Die Anstrengungen vieler Firmen und Privatleute halten sich in Grenzen, weil es keine Verpflichtungen gibt. Daniela Laßmann und Inge Günsel unterstützen dennoch, wo es geht. Auch wenn die Arbeit manchmal frustrierend ist.

Digital Desk: Michael Bosch (mbo)

Ludwigsburg - Inge Günsel und Daniela Laßmann schauen sich an und grinsen. Als hätten sie gewusst, dass die Frage nach der Motivation im Job kommt. „Ja, es ist teilweise schon mühsam“, sagt Laßmann dann. Das Tandem ist seit Kurzem für den Klimaschutz im Kreis Ludwigsburg zuständig. Dass sie das Thema auf solch vergleichsweise niedriger Ebene voranbringen sollen, macht die Aufgabe nicht leichter – auch nicht weniger anspruchsvoll. Teilweise sei es frustrierend zu wissen, dass auf der großen politischen Bühne so wenig vorangehe, sagt Günsel. „Auch beim Klimaschutz vor Ort kommt man sich manchmal vor wie ein Tropfen im Ozean“, sagt die gebürtige Bietigheimerin.

 

Bis 2050 will der Kreis klimaneutral sein

Warum braucht der Landkreis dann überhaupt eigene Klimaschutzbeauftragte? Einerseits könnten globale Klimaziele nur erreicht werden, wenn sie in kleineren Einheiten umgesetzt werden, argumentiert Laßmann.

Es gibt aber auch eine weniger abstrakte Erklärung: Der Kreis will bis 2050 klimaneutral sein. Dazu hat er Stellschrauben identifiziert – von der potenziellen Nutzung erneuerbarer Energien über Mobilitätslösungen bis zur klimafreundlichen Verwaltung. Günsel und Laßmann sollen helfen, die hoch gesteckten Ziele zu erreichen. Sie informieren, motivieren und unterstützen Kommunen, Unternehmen und Privatleute. Zwar sind private Haushalte nur für rund 15 Prozent der CO2-Emissionen in Deutschland verantwortlich, Laßmann und Günsel sehen sie aber genauso in der Verantwortung.

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Jede Einsparung habe mit alltäglichen Entscheidungen zu tun: Fahre ich mit dem Auto oder mit dem Rad zur Arbeit? Kaufe ich mir einen Kaffee im To-go-Becher, oder bringe ich meinen eigenen Mehrwegbecher mit? Auch das wirke sich aus, sagt Günsel. Aber zwingen könne man dazu natürlich niemanden. Schon gar nicht die Kommunen. Sie „sind natürlich autonom“, sagt Laßmann, „und viele wollen, dass das so bleibt.“ Vielerorts würden deshalb aber zu wenige oder gar keine Mittel für den Klimaschutz bereitgestellt, in den meisten Kommunen bei Entscheidungen immer noch nur auf das Geld geschaut.

Der Fuhrpark der Kreisverwaltung besteht zur Hälfte aus E-Autos

„Es ist eben keine Pflichtaufgabe“, sagt Günsel. In vielen Gemeinden fehle es auch an Wissen beispielsweise über Förderprogramme, die für umweltschonende Maßnahmen angezapft werden können, sagt die 31-Jährige. Auch im eigenen Haus, dem Landratsamt, haben die beiden nicht nur Freunde. „Man eckt schon mal an“, sagt Laßmann. Wenn es darum gehe, Entscheidungen auf ihre Klimaverträglichkeit zu prüfen, komme von anderen Mitarbeitern aus der Verwaltung oft schnell die Frage: „Was habe ich eigentlich damit zu tun?“ Bei allen Klagen – Laßmann und Günsel sehen Fortschritte: Der Landkreis hat in den vergangenen Jahren den CO2-Ausstoß seiner Immobilien um zwei Drittel reduziert, der Fuhrpark der Kreisverwaltung besteht zur Hälfte aus E-Autos.

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Personell sei die Stadt Ludwigsburg im Vergleich zu den restlichen Kommunen sehr gut ausgestattet. Neben Korntal-Münchingen hat die Barockstadt als einzige einen Angestellten, der sich um das Thema Klimaschutz kümmert. Steinheim, Freiberg am Neckar und Ditzingen haben Geld für einen sogenannten Klimaschutzmanager beantragt. Ein guter Ansatz, der aber nicht immer besonders lange verfolgt wird. Laßmann und Günsel haben es schon des Öfteren erlebt, dass die Stellen wieder eingestampft werden, sobald die Förderung ausläuft. Dabei hänge der Klimaschutz meist von einzelnen Personen ab – nicht nur im öffentlichen Sektor.

Verbesserung heißt nicht automatisch Verzicht

Kleine und mittlere Unternehmen könnten einfach CO2 einsparen. Zum Beispiel mit einem größeren Müllcontainer. So seien bei einem Unternehmen im Kreis viele unnötige Lastwagenfahrten weggefallen. Eins gelte für alle – Kommunen, Firmen und Privatleute – gleichermaßen: „Wenn man Menschen vermitteln kann, dass eine Verbesserung nicht automatisch Verzicht heißen muss, dann ist schon viel gewonnen“, sagt Daniela Laßmann. Das will sie gemeinsam mit Inge Günsel weiter versuchen. Auch wenn es manchmal ziemlich anstrengend ist.