Kummer mit Schlummer? Bis zu 15 Prozent aller Deutschen haben Ein- und Durchschlafprobleme. Die Wut über die Schlaflosigkeit sorgt wiederum für noch elendigeres Einschlafen – ein bittersüßer Teufelskreis.

Stuttgart – Hallo, ich bin’s. Dein Schlaf. Du bekommst nicht genug von mir, vergötterst mich und freust dich den ganzen Tag darauf, mit mir im Bett zu liegen. Eine Traumvorstellung, wie es im Buche steht. Und doch – so oft und so unpassend – plagen uns zwei unüberbrückbare Differenzen. Dann bin ich nicht ausreichend, komme nur, wenn „es mir passt“ und verschaffe dir nichts außer Sorgen. Teilweise wird es so schlimm, dass du panische Angst bekommst, sobald ich Annäherungsversuche starte. Warum muss das zwischen uns so ambivalent sein? Ich will doch nur dein Bestes.

 

Kummer mit dem Schlummer?

Bis zu 15 Prozent aller Deutschen, darunter vielleicht sogar du, haben Ein- und Durchschlafstörungen. Die Wut über die Schlaflosigkeit sorgt dann wiederum für noch elendigeres Einschlafen – ein bittersüßer Teufelskreis. Ich verstehe dein Anliegen, es ist manchmal zum Verzweifeln mit mir. Wahrscheinlich spricht der Schlafmangel aus dir, aber lass uns nicht streiten. Ich bin nicht „kompliziert“ – meine Funktion ist genauso banal, wie sich auf die Schüssel zu hocken.

1. Du verbringst ein Drittel deines Lebens mit mir

Acht von 24 Stunden schlummerst du vor dich hin. Und nach dem heutigen Stand wissen wir beide, dass diese Dämmerstunden keineswegs vergeudete Zeit sind, in der du nur Schnarchgeräusche und Flüssigkeiten von dir gibst. Du wirkst von außen zwar tot, dein Gehirn scheint abgeschaltet und dein Körper auf Off-Modus. Aber, mein lieber Schlafkumpane, die inneren Werte zählen. Und mit denen punkte ich in der oberen Klasse.

2. Du brauchst mich, um Entscheidungen zu treffen, Bullshit zu verarbeiten und neue Dinge zu lernen

Apropos innere Werte. Mit mir erhält dein Gehirn jede Nacht eine Rundumsarnierung. Du verarbeitest all die Dinge, die du am Tag erlebt und gelernt hast – weswegen du auch oft „eine Nacht über etwas schlafen“ musst. Oder dich besser gesagt mit mir beraten musst. Das ist nicht nur ein dummer Spruch, er entspricht der Wahrheit.

3. Je weniger wir beide zusammenkommen, desto mehr Probleme hast du am Hals

24 Stunden ohne eine Soiree mit mir wirken sich auf dich aus wie 1,0 Promille. Deine Körpertemperatur sinkt, du kannst dich nicht mehr konzentrieren, deine motorischen Reaktionen fühlen sich autistisch an und du dich schlapp wie eine gekochte Spaghetti. Sogar Halluzinationen könnten dich plagen.

4. Ich ermögliche dir Träume, damit du nicht durchdrehst

Ohne mich gäbe es nur noch das Tagträumen, und wir alle kennen das Schicksal von Hans-Guck-in-die-Luft. Die wiklich wichtigen Dinge träumst du mit mir, und davon nicht wenig. Laut dem Sigmund-Freud-Institut im Laufe deines Lebens rund 150.000 Träume. Hochgerechnet aufs Leben verbringst du etwa vier Jahre im Traumschlaf, auch REM-Schlaf genannt. Ein einzelner Traum dauert zwischen vier und 40 Minuten und kann Wunder bewirken. Paul McCartney behauptet bis heute, dass ihm die Melodie von Yesterday im Traum gekommen sei.

5. Ich bin wie guter Rotwein

Erst mit dem Alter beginnst du mich wirklich zu schätzen. In deinen jungen Jahren scheißt du ziemlich oft auf mich, kannst auch mal eine Nacht ohne. Als Kind weinst du sogar, nur damit du mit mir nicht alleine sein musst. Dabei sorge ich doch dafür, dass dein kleines Gehirn sich entwickelt! Aber je älter du wirst, desto mehr weißt du mich zu schätzen. Und sogar ein schnelles Nickerchen wird zum Highlight des Tages.

