Der Schwieberdinger Bürgermeister Nico Lauxmann spricht von einem „Zentrum für E-Mobilität“ durch die Porsche-Ansiedlung. Die Umweltschützer befürchten versiegelte Flächen und ein Verkehrschaos.

Schwieberdingen - Am Tag nach der für Schwieberdingen „historischen“ Verkündigung gibt es ein zwiespältiges Echo. Dass der Sportwagenhersteller Porsche Teile des Elektroautos Taycan neben der Bosch-Niederlassung montieren will, lässt den Bürgermeister Nico Lauxmann (CDU) von einem neuen „Zentrum für E-Mobilität“ in der Region schwärmen. Er sieht Synergien zum benachbarten Bosch-Standort mit 6500 Mitarbeitern. Doch es werden zunehmend auch kritische Stimmen laut.

 

Etwa von Monika Birkhold, Fraktionschefin der Grünen im Schwieberdinger Gemeinderat. „Die Ansiedlung bringt für die Gemeinde nichts“, sagt sie. Sie warnt vor der Flächenversiegelung und mehr Verkehr, zudem sieht sie wenig Nutzen für die Gemeinde. „Wir schaffen uns ein Schwieberdingen 21, so wie Stuttgart 21“, sagt Birkhold. Sie bezweifelt auch, dass üppige Gewerbesteuern fließen: „Das ist bei Bosch leider auch nicht immer der Fall gewesen.“

Deponie-Gegner entdecken ein neues Thema

Ganz ähnlich sieht das Thomas Gölzer, Vorsitzender des örtlichen Naturschutzbundes. Seit Jahren werde in der Gemeinde jeder Quadratmeter versiegelt, Frischluftschneisen verbaut. „Das Verhältnis von Bevölkerung und Arbeitsplätzen stimmt schon jetzt nicht mehr“, sagt er. Das habe Folgen: So sei der Feuersalamander aus dem malerischen Räuschelbachtal verschwunden.

Kritische Fragen kommen auch von der aktiven Bürgeriniative gegen die Schwieberdinger Deponie Froschgraben. Diese protestieren seit Jahren gegen Atomschutt-Ablagerungen des abgerissenen Kernkraftwerkes Neckarwestheim und sind kampferprobt. „Es wird hier so getan, als ob ein neues Silicon Valley für Elektromobilität in Schwieberdingen entsteht“, sagt der Vorsitzende Dierk-Christian Vogt. Dabei werde in der Bosch-Niederlassung am Dieselmotor gearbeitet, Porsche wolle nur Sitze für den Elektrowagen Taycan montieren: „Da wird die Öffentlichkeit geblendet, das gefällt mir nicht.“

Im Gemeinderat gibt es eine klare Mehrheit

Ob diese Stimmen die Mehrheit sind, wird erst klar sein, wenn der Bürgerentscheid über das neue Gewerbegebiet abgehalten wurde. Für diesen hat sich der Bürgermeister Lauxmann selbst eingesetzt. „Eine solche wichtige Weichenstellung muss von allen Bürgern getragen werden“, sagt er, „das habe ich vor fünf Jahren versprochen, als ich hier angefangen habe.“

Im Gemeinderat gibt es eine klare Mehrheit für die Ansiedlung, nur die Grünen und einzelne Stadträte haben sich dagegen ausgesprochen. Die meisten denken so wie Heidrun Rabus von den Freien Wählern, die auch Vize-Bürgermeisterin ist. „Ich halte die Porsche-Ansiedlung für eine gute Idee“, sagt sie. Sie sieht die Chancen für mehr Gewerbesteuer und sagt: „Wir sollten etwas mutig sein.“

Auch Anhänger fürchten deutlich mehr Verkehr

Doch auch sie stört der Verkehr. Schon jetzt stehen die Pendler jeden Morgen und jeden Nachmittag im Stau, um von der Autobahnausfahrt Zuffenhausen über die B 10 zum Bosch-Werk zu kommen. Daher fordert sie, die B 10 vierspurig auszubauen. Im Rathaus wird auch überlegt, die so genannte Weinstraßenkreuzung am Rande der Bosch-Niederlassung auszubauen. Aber auch dies dürfte auf Widerstand der Naturschützer stoßen.

Nur in einem Punkt sind sich Anhänger und Gegner einig: Diese Grundsatzfrage in einem Bürgerentscheid zu klären, das wird einhellig begrüßt. „Das finde ich super“, sagt Dierk-Christian Vogt von der Bürgerinitiative Froschgraben. Die Grünen hoffen auf eine Mehrheit gegen das Vorhaben, der Bürgermeister Nico Lauxmann will hingegen für seine Vision kämpfen.

Am 14. Juli entscheiden die Bürger

Wie geht es nun weiter? Am Donnerstag nächster Woche gibt es eine Bürgerinformation – bei der die Kritiker viele Fragen stellen werden. Am 29. April entscheidet der Gemeinderat über den Bürgerentscheid. Stimmt er dafür, haben am 14. Juli die Bürger das letzte Wort. Erst dann kann Lauxmann daran gehen, Gespräche mit den 100 Landwirten zu führen, denen das Areal gehört. Es gibt also noch viele Fragezeichen hinter der Neuansiedlung.