Immer mehr Kommunen sagen dem Plastik den Kampf an. Während Gerlingen noch am Anfang steht, ist Ludwigsburg schon einen Schritt weiter. Alternativen zu Plastik gibt es einige.

Gerlingen/Ludwigsburg - Immer mehr Kommunen sagen dem Plastik den Kampf an. Während Gerlingen noch am Anfang steht, ist Ludwigsburg schon einen Schritt weiter. Dort wurden am Samstag beim Aktionstag „Ein Weg zum Mehrweg“ konkrete Alternativen vorgestellt. In Gerlingen wird bald bei einem Runden Tisch über das Thema gesprochen – und der Name der Veranstaltung lässt ambitionierte Ziel erahnen.

 

Die plastikfreie Stadt?

Keine Tüten und auch keine Kaffee-Pappbecher mehr: „Plastikfreies Gerlingen“ lautet das Motto des Runden Tisches am 25. September in der Strohgäu-Kommune. Eingeladen sind unter anderem Vertreter des Einzelhandels, die das Thema betrifft. Zunächst wolle man abfragen, was jeder bereits tue, sagt die Vorsitzende des Stadtmarketingvereins Mein Gerlingen, Heike Bischoff.

Auf dem Stuttgarter Wochenmarkt sollen bis Jahresende weitgehend alle 206 Beschicker ihre Reste an Plastiktüten aufgebraucht haben – und den Kunden dann Alternativen anbieten. Auch in Waiblingen und Esslingen sollen die Plastiktüten so bald wie möglich von den Wochenmärkten verschwinden.

Weg von der Wegwerfgesellschaft

Elmar Kunz und seine Helfer verteilen am Samstag auf dem Ludwigsburger Wochenmarkt eifrig grüne Einkaufstaschen aus Kunststoff. „Die Resonanz auf den Aktionstag ist riesig“, sagt der stellvertretende Geschäftsführer der städtischen Eventgesellschaft, die den Markt mit den rund 80 Beschickern organisiert. Kunz deutet auf die grünen Taschen. „Über das Mehrweg-Plastik stolpern viele zunächst, doch man muss es nicht verteufeln.“ Es sei waschmaschinenfest und robuster als die dünnen Plastiktüten, die meist schnell im Müll landen. Man könne es daher immer wieder verwenden. „Plastik wurde erst zum großen Problem, als wir zu einer Wegwerfgesellschaft wurden“, sagt Kunz. Es komme also darauf an, eine Verpackung so oft wie möglich zu benutzen.

Von den Kunden kommt Druck

Die kritischen Nachfragen der Marktbesucher stören Elmar Kunz nicht, im Gegenteil: „Gespräche sind wichtig.“ Vor allem mit den Händlern, denn die sollen von Mitte nächsten Jahres an auf die dünnen Einwegplastiktüten für Obst und Gemüse verzichten. „Wir spüren immer mehr Verständnis – auch weil Druck von den Kunden kommt. Sie sind die Treiber.“

Für sensible Waren wie Antipasti, Fleisch und Käse denke man jetzt „den nächsten Schritt“, sagt Kunz. Statt der Plastikbecher sei zum Beispiel ein Recup-System möglich: Die Kunden bekommen ihre Ware dann in Pfandbehältern. „Viele Beschicker stehen für Pilotprojekte zur Verfügung, das macht uns Mut.“

Welche Alternativen gibt es?

An mehreren Infoständen wird in Ludwigsburg über Alternativen für Plastikverpackungen diskutiert. Viele findet man im eigenen Haushalt, etwa Stofftaschen und Marmeladengläser. „Selbst aus einem T-Shirt kann man sich eine Tasche nähen“, sagt Hergen Blase, der den Unverpackt-Laden Ohne Plapla in Ludwigsburg führt. Händler dürfen Ware unverpackt über die Theke reichen, wenn sie dabei penibel auf Hygiene achten. „Wenn einer sagt, das gehe nicht, ist das eine Ausrede“, erklärt Hergen Blase einer Frau aus Korntal-Münchingen. Sie ärgert sich darüber, dass ihre Behälter oft abgelehnt würden, selbst auf dem Wochenmarkt passiere das.

Bio-Kunststoffe für feuchte Lebensmittel

Der Murrer Verpackungsspezialist Layer profitiert davon, dass immer mehr Kommunen Plastiktüten verbannen. Die Nachfrage nach Alternativen sei vor allem dieses Jahr gestiegen, sagt die Inhaberin Andrea Layer. Der Großhändler vertreibt Papiertüten, die mehrere Kilo tragen können, sowie Taschen und Verpackungen aus Zuckerrohr oder Maisstärke. Bio-Kunststoffe auf Basis nachwachsender Rohstoffe eigneten sich auch für feuchte Lebensmittel wie Oliven und Schafskäse, sagt Andrea Layer.

Am Stand nebenan weist die Abfallverwertungsgesellschaft des Kreises darauf hin, dass auch kompostierbare oder abbaubare Plastiktüten nichts in der Biotonne verloren haben. „Sie zersetzen sich zu langsam für unsere Anlagen“, sagt die Chefin für Öffentlichkeitsarbeit, Sandra Riedel. Das wüssten viele Verbraucher nicht. Papiertüten seien erlaubt.

Was sagen die Händler?

Viele Beschicker sind aufgeschlossen, einige skeptisch. „Viele Kunden bringen Taschen, Netze oder schon mehrfach benutzte Tüten mit“, sagt Inge Kauffmann aus Remseck, die Gemüse aus eigenem Anbau verkauft. Mit Papiertüten könne sie sich arrangieren. Jedoch hat sie Bedenken, dass die langen harten Bohnen oder schweren Kartoffeln das Papier reißen lassen. Wie Kauffmann will auch die Fischverkäuferin Evelin Bauer aus Rudersberg bis 2020 ihren Bestand an Plastiktüten verbraucht haben. „Ich frage die Kunden allerdings immer, ob sie eine Tasche dabei haben, was oft der Fall ist“, sagt sie. Andere wiederum wollten die Ware dreifach verpackt haben. Um feuchten Fisch so zu verpacken, dass nichts durchweicht, sei aber Plastik das Mittel der Wahl.

Beim Metzger bringen nur manche Kunden eigenen Behälter mit

Bei einem etwas skeptischen Fleischermeister, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will, können Kunden eigene Behälter mitbringen. „Das machen aber nur manche.“ Plastiktüten gibt es bei ihm schon länger nicht mehr, marinierte oder soßige Ware wie Fleischsalat könne er aber nicht einfach in Papier wickeln. „Wir müssen schauen, dass wir das Fleisch absolut hygienisch verpacken.“

„Fehl am Platz“ findet Andreas Holzwarth das Plastikverbot. „Man muss dort ansetzen, wo das Problem groß ist – wie in Supermärkten. Nicht hier, wo nur das Nötigste in Plastik ist“, sagt der Ludwigsburger, an dessen Stand es Eier, Mehl, Nudeln und Geflügel gibt. Über ihm hängen Papiertüten und Stofftaschen.