Die Absagen bei Veranstaltungen häufen sich, spätestens seit die Alarmstufe greift. Warum sich die (Klein-)Kunst trotzdem nicht unterkriegen lässt.

Stuttgart - „Die wenigsten Leute wissen, was es an Nachwehen gibt“, sagt Michael Gaedt. Dem Comedian und Schauspieler sind, das Datum weiß er genau, am 15. März 2020 sämtliche Shows und alle Aufträge weggebrochen – die Alarmstufe rückt die Hoffnung auf eine Rückkehr auf die Bühne jetzt in weite Ferne. Als Beispiel, wie sich diese „Nachwehen“ auswirken, nennt er das Theaterhaus, wo auch er häufig zu Gast war. Dort werde seit eineinhalb Jahren ein Wust von Veranstaltungen geschoben, der Kalender für die Zeit nach Corona sei übervoll.

 

Dennoch beschreibt Michael Gaedt seine aktuelle Stimmungslage als „überwiegend heiter“. Und das liegt nicht nur daran, dass wenigstens die Dreharbeiten zur TV-Serie „Soko Stuttgart“ laufen mit ihm als Automechaniker Schrotti. Stolz ist er auch, dass er es geschafft hat, als Theaterregisseur sein 14-köpfiges Laienensemble eineinhalb Jahre lang bei Laune zu halten. Die freie Zeit hat er genutzt für Livestreams und einen Quarantänesong auf Youtube. Denn er ist der Überzeugung: „Die Kreativität ist nicht die Kirsche auf dem Eisbecher. Sie ist dazu da, einen Ausweg zu finden, wenn der Kittel brennt.“ Und er sagt auch: „Es gibt viele Gründe, auf die Straße zu gehen und zu protestieren. Aber die Kritik an der Coronapolitik steht für mich ganz weit hinten.“

Online ist nur halb so lustig

Heiko Volz hält als Darsteller des Neckar-Käpt’ns (und Sprecher der zugehörigen Schifffahrt) eine „2-G-Plus-Regelung“ bei Großveranstaltungen für angemessen, selbst wenn sie alles komplizierter mache. „Da müssen wir durch mit der Hoffnung, dass es bald wieder besser wird.“ Er hoffe, dass so ein erneuter Lockdown verhindert werden könne.

Als Kinderbuchautor hat Volz in der nächsten Zeit einige Lesungen aus „Martha Möwes Weihnachtsgeschenk“ geplant in Kindereinrichtungen von der Kita übers Kinderkrankenhaus bis zum Kinderhospiz. „Die ersten Absagen kamen bereits. Bei anderen finden wir vielleicht eine Online-Lösung“, erzählt er. Das sei aber nur halb so lustig. „Gerade Kinder benötigen aktuell Abwechslung und Spaß. Insbesondere kranke Kinder.“

Es bleibt nicht viel übrig

Bei Fräulein Wommy Wonder war die Auftrittsliste im November und Dezember nach eigenen Angaben gut gefüllt. Seit vorigem Mittwoch schon kamen fast 20 Absagen – „da bleibt nicht mehr viel übrig“, meint die Travestie-Lady in einem Beitrag auf Facebook. Bei den Firmen- und Weihnachtsfeiern werde es dieses Jahr wohl „übersichtlich“, aber jetzt habe es auch den ersten öffentlichen Termin getroffen.

Wobei Wommy Wonder alias Michael Panzer das Ganze nüchtern betrachten und nicht jammern will. Nach der „Absagenverwaltung“ ist vor dem Adventskalender, den das Fräulein nach guter Tradition auch dieses Jahr wieder für die Fans im Internet basteln will. Vom 1. Dezember an soll es jeden Tag ein digitales Türchen geben – mit „Gutsle“ aus Vor-Corona-Zeiten.