Die Anwohner und Pendler müssen wohl zwei Jahre länger als gedacht mit Staus und Abgasen auf der Bundesstraße leben.

Geislingen - Die Hoffnung, dass im Jahr 2024 die Bagger anrücken und den Weiterbau der B 10 um Kuchen und Geislingen herum in Angriff nehmen, hat sich jetzt endgültig zerschlagen. Bei einem Spitzengespräch mit Landes- und Bundespolitikern aus dem Kreis Göppingen, Kreisverwaltung und Vertretern des Stuttgarter Verkehrsministeriums ist jetzt klar geworden, dass es wohl noch mindestens zwei Jahre länger dauert, bis die Bauarbeiten beginnen können. Der Grund sind unter anderem Fledermäuse, die in alten Bergbaustollen entlang der geplanten Strecke leben.

 

Bisher hatte man stets gedacht, sobald das Bundesverkehrsministerium den sogenannten Bedarfsplan durchgewunken hat, könne es relativ zügig mit der konkreten Bauplanung und deren Umsetzung weitergehen. Tatsächlich zeichnet sich für den Leiter des Amts für Mobilität und Verkehrsinfrastruktur, Jörg-Michael Wienecke, inzwischen ab, dass das Ministerium bald das entsprechende Signal gibt. Er sagt, er habe „berechtigte Hoffnung“, dass dies vielleicht noch vor dem Jahreswechsel geschehe.

Die Untersuchungen sind aufwendig und brauchen viel Zeit

Doch das wird nicht reichen, um das Projekt voranzubringen. Denn bei dem B-10-Gipfel im Göppinger Landratsamt hat sich nun bestätigt, was Insider befürchtet hatten: Der Naturschutz verzögert die Planungen, die eigentlich schnell vorangebracht werden sollten. Zum einen tangiert die geplante, rund acht Kilometer lange Strecke mehrere Vogelschutzgebiete. Experten gehen aber davon aus, dass die dadurch notwendigen zusätzlichen Verfahrensschritte für den Schutz der Tiere beim Planfeststellungsverfahren erledigt werden können. Unter anderem wird nun eine Ausnahmegenehmigung der EU nötig.

Zum anderen hat sich aber auch herausgestellt, dass an dem geplanten Albaufstieg bei Geislingen in Richtung Amstetten alte Bergbaustollen von den Arbeiten betroffen sind. Und in denen nisten Fledermäuse. Nun muss zunächst untersucht werden, was für Fledermäuse dort leben, wie viele es sind und ob und inwieweit die geschützten Tiere durch den Bau der Bundesstraße beeinträchtigt würden. Diese Untersuchungen brauchen vor allem eines: viel Zeit.

Strecke wird wohl erst in den 2030er Jahren fertig

Denn wie Experten berichten, reicht es nicht, die Stollen nur einmal kurz zu begutachten. Die Tiere müssen über einen längeren Zeitraum beobachtet werden, um belastbare Daten zu bekommen. Was aus den Untersuchungen am Ende folgt – ob die Streckenführung womöglich überarbeitet werden muss –, ist im Moment offen. Klar ist nur, dass all diese Verzögerungen wohl dazu führen werden, dass sich die Planungen deutlich länger hinziehen. Wienecke rechnet damit, dass mit dem Bau der Strecke erst 2026 begonnen werden kann – und sie auch entsprechend später fertig wird.

Vor einem Jahr hatte man im Göppinger Landratsamt noch gehofft, die Planfeststellung bald vorantreiben zu können. Damals war das Ziel gewesen, bis in zehn Jahren – also 2028 – mit dem Weiterbau fertig zu sein. Heute kann von diesem Zeitplan keine Rede mehr sein. Jörg-Michael Wienecke will sich bei all den neuen Unwägbarkeiten nicht auf ein neues Datum festlegen lassen. Aber, so sagt er, „vor Beginn der 2030-er Jahre wird das wohl nicht mehr klappen.“

Verkehrsplaner drängt darauf, die Chance auf den Weiterbau nicht zu vertrödeln

Im kommenden Frühjahr soll die Öffentlichkeit erneut über den dann überarbeiteten Stand der Planung informiert werden. Wienecke hofft, dass im Verlauf des Verfahrens nicht noch weitere Aspekte auftauchen, die von den bisherigen Planungen abweichen, etwa beim Verlauf der Strecke. Schließlich gibt es beispielsweise eine Bürgerinitiative, die sich für eine andere Streckenführung starkmacht.

Der Verkehrsplaner gibt deshalb zu bedenken, dass der Neubau der Bundesstraße zwar im aktuellen Bundesverkehrswegeplan finanziert sei. Aber ob das bei weiteren Verzögerungen auch für den neuen, von 2030 an geltenden Plan gelte, sei nicht absehbar. Die Chance, die neue B 10 in einem überschaubaren Zeitraum zu bauen, müsse jetzt genutzt werden.