Der Autor Philipp Sauer stellt in seinem neuen Tourenführer Wege im Land vor, die durchaus alpinen Charakter besitzen. Einige davon befinden sich in der Region.

Kreise Esslingen und Reutlingen - Wer glaubt, er könne bei Wanderungen in den Mittelgebirgen Baden-Württembergs ausnahmslos mit den Händen in den Hosentaschen durch Wald und Flur schlendern, kennt das neue Buch von Philipp Sauer noch nicht. In diesem stellt er „Alpine Pfade in Baden-Württemberg“ vor. Bei seinen Wanderungen sei er beim Schloss Lichtenstein (Kreis Reutlingen) auf drei Schilder gestoßen, die auf Steinschlag- und Absturzgefahr hinwiesen.

 

Auf Nachfrage bei der Bergwacht, sei ihm mitgeteilt worden, die Schilder würden aufgestellt, „weil es dort zuvor Abstürze gab“. Alpine Verhältnisse gäbe es demnach nicht nur in den Alpen, wie landläufig angenommen. Daraufhin habe er sich auf der Schwäbischen Alb und im Schwarzwald auf die Suche nach alpinen Pfaden gemacht und sei fündig geworden.

Einige davon seien Zustiegswege zu Kletterfelsen, andere schmale Pfade entlang von Bergflanken. Mitunter seien sie mit Drahtseilen gesichert oder durch Leitern begehbar gemacht. Und fast alle habe er nur in altem Kartenmaterial gefunden, sagt Philipp Sauer. Markiert sei die Mehrzahl dieser vergessenen Pfade nicht, sie seien aber auch „nicht explizit gesperrt“. Wenn Kletterer unterwegs seien, empfehle es sich allerdings, die Pfade aufgrund des dann großen Gedränges zu meiden.

Bis auf die Tour durch die Lange Steige in Lenningen-Gutenberg stammen alle auf dieser Seite beschriebenen Touren aus dem neuen Wanderführer des in Plochingen geborenen Philipp Sauer. Um die ausgefallenen Wege für abenteuerlustige Wandergesellen in der freien Natur zu finden, empfiehlt es sich, vorab Sauers Beschreibungen zu studieren. Zudem gibt er Informationen zu Schwierigkeitsgraden, Ausrüstung, Kartenmaterial, zur jeweiligen An- und Abfahrt sowie zu Einkehrmöglichkeiten.

Kohlberg: Karg und steinig auf den Gipfel des Jusi

Diese Tour mit einer Länge von neun Kilometern führt auf den Bergrücken des Jusi und startet direkt hinter Kohlberg am Wanderparkplatz Raupental. Der Autor Philipp Sauer schreibt, man wähne sich durch das karge, steinige Ambiente „in den Alpen, wenn man den schmalen, knapp zwei Kilometer langen Pfad zum Gipfel hinaufkeucht“. Dort sollte man die schöne Aussicht in drei Himmelsrichtungen genießen, ehe der Weg weiter zum Sattelbogen führt.

Man kommt nach diesem an die Kante des ehemaligen Steinbruchs beim Hörnle, heute ein Naturschutzgebiet. An dessen Ende führt ein Steilabstich ohne Wegmarkierung zum Steinbruch/Talries hinab. Hier bieten sich zwei Alternativen für den Weiterweg. Die mutigen Wanderer folgen direkt am Begrenzungszaun dem steilen, abwärts führenden Trampelpfad, der in den offiziellen Karten nicht eingezeichnet ist und Orientierungssinn, Trittsicherheit und Schwindelfreiheit erfordert. Bequemer ist es, dem Wegweiser in Richtung Neuffen zu folgen. Danach geht es wieder über den Sattelbogen und von dort bergab an den Ortsrand von Dettingen/Erms, wo der Pfad auf den Klausenberg zuführt. Dem schmalen Wiesenpfad und dem Wegzeichen „gelochter gelber Kreis“ folgend geht es durch duftenden Kiefernwald und schließlich in Serpentinen zum Jusi hinauf und von dort zurück zum Parkplatz.

Lenningen-Gutenberg: Immer an der Wand lang

Steile, schmale Pfade und Leitern charakterisieren diesen elf Kilometer langen Weg an den Kletterfelsen der Schopflocher Alb. Deshalb empfiehlt Philipp Sauer diese Wanderung nur, wenn keine Kletterer unterwegs sind, die man beim Sichern stören würde. Los geht es an der Bushaltestelle Post am Alten Pfarrhaus in Gutenberg. Von dort geht es bergauf und über die Zugangswege zum Reiter-, Mädles- und Spitzfels bis zum Lenniger Ortsteil Schopfloch. Am Wanderparkplatz „Kreisler“ beginnt der Charly-Lorch-Weg, von dem aus man gegenüber die Hütte der Bergwacht Stuttgart sieht. An einem schwindelerregenden Aussichtsfelsen beginnt der laut Philipp Sauer „längste Eisenweg der Alb“, der über drei Treppen beziehungsweise Leitern steil zur linken Kesselwand hinabführt.

Der Weg führt weiter zu den Aussichtspunkten oberhalb der rechten Kesselwand und schließlich an der L 1212 bis zum Gasthof Schlatterhöhe. In einem weiten Bogen führt der Pfad nun zum Kopf des Stellfelsens. Über den einen steilen Pfad geht’s hinab, an einer Abzweigung im Tobel zum Donntal hinunter vorbei und auf dem Bergflankenpfad weiter. Dann führt die Wanderung zur Gutenberger Steige Richtung Gasthof Schlatterhöhe. Das erste Teilstück dorthin ist steil, aber mit Stahlseilen gesichert. Nach der Querung der Steige geht’s zurück zum Ausgangspunkt der Tour.

