Beim außerordentlichen Parteitag auf der Waldau mahnt die Gastrednerin und designierte CDU-Spitzenkandidatin für die Landtagswahl 2021, Susanne Eisenmann, die Partei zur Selbstkritik, gerade beim Thema Klimaschutz. Der Kreisvorsitzende Stefan Kaufmann macht dagegen andere Einflüsse für das schlechte Kommunalwahlergebnis verantwortlich.

Stuttgart - Katerstimmung – so kann man die Atmosphäre beim außerordentlichen CDU-Kreisparteitag am Samstag im SSB-Veranstaltungszentrum auf der Waldau wohl am besten umschreiben. Dabei war die Versammlung nicht etwa anberaumt worden, um die jüngste Wahlniederlage der Union bei den Kommunal-, Regional- und Europawahlen im Mai aufzuarbeiten. Vielmehr mussten fristgemäß Delegierte für den Landesparteitag am 27. Juli bestimmt werden, auf dem Kultusministerin Susanne Eisenmann zur Spitzenkandidatin für die Landtagswahlen 2021 gekürt werden soll.

 

Und so begrüßte CDU-Kreischef Stefan Kaufmann dann auch die „liebe Susanne“ als Gastrednerin: „Du bist eine von uns“, so Kaufmann über die frühere Stuttgarter Bürgermeisterin. So viel Einigkeit war selten zwischen Eisenmann und dem Bundestagsabgeordneten, die sich in der Vergangenheit Duelle um den Kreisvorsitz geliefert hatten und sich auch bei der Auswahl des parteilosen OB-Bewerbers Sebastian Turner im Jahr 2012 keineswegs einig waren, der dann die Wahl gegen Amtsinhaber Fritz Kuhn (Grüne) verlor.

Eisenmann sieht Nachholbedarf für die CDU beim Thema Klimaschutz

Im Stil und Auftreten unterscheiden sich die beiden grundlegend. Während der Parteichef zwar von einem „niederschmetternden“ Wahlergebnis sprach, das es im Lauf der nächsten Wochen zu analysieren gelte, aber vor allem den Bundestrend („Wir hatten eine tolle Liste“) sowie Probleme beim Verteilen von Werbeprospekten als Ursachen anführte, riet Eisenmann der Union zur Selbstkritik: Wenn etwa die CDU in Berlin nicht in der Lage gewesen sei, ad hoc auf das Anti-CDU-Video des Youtubers Rezo zu reagieren, grenze das „fast schon an Arbeitsverweigerung“. Wo Kaufmann den Delegierten „Mut zur Zukunft“ machen wollte und davon sprach, der Wahlerfolg der Grünen habe nichts mit deren kommunalpolitischer Leistung zu tun, riet Eisenmann dazu, die Argumente der Fridays-for-Future-Bewegung Ernst zu nehmen: „Beim Thema Klimaschutz in Kombination mit der sozialen Frage hat die CDU konzeptionell durchaus noch Luft nach oben.“

Kaufmann, der die Stuttgarter CDU auf den Widerstand gegen das Fahrverbot für Euro-4-Diesel entgegen der Position der Landespartei eingeschworen hatte, forderte, die Union müsse ihre Botschaften besser an die Wähler bringen. Mit Blick auf die OB-Wahl 2020 und die Landtagswahl 2021 hoffe er, dass „die CDU auch wieder bessere Zeiten sehen wird“. Am Rande des Parteitags war allerdings zu hören, dass Kaufmann eigene Ambitionen auf eine OB-Kandidatur nach diesem Wahlergebnis wohl begraben könne. Auch seine Tage als Parteichef könnten gezählt sein, unken bereits einige in der Union.

Parteitag spricht sich gegen Einführung einer Kohlendioxid-Abgabe aus

Und so richtet sich die Hoffnung auch der Stuttgarter CDU auf die designierte Spitzenkandidatin Eisenmann, die erklärte: „Die CDU muss sagen, wie sie sich das Land in zehn Jahren vorstellt.“ Es gehe um eine gleichwertige Wertschätzung von Ökologie und Ökonomie, um offene Diskussionen gerade mit der jungen Wählergeneration statt Überheblichkeit und Arroganz, wie sie bisweilen vor allem Berliner Bundespolitiker an den Tag legten. Gleichwohl ließ Eisenmann keinen Zweifel daran, dass sie sich zutraut, die Partei zu alter Stärke zurückzuführen. „Nur Klimaschutz und Wohlfühlgrundlagen, wie es die Grünen propagieren, reicht nicht.“ Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) habe das Land zwar in den vergangenen Jahren gut regiert, es müsse aber „sehr gut“ regiert werden.

Bis die Union auch wieder bei der jüngeren Generation punkten kann, dürfte es ein langfristiger Prozess werden: Der Parteitag sprach sich jedenfalls mehrheitlich gegen die Einführung einer Kohlendioxidsteuer aus, wie sie etwa von der Fridays-for-Future-Bewegung gefordert wird.