Das Robert-Bosch-Krankenhaus ist ein Pionier beim Thema „Healing Art“. Deshalb hat nun auch die neue Corona-Station passgenaue Werke des in Düsseldorf lebenden Künstlers Chen Ruo Bing erhalten.

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Stuttgart - Im Krankenhaus werden die Tage oft lang, vor allem, wenn man als Corona-Patient nicht einmal Besuch empfangen darf. Im Stuttgarter Robert-Bosch-Krankenhaus können die Kranken sich nun auf Reisen begeben – zumindest in der Fantasie. Auf der neuen Covid-Station hängt in jedem Patientenzimmer Kunst. Es sind nicht wie in den meisten Kliniken Reproduktionen irgendwelcher Meisterwerke, sondern Originale. 19 Bilder hat der in Düsseldorf lebende Künstler Chen Ruo Bing für das Krankenhaus gemalt; Gemälde, die „eine meditative Ausstrahlung haben“, meint Isabel Grüner, die Kunstbeauftragte des Robert-Bosch-Krankenhauses. „Man kann eintauchen in die Farbfelder.“

 

Das Robert-Bosch-Krankenhaus ist ein Pionier beim Einsatz zeitgenössischer Kunst und hat schon vor mehr als zwanzig Jahren begonnen, mit Künstlerinnen und Künstlern zusammenzuarbeiten, die Werke für die Räume und spezifische Gegebenheiten entwerfen. Dabei geht es keineswegs nur um Kunstförderung, sondern die Kunst soll zur Genesung beitragen. Was zunächst eher intuitiv geschah, ist heute wissenschaftlich untermauert und nennt sich Healing Art. Denn Patienten, die von Kunst umgeben sind oder in einer gestalteten Umgebung liegen, regenerieren sich schneller. Kunst kann beruhigen, ablenken oder den Geist anregen. Ohne Reize werde das Gehirn dagegen schnell unruhig und fange an, sich selbst etwas auszudenken, sagt Isabel Grüner.

Die Werke müssen auf die Architektur eingehen

In allen Abteilungen des Robert-Bosch-Krankenhauses findet man inzwischen künstlerische Eingriffe – ob im Flur zum Bewegungsbad oder im Wartebereich der Radiologie. Als nun die alte Intensivstation umgebaut werden sollte, stellte sich die Frage, was tun mit den Fenstern zwischen den Zimmern, durch die das Pflegepersonal früher die Patienten im Auge behalten konnte. Man hätte sie mit Paneelen abdecken können, Isabel Grüner schlug dagegen vor, sie für die Kunst zu nutzen. Chen Ruo Bing griff die Maße der Fenster auf und fertigte passgenaue Gemälde. Deshalb sind seine Formate nun extrem breit und flach.

„Unser Markenzeichen ist, dass die Kunst auf den Ort eingeht und mit der Architektur kooperiert“, sagt Grüner. Für die Künstlerinnen und Künstler heißt das allerdings, dass sie sich arrangieren müssen mit den Gegebenheiten und auch das Wohl der Patienten im Blick haben müssen. Chen Ruo Bing erwies sich als guter Kandidat für Healing Art. Sein Zugang zur Malerei sei sehr sozial und verantwortungsbewusst, sagt Isabel Grüner. Ihm sei wichtig, dass die Bilder nicht Aggressionen auslösen, sondern eine positive Ausstrahlung haben. „Sie sind zurückhaltend, aber die Farbkraft ist enorm“, sagt sie. Chen Ruo Bing wurde 1970 in China geboren und hat zunächst traditionelle Tuschmalerei studiert, bevor er an die Düsseldorfer Kunstakademie wechselte. „Man sieht, dass er aus einer östlichen Gedankenwelt kommt, die er mit moderner Farbfeldmalerei verbindet“, sagt Grüner.

Die Reaktionen auf die Kunst im Krankenhaus sind gut

Wie die neuen Bilder bei den Covid-Kranken ankommen, weiß die Kunstreferentin noch nicht, denn auch sie kann die abgeschirmte Station derzeit nicht besuchen. Die Erfahrung zeigt aber, dass die Kunst dankbar aufgenommen wird. Die gesamte Atmosphäre der Klinik habe sich durch die inzwischen fünfzig Interventionen wesentlich verändert, und die Patienten würden schätzen, dass man sich auch auf diese Weise um ihr Wohlergehen kümmert. „Viele sagen auch, dass die Kunst ein Zeichen der Wertschätzung ist.“