6. Ich bin komplex, sicherlich nicht „kompliziert“

Ich ziehe mich in Zyklen durch die Nacht. Alle 90 Minuten wechsle ich zwischen REM-Schlaf und dem Non-REM-Schlaf. Diese Zyklen wiederholen sich zirka drei- bis fünfmal pro Nacht. Wirklich tief schläfst du in den ersten beiden Zyklen, deswegen hatte deine Mama auch immer recht zu behaupten, du solltest früh ins Bett gehen. Nach den ersten beiden Zyklen ist dein Schlaf leichter, weil die Tiefschlafphasen zeitlich abnehmen und die REM-Phasen länger werden.

7. Wenn du Kummer und Sorgen hast, kommmen wir nachts im Bett einfach nicht auf einen Nenner

Die fette Büropräsentation am nächsten Tag, das kaputte Rohr im Bad, der sinnlose Streit mit der Kassiererin im Supermarkt. Es gibt so viele Dinge, mit denen du dich am Tag befassen musstest, und genau nachts im Bett überschwemmen sie dich wie Tsunamiwellen. Aber ich frage mich: Warum schiebst du die Schuld auf mich? Ist doch logisch, dass ich mich bei dieser Atmosphäre einfach nicht entspannen kann.

8. Es gibt praktische Tipps, wie du mit mir klarkommst

Wenn du abends um 21 Uhr mit Kippe und deinem „letzten“ Kaffee auf dem Balkon sitzt, das Handy mit extra viel Blaulicht in dein Gesicht hältst, um mit deiner Freundin via FaceTime über wirklich verwirrendes Zeug sinnierst – und dann noch auf die blendende Idee kommst, als Betthüpferl ein Glas Bordeaux den Rachen hinunterzukippen, dann habe ich leider kein Mitleid mit dir.

Lässt du nämlich genau diese Aktivitäten vor dem Schlafen weg – Nikotin, Koffein, Blaulicht, Alkohol und sorgenbehaftete Themen – dann könnten wir zwei eine so schöne Zeit haben. Wie wäre es mit Meditation, einem guten Buch und aus dem Schlafzimmer verbannten elektronischen Geräten? Probier es aus – aus Liebe zu mir.

9. Zu wenig und zu viel von mir sind schlecht für dich

Wenn du alle Punkte abgehakt hast, die uns stören könnten, ist die Welt wieder heil. Du bist ausgeruht, gut gelaunt, klüger, gesünder und schlanker. Aber warte, einen Haken gibt es hier. Zu viel von mir ist nämlich auch nicht gut. Tatsächlich sogar genauso schädlich wie zu wenig von mir. In beiden Fällen kann es schlecht um deine Lebensdauer aussehen. Okay, ich gebe es zu. Vielleicht bin ich doch nicht so unkompliziert.

10. Wenn du mit mir einfach nicht kannst, hol dir Hilfe

Aber kein Grund zum Verzagen. Was machen wir, wenn wir den Verstand verlieren? Wir holen uns Hilfe. Und wenn du Probleme mit mir hast, gilt genau dasselbe. Du kannst dir einen Schlaftherapeuten oder Schlafcoach suchen. Oder du machst dich auf eigene Faust schlau. Der Podcast „The Joe Rogan Experience“ mit Mathew Walker beispielsweise befasst sich mit allem rund um mich: Deine verschiedenen Schlafphasen, Träume und deren Ursachen, die Effekte eines Defizits von mir und was du dagegen tun kannst.

Ich weiß, manchmal kann ich eine richtige Ratte sein. Wenn du mich dringend brauchst, weil am nächsten Morgen ein wichtiges Gespräch mit deinem Chef ansteht, ziehe ich dir einen Strich durch die Rechnung und lasse dich bluten – beziehungsweise Netflix bis in die Morgenstunden schauen.

Aber wie alles und jeder im Leben bin auch ich nicht perfekt. Eigentlich wünsche ich dir aus tiefstem Herzen die erholsamsten REM-Phasen. Also, auch wenn du mich manchmal hasst und gemeine Memes über mich an deine Freunde weiterleitest: Wir beide wissen doch, dass du jede Nacht auf mich wartest. Also leg dich ins Bett und mach die Äuglein zu. Ich werde kommen – früher oder später.