Lenningen-Schlattstall: Lange Steige mit alpinem Charakter

Viele Jahre war die Lange Steige, die von Lenningen-Schlattstall aus durch eine Schlucht auf die Albhochfläche führt, gesperrt. Aus gutem Grund, der schmale Pfad war stellenweise abgerutscht und dem Verfall überlassen worden. Jetzt lädt er indes wieder zu einer erlebnisreichen Tour ein, die laut einiger Beschreibungen gar „alpinen Charakter“ aufweist. Das mag ein wenig übertrieben erscheinen, aber man sollte in dem waldigen, stetig ansteigenden Gelände schon darauf achten, wo man seine Füße hinsetzt – vor allem wenn der Untergrund nass ist und die Tritte deshalb rutschig sind. Vorbei geht es an Felswänden, die mit dichten Moospolstern überzogen sind und an Totholz, das dem Steig seinen urwüchsigen Charakter verleiht.

Am Ende der Schlucht verlässt der Pfad den Wald und führt zum Römerstein, wo es sich lohnt, den Turm zu besteigen und die Aussicht zu genießen. Danach geht es weiter in Richtung Schopfloch, immer der Wegmarkierung mit dem liegenden Y folgend. Man kommt schließlich in Richtung Donntal, das aber erst nach einem steil bergab führenden Weg durch einen Bannwald erreicht wird. Im Donntal angekommen, führt ein gut ausgebauter Forstweg zum Ausgangspunkt zurück. Wer noch genug Energie besitzt, dem sei ein Abstecher zur Ruine Sperberseck oder zur Mondmilchhöhle empfohlen.

Grabenstetten: Eine Wanderung durch die Höhle

Neun Kilometer lang ist die Tour, die vom Wanderparkplatz bei der Ruine Hofen in Grabenstetten an der Gustav-Jakob-Höhle vorbei, über die Kleine und die Große Schrecke und den Schreckenfels zurück zum Startpunkt führt. Der Autor Philipp Sauer beschreibt sie als einer der beiden „speziellsten“ Wanderungen in seinem Buch. Zum einen könne der zur Höhle führende Steilhang bei feuchtem Wetter „gefährlich rutschig“ sein – es bestehe dann Absturzgefahr, heißt es auf der Homepage von Grabenstetten. Zum anderen kann ein Teil der Route kriechend durch die Gustav-Jakob-Höhle, die längste Durchgangshöhle der Alb, zurückgelegt werden. Entscheidet sich der Wanderer für diese Variante, sollte er unempfindliche Kleidung und feste Schuhe anhaben sowie einen Helm, eine Taschenlampe und Handschuhe im Rucksack mitführen. Im Winter und Frühjahr ist die Höhle zum Schutz dort überwinternder Tiere mehrere Monate geschlossen.

Auch der Weiterweg ist ohne die detaillierte Beschreibung in Sauers Buch nur schwer zu finden. Denn auch nach der Höhle verläuft die Route unmarkiert unterhalb der Felswände, wird immer schmaler und ausgesetzter und endet kurz vor den Schrecken, die über den Achsnagelweg erreicht werden. Dort bietet sich eine wunderbare Aussicht, ehe es über den Achsnagelweg zurück zum Parkplatz geht.

Bad Urach: Abenteuerlich durch die Wolfsschlucht

Ausgangspunkt für diese zwölf Kilometer lange Wanderung ist der Parkplatz „Rulaman“ an der Bushaltestelle Hohenwittlingen zwischen Bad Urach und Wittlingen. Von dort führt der Weg zunächst leicht ansteigend zur Wittlinger Steige. Nachdem die Straße überquert ist, führen ein Forstweg und kurze Zeit später ein Trampelpfad zu den Wittlinger Felsen. Über einen Waldpfad, der zunehmend verwildert anmutet, kommt man ins Wolftal zum Wittlinger Bach hinunter. Dieser muss überquert werden, was laut Philipp Sauer bei hohem Wasserstand nicht einfach ist. Doch ist es geschafft geht es auf dem offiziellen Wanderweg durch die Wolfsschlucht – erst auf schmalen, steilen Pfaden, dann mithilfe von Seilen direkt entlang des Baches und zum Schluss durch eine Leiterpassage.

Danach verläuft der Weiterweg auf einem unmarkierten Bergflankenweg zur Ruine Hohenwittlingen und weiter Richtung Buckfelsen. Danach geht es auf dem Grafensteig am Fels entlang zum Klettergebiet um den Geschlitzten Fels. Dem Steig folgend erreicht man schließlich die ehemalige Ruine Baldeck. Dort kann man verschiedenste Aussichtspunkte mit kleinen, leichten Kraxeleien erreichen. Auf dem Wanderpfad geht es weiter zur Kaisereiche, durch Wittlingen und dann hinab an der Schillerhöhle vorbei und durch die Wolfsschlucht zurück zum Ausgangspunkt.

Ein besonderes Wanderbuch

Buch
Das Buch „Alpine Pfade in Baden-Württemberg – Bergtouren, Felsenwege und Klettersteige“ ist Anfang April unter der ISBN 978-3-8425-2129-2 im Silberburg-Verlag erschienen. Es ist in den Buchhandlungen oder beim Verlag erhältlich und kostet 19,99 Euro. Insgesamt beinhaltet es 20 Touren sowie zwei Klettersteige in den Mittelgebirgen des Landes.

Zielgruppe
Das Buch eignet sich für Wanderer, die abgelegene schmale Pfade, steile Abhänge und raue felsige Landschaften suchen.

Autor
Philipp Sauer wurde im Jahr 1971 in Plochingen geboren. Viele Jahre lebte er in der Kurpfalz, ist jetzt aber wieder im Schwäbischen heimisch. Der Sonderschullehrer hat bereits diverse Wanderbücher geschrieben.