Das evangelische Gemeindezentrum ist nun ganz offiziell ein Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung. Pfarrer Johannes Bröckel sieht darin eine Aufforderung, das Gebäude zu erhalten.

Sonnenberg - Er will gar nicht drumrum reden. Natürlich bedeutet das mehr Bürokratie. Jede noch so kleine Sanierung muss von nun an mit dem Denkmalamt abgesprochen werden. Aber sei’s drum, das ist es wert. „Das ist eine Aufforderung an uns, dieses Gebäude zu erhalten“, sagt Johannes Bröckel, der Pfarrer der evangelischen Sonnenbergkirche. Schließlich ist ungewiss, welche Gemeinde ob des Sparzwangs in zehn, zwanzig Jahren noch existieren wird.

 

Die Urkunde, die der Regierungspräsident Johannes Schmalzl am Donnerstag den Sonnenbergern im Rahmen eines Gottesdienstes überreichen wird, ist also mehr als nur ein offizieller Akt. Das Stück Papier symbolisiert gleichsam auch ein Stück Beistand der Behörde, stellvertretend für die Öffentlichkeit, die demnach ein gesteigertes Interesse am Erhalt des Ensembles haben soll.

Kulturdenkmal mit besonderer Bedeutung

Ein Kulturdenkmal ist das evangelische Gemeindezentrum samt des Kirchengebäudes schon seit 2013 – aber eben nur ein einfaches. Nun wird es zu einem von besonderer Bedeutung aufgewertet. „Damit unterliegt es strengeren Regeln“, sagt Nadine Hilber, die Sprecherin des Regierungspräsidiums. „Damit soll sichergestellt werden, dass bei diesen Objekten keine Eingriffe erfolgen, die nachteilig für die Denkmaleigenschaft sind.“

Für die einen gleicht das Gemeindezentrum den vielen anderen, die in den 60er-Jahren landauf, landab wie Pilze aus dem Boden schossen. Eine kantige Kirche mit angeschlossenen flachen Bauten und einem futuristischen, zerschnittenen Glockenturm – alles mit viel Sichtbeton versehen. Sicher, die Herzen vieler Menschen hängen an diesen grauen Wänden und an dem, was sich zwischen ihnen abspielte. Aber das ist anderswo kaum anders.

Gesteigertes öffentliches Interesse

Experten indes erkennen in dem Casus Sonnenberg ein Kleinod aus der Feder des Schweizer Architekten Ernst Gisel. Nicht nur in dem Alpenland gilt er als begnadeter Vertreter seines Fachs, auch in Deutschland war er fester Bestandteil im Kreis der Honoratioren. In Stuttgart erhielt er zum Beispiel den Paul-Bonatz-Preis, der nach dem Erbauer des Hauptbahnhofs benannt ist. Später gesellte sich unter anderem der deutsche Architekturpreis dazu.

Ein schillernder Name allein macht freilich noch kein Denkmal. Das Ensemble an der Johannes-Krämer-Straße kann „als eine der avanciertesten Lösungen im evangelischen Kirchenbau seiner Zeit in Baden-Württemberg angesehen“ werden, sagt Nadine Hilber. Es dokumentiert „den für die Entstehungszeit frühen und sehr modernen Typus eines kirchlichen Gemeindezentrums“. Sprich, die Sonnenberger machten 1966 vor, was die anderen kurz darauf kopierten. Und deshalb, so die Sprecherin des Regierungspräsidiums, „besteht aus wissenschaftlichen und künstlerischen Gründen ein gesteigertes öffentliches Interesse“ am Erhalt der Kirche.

„Heute würde m,an nicht noch mal so groß bauen“

Zum sonntäglichen Gottesdienst sitzen in der Kirche normalerweise um die 40 Gläubige. Dass das nicht viele sind, weiß auch Bröckel. „Heute würde man nicht noch einmal so groß bauen“, sagt der Pfarrer. „Man muss viel Geld aufbringen, um das zu bewirtschaften.“ Weshalb er ganz froh ist, mit dem Denkmalschutz ein Argument gegen die Aufgabe des Standorts parat zu haben, falls es mal so weit kommen sollte und der Rotstift am Bestand angesetzt wird.

Von den 2100 Gemeindemitgliedern schauen bei besonderen Gottesdiensten auch mal 100 bis 200 vorbei, „und an Weihnachten sind wir mehr als 500“. Grund genug gäbe es, dass Gleiches auch am Donnerstag geschieht, wenn die Urkunde übergeben wird. Jedenfalls interpretiert der Pfarrer die Auszeichnung nicht nur architektonisch. „Sie zeigt, dass die Kirche ein wirklich lebendiger Ort ist für Sonnenberg“, sagt er.