Die Kultur kehrt in die Stadt zurück: Von Wirtschaftlichkeit sind etliche Veranstalter aber weit entfernt und bitten um finanzielle Unterstützung. Wir haben den Stuttgarter Kulturbürgermeister Fabian Mayer (CDU) dazu befragt.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - „Die Stimmung ist genial“, schwärmt der Magier Thorsten Strotmann vom Comeback nach der Corona-Zwangspause in seinem Theater im Römerkastell. Dutzende von Quadratmetern Plexiglas ließ er zuschneiden und zwischen Zuschauerplätzen einbauen. „Alles funktioniert wunderbar“, berichtet der Zauberkünstler, „das Publikum ist begeistert.“ Die Sehnsucht nach Kulturerlebnissen, dies zeigt sich an immer mehr Orten der Stadt, ist sehr groß – ständig kommen neue Live-Bühnen hinzu oder öffnen alte Theater unter neuen Regeln.

 

Kulturbürgermeister Fabian Mayer (CDU) freut sich, dass Stuttgart seinem Ruf, eine Kulturstadt zu sein, auch in harter Zeit gerecht wird. Mit kreativen Ideen wollen Veranstalter den erschwerten Bedingungen trotzen. „Was sich gerade tut, ist ganz großartig“, findet der Politiker. Worte allein, meint Ulrich Kromer, reichen nicht. Mit seiner Agentur UK Consulting treibt der langjährige Messechef neue Kulturstätten, etwa unter freiem Himmel im Römerkastell oder unterm Glasdach im Bosch-Areal, voran. Mit Stefanie Stoll, der Chefin der Phoenixhalle, hat Kromer nun einen Förderantrag ins Rathaus geschickt. Die Stadt sollte Bühnen im Freien finanziell unterstützen, so die Bitte. Mit öffentlichen Geldern könne man einerseits selbstständigen Solokünstlern die Rückkehr zur Arbeit ermöglichen, andererseits die Kulturvielfalt in Stuttgart sichern.

„Es geht jetzt darum, Insolvenzen zu verhindern“

„Wir werden die Anträge prüfen“, erklärt Bürgermeister Mayer, „auch von anderen Veranstaltern liegen uns welche vor.“ Die Stadt stehe zu ihrem Versprechen, der Kultur zu helfen. „Es geht jetzt vor allem darum, Insolvenzen zu verhindern“, beteuert er. Bei der Vergabe der Mittel müsse man aber berücksichtigen, dass etliche Theatermacher auf den neuen Bühnen spielten, die bereits Geld von der Stadt bekämen.

„Sollte coronabedingt länger mit Einschränkungen für die Kulturbetriebe zu rechnen sein, könnten aufgrund der großen Indoor-Flächen der Phoenixhalle und der überdachten Flächen im Bosch-Areal die Programm im Herbst und im Winter fortgesetzt werden“, sagt Ulrich Kromer.

Das Theater der Altstadt wird Ende Juli seinen Betrieb aufnehmen. Wochenlang haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter quer durch alle Abteilungen Masken genäht und gespendet. Intendantin Susanne Heydenreich freut sich auf den Neustart: „Für uns ist Theater Leben und Lebensinhalt, und unser Publikum ist der motivierende Sauerstoff, den wir brauchen.“

„Man sollte in Plexiglas statt in Gold investieren“

Den Auftakt macht Travestie-Lady Frl. Wommy Wonder, die sechs Wochen unter Corona-Bedingung spielen wird. Lohnt sich das finanziell, wenn der Theatersaal nur zu einem Drittel belegt ist? „An Wirtschaftlichkeit denke ich momentan besser nicht“, antwortet Michael Panzer alias Wommy. Seine Branche sei drei Monate komplett auf „arbeitsfrei“ gestellt worden. Bei kaum jemandem seien die medial gefeierten Hilfspakete angekommen. „Da freut man sich über alles, was man tun darf, um nicht einzurosten“, versichert Panzer. Noch weiß er nicht, wie viele Gäste erlaubt sind und sagt: „Da sich Abstandsregeln ständig ändern, werden wir tagesaktuell reagieren und neue Bestuhlungsvarianten anbieten – je nachdem, ob Einzel- oder Pärchenkarten geordert werden oder ob befreundete Haushalte zusammengesetzt werden dürfen.“ Das Wichtigste sei nun, dass „die Leute beim Betreten des Theaters den Alltag“ vergessen. Witze über Corona sind in der Show nicht vorgesehen. Panzer: „Momentan brauchen wir alle vor allem eines: Motivation und gute Laune.“

Die neue Zeit hat viel Positives, wie der Zauberkünstler Thorsten Strotmann mit einem Lächeln bemerkt. Seine Lehre aus verrückten Tagen: „Man sollte sein Geld in Plexiglas statt in Gold investieren.“