Nürtingen setzt bei der traditionellen Kunstausstellung wieder auf große Namen. Wer allerdings Originale erwartet, wird bis auf wenige Ausnahmen enttäuscht.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Nürtingen - Das Konzept hat sich bewährt. Alljährlich kommen tausende Kunstfreunde aus der Region nach Nürtingen, um in der Kreuzkirche Werke meist weltberühmter