Das Kulturzentrum Merlin in Stuttgart zieht die Reißleine und geht in den selbst verordneten Lockdown. Die Leiterin Annette Loers erklärt im Interview die Hintergründe.

Kultur: Ulla Hanselmann (uh)

Stuttgart - Das Stuttgarter Kulturzentrum Merlin geht vorzeitig in die Weihnachtspause. Damit reagiert die Chefin Annette Loers auf die schlechten Ticketverkäufe, auch wolle man angesichts der Infektionszahlen Verantwortung übernehmen.

 

Frau Loers, das Merlin hat beschlossen, ab sofort bis 10. Januar in den Lockdown zu gehen. Warum?

Es ist gerade so schwierig, Kultur zu veranstalten, dass wir eh schon eine Art Lockdown haben. Die Bands sagen ab, weil sie nicht mehr touren können, da in jedem Bundesland eine andere Regel herrscht. Oder weil die Künstlerinnen erkrankt oder in Quarantäne sind oder eine rote Corona-Warn-App haben. Und der Kartenverkauf ist einfach unterirdisch schlecht. Angesichts der hohen Infektionszahlen, der Mutation und der ungenügenden Impfquote wollen wir deshalb von uns aus Verantwortung übernehmen. Liebe Leute, bleibt zu Hause, lasst euch impfen und boostern – das ist unsere Message.

Wissen Sie von anderen Einrichtungen, die ähnlich reagieren oder es vorhaben?

Nein, konkret weiß ich das nicht. Das Merlin hätte sowieso von 20. Dezember bis 10. Januar Weihnachtspause gemacht. Diese jetzt von uns beschlossene vorzeitige Schließung können wir stemmen, weil wir institutionelle Zuschüsse von Stadt und Land bekommen. Konkret heißt das: Wir bauen Überstunden und Urlaub ab, gehen zum Teil in Kurzarbeit.

Viele, die Tickets gekauft haben, kommen gar nicht

Wie waren Ihre Konzerte und Veranstaltungen zuletzt besucht?

Volle Auslastung haben wir seit März 2020 nicht mehr erreicht. Bis 24. November hätten wir den Saal zu 100 Prozent auslasten können, aber wir hatten beschlossen, maximal 60 bis 70 Prozent der Karten zu verkaufen. Doch selbst das ist gerade ein Kunststück. Zumal von den wenigen Ticketkäufern 30 bis 40 Prozent zur Veranstaltung nicht erscheinen, weil sie krank oder in Quarantäne sind.

Wie blicken Sie ins neue Jahr?

Am 13. Januar fängt unser Popfreaks-Festival an. Wir sind voller verzweifelter Hoffnung, dass es stattfindet und dass dieser kleine von uns fabrizierte Lockdown, aber auch allgemein die Weihnachtspause dazu beitragen, dass die Infektionszahlen sinken, die Menschen sich impfen lassen und wir wieder aufmachen können.