Kriminalität ist ein heikles Thema. Vor allem in Zeiten hoher Flüchtlingszahlen. Doch die spielten im vergangenen Jahr in der Statistik eher eine untergeordnete Rolle. Ganz normale Langfinger sind dagegen ein größeres Problem.

Stuttgart - Die Zahl der Straftaten im Südwesten hat 2015 leicht zugenommen. Über ein Drittel der insgesamt 617 365 registrierten Taten im vergangenen Jahr waren Diebstähle, sagte Innenminister Reinhold Gall (SPD) am Donnerstag in Stuttgart. Besonders Taschen- und Ladendiebstahl legten zu. „Diese Entwicklung ist vorwiegend der Armutskriminalität zuzuschreiben, diese Delikte prägen aber auch das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung“, sagte Gall während einer Pressekonferenz. Die Zahl der Wohnungseinbrüche hingegen sei gesunken.

 

Der Anstieg entsprach einem Plus von 3,8 Prozent. Ein Teil davon machte die Zunahme von Verstößen gegen das Aufenthalts- und Asylgesetz aus. Die Fälle waren um etwa 9000 auf 23 901 gestiegen. Bereinigt um diese spezifischen Delikte erhöhte sich die Zahl der Straftaten um 2,2 Prozent.

Kriminalität und Flüchtlinge

Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 53 710 Straftaten durch Menschen gezählt, die in Deutschland Schutz suchten. Bei 42 Prozent der Fälle handele es sich um ausländerrechtliche Verstöße. Hier seien vor allem Personen aus Syrien, Afghanistan, dem Irak oder Eritrea in Erscheinung getreten. Bei mehr als zwei Drittel der anderen Straftaten ging es um Diebstahl, Schwarzfahren oder Vermögens- und Fälschungsdelikte. Rund die Hälfte der Körperverletzungen und der Rauschgiftkriminalität von Flüchtlingen spielte sich innerhalb ihrer Unterkünfte ab. Schutzsuchende aus Algerien, Georgien, Gambia dem Kosovo oder Serbien sind vor allem durch allgemeine Kriminalität aufgefallen. Sexualstraftaten spielten eine sehr untergeordnete Rolle. Taten gegen die sexuelle Selbstbestimmung machten nur 0,8 Prozent aus.

Gewalt gegen Polizeibeamte

Die gegen Polizisten gewendeten Straftaten stiegen um 4,3 Prozent auf 3929. Dafür fehle ihm jedes Verständnis, sagte Gall. Die Anzahl der zum Teil schwer verletzten Beamte sei sogar um 4,6 Prozent gestiegen. Alkohol spielt bei diesen Übergriffen eine große Rolle. Die Zahl der Körperverletzungsdelikte legte um 11,2 Prozent auf 297 Fälle zu. Mit Hilfe von Körperkameras könnten die Einsatzkräfte gegen Gewalt besser geschützt werden.

Politische Straftaten

Sie legten im vergangenen Jahr um 32 Prozent auf 2822 Fälle zu. Dabei handelt es in einer Vielzahl von Fällen um Farbschmierereien oder Propagandadelikte. Die Zahl der politischen Gewaltdelikte stieg gleichfalls: Im rechten Spektrum von 24 auf 76 Fälle und im linken Spektrum von 89 auf 156 Delikte. Insgesamt wurden 70 Straftaten gegen Asylbewerberheime verzeichnet, davon sieben Brandanschläge.

Jugendgewalt

Die Zahl der jungen Gewalttäter unter 21 Jahren ging um 3,1 Prozent auf 5 107 Personen zurück. Dies führte der Innenminister unter anderem auf verstärkte Prävention zurück.

Kritik an der Vorlage der Statistik

Gall wies Vorwürfe von CDU und FDP zurück, die Zahlen wegen des Wahlkampfes zurückgehalten zu haben. Eine sorgfältige Analyse brauche Zeit, sagte er. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke erklärte, Gall habe so lange gezögert, weil die Zahl der Taten seit knapp zehn Jahren über der Marke von 600 000 liege.

Mit einer Kriminalitätsbelastung von nur 5761 Straftaten pro 100 000 Einwohner sei dies nach den vorliegenden Daten der beste Wert im Ländervergleich, so Gall. In Bayern seien es 6 350, Niedersachsen 7 253 oder in Nordrhein-Westfalen 8 603 Taten je 100 000 Einwohner. Der Bundesdurchschnitt beträgt demnach 7 797 Fälle. Die Aufklärungsquote im Südwesten betrug 60,1 Prozent.