im Stuttgarter Hauptbahnhof und am Stuttgarter Flughafen abgewiesen – trotz Schein“, sagt Scholz.

Und selbst ein negatives Testergebnis hätte nicht gereicht, um die Quarantäne zu umgehen. Denn „ein negatives Testergebnis verhindert keine Isolation für eine Kontaktperson ersten Grades“, so Thomas Schönauer. Ein Test allein sei nicht aussagekräftig. Die Reduzierung der Quarantänezeit gilt nur für Reiserückkehrer mit negativem Testergebnis. Umso unerklärlicher sei es, dass die Erzieherin an den Teststellen abgewiesen worden sei.