Das Motto der Krippe ist dem Ex-Politiker Clemens Binninger (CDU) auf den Leib geschnitten.

Renningen - Mit einer Verve und einer Leidenschaft hat er das aktuelle Motto der Renninger Krippe erklärt, fast so, als hätte es Pfarrer Franz Pitzal dem ehemaligen Politiker Clemens Binninger auf den Leib zugeschnitten. Und das klingt bei seiner als Abendlob titulierten Rede fast so, als finde sich in dem Krippenmotto der eigentliche Grund, warum der 55-jährige Binninger seit Herbst Privatier und nicht mehr Bundestagsabgeordneter ist.

 

Zeit ist etwas, was Politiker nie haben“

Eine große Uhr hängt im Altarraum der Martinuskirche Malmsheim, in diesem Jahr geht es bei der Krippe um die Zeit. „Zeit ist etwas, was Politiker nie haben“, sagt Binninger und macht sofort deutlich, dass er mit dieser Tatsache ganz und gar nicht einverstanden ist, unter ihr lange Jahre lang gelitten hat. „Wir Politiker haben uns einen viel zu hektischen Arbeitsrhythmus auferlegt“, berichtet Binninger aus dem poltischen Berlin, in dem er seit 2002, seiner Wahl zum Abgeordneten, 15 Jahre lang tätig war. 30 bis 40 Tagesordnungspunkte hätten zumeist auf der Tagesordnung des Innenausschusses gestanden, in dem Binninger von 2002 bis 2017 gesessen ist. Dafür waren dann jeweils drei Stunden einberaumt worden – kaum Zeit zum nachdenken, kaum Zeit zum diskutieren.

Woran das liegt? Clemens Binninger hat eine Vermutung. „Der Terminkalender eines Politikers muss voll sein“, sagt er. „Nur ein voller Terminkalender signalisiert Bedeutung.“ Ob auf diese Weise jedoch die besseren Entscheidungen gefällt werden, das stehe auf einem ganz anderen Blatt.

Von diesem Leben hat sich Binninger verabschiedet. Bei der Bundestagswahl ist er nicht mehr angetreten, vergangene Woche war bekannt geworden, dass er zusammen mit seiner Frau Ulrike eine Firma für Beratungen ins Handelsregister hat eintragen lassen. Dazu ist er in seiner Rede nicht näher eingegangen. Die Pläne stimmen, sagt er auf Nachfrage, sie seien aber noch nicht spruchreif. Als Privatmann ist Binninger jetzt also am Neujahrstag nach Malmsheim gekommen – und als ein weiterer Protagonist in der Reihe der Polit-Pensionäre, die alles besser wissen, allerdings ungeschickterweise erst nach ihrem Ausscheiden? Nein, die Termin-Druck-Jagd hat er schon während seiner Zeit als Aktiver zu bekämpfen versucht, berichtet er.

Erfolgloser Selbstversuch

„Ich hab selbst immer wieder versucht, das Rad und das Tempo zurückzudrehen“, sagt er. „Das war aber völlig erfolglos.“ Nein sagen, das sei sehr schwierig. Und Tagesordungen, etwa beim NSA-Untersuchungsausschuss, dem er vorstand, seien vorgegeben, da hätte er wenig machen können. Man könne das Smartphone zwar abschalten. „Aber das hilft nichts, wenn andere nicht mitmachen.“

Auf gesellschaftliche Strömungen hoffe er daher, die versuchen, das Tempo einzufangen. „Allerdings bin ich da nicht optimistisch“, sagt Binninger. Dagegen sei es doch so wichtig, Oasen der Ruhe zu haben, abzuschalten. Ruhe hat Clemens Binninger jetzt, seit seinem Ausscheiden aus der aktiven Politik. Über seinen Terminkalender kann er auch eigenständig verfügen. Mit dem Thema „Zeit“ hat Pitzal da den Nagel auf den Kopf getroffen. Warum sich der Pfarrer dafür entschieden hat? Einer der Gründe könnte Clemens Binninger heißen.