Die satirische „heute-show“ ist aus der Winterpause zurück. Zum Start hat sie sich gleich mit Brexit, Klimapolitik und Corona-Hysterie beschäftigt. Aber war da vielleicht ein bisschen zu viel wütende gute Gesinnung im Spiel?

Stuttgart - Das nennt man Timing: Die „heute-show“ im ZDF beendet ihre Winterpause, just an dem Tag, an dem ein paar absolut skrupellose Politscharlatane Großbritannien wirklich und wahrhaftig aus der Europäischen Gemeinschaft zerren. Das ist ein bisschen so, als würden die durchgeknallten Superverbrecher aus Arkham Asylum in Batmans Gotham City den Bürgermeister, den Polizeichef und den Stadtkämmerer stellen. Goldene Zeiten für Satire also – oder etwa nicht, Oliver Welke?

 

Der Moderator der „heute-show“ hat vermutlich ganz vernünftige politische Ansichten. Also setzt er sich gern als Chefabwatscher anderer Ansichten in Szene. Das fordert ihn und sein Team manchmal zu guten Gags und oft nur zu schaler Verhöhnung heraus. Aber die erste Show nach der Winterpause, in der es unter anderem um Brexit, Klimapolitik und Corona-Hysterie ging, hat noch ein anderes Problem als das bloße Mengenverhältnis von Inspiration zu Routine offenbart.

Schluckimpfung mit Klamauk

In Krisenzeiten meint es auch der Satiriker verkrampft ernst. Er wird zum sendungsbewussten Propagandisten des korrekten Weltbilds. Das aufklärerische Ethos des hinterfragenden Humors verkommt zur Gesinnungsschluckimpfung auf dem Würfelzucker derben Klamauks.

Welke und sein Team verabscheuen die Leugner des Klimawandels und die Rechtspopulisten, deren verantwortungsloses Geschwätz die Stammtischparolen von gestern schon wieder wie philosophische Highlights wirken lässt. Bravo. Aber das Anpredigen gegen diese Leute, wie Welke es wieder praktiziert hat, ist nicht mehr besonders lustig. Es ist auch nicht mehr erkenntnisfördernd.

Der Kraftwerks-Deal

Verächtliche Witze über verächtliche Figuren wie in der „heute-show“ erzeugen auf Dauer bloß ein Paradoxon. Hie die falsche Gewissheit, die entlarvten Hetzer stünden längst in Schimpf und Schande, blamierten sich nur immer weiter und seien also letztlich erledigt. Und da die deprimierende Verallgemeinerung, auch die Akteure der Mainstreampolitik seien allesamt unterbelichtete Blender, auf die man keinerlei Hoffnung setzen sollte.

Mit der beste Gag der Saisonauftaktfolge war die Politikvariante von „Bares für Rares“: In den Kulissen von Horst Lichters Trödelshow wurde aufs erhellend Schroffe heruntergebrochen, wie die Energiekonzerne den Strukturwandel zur Abzocke nutzen. Schrottvergolder verscherbeln dem Staat die Abschaltung alter Kraftwerke, die sie sowieso stillgelegt hätten.

Den Bluff erkennen

Das ist klassische Politsatire: Neben die sachliche Nachricht, die viele überlesen haben, und neben den journalistischen Kommentar, der die Vorgänge einzuordnen versucht, tritt ein dritter, sehr frecher, sehr respektloser Blick, der keine Beschönigungen und keine „Ja, aber man muss auch bedenken,dass ...“-Vernebelungen gelten lässt. Diese Satire speist sich nicht aus verständlichem Widerwillen und hehrer Gesinnung, sondern aus Überprüfung der Fakten, aus Durchrechnen der Zahlen und aus der Erkenntnis eines Bluffs.

Das ist die Art „heute-show“, die echten Mehrwert bringt. Die sich nicht totläuft. Die einen mit ihren aufschreckenden Spitzen mehr beunruhigt als mit noch einem Hinweis, was für ein politischer Vollversager Andreas Scheuer sei. Je mehr dieser Lieblingsschurke der „heute-show“ gebasht wird, desto besser fühlt man sich selbst, weil man im Vergleich mit ihm immer der bessere Mensch zu sein scheint. Für solche Ruhekissenstopfung dürfen sich gute Politsatiriker gern mal zu schade sein.

Info: Die ganze „heute-show“ vom 31. Januar 2020 kann man hier in der ZDF-Mediathek sehen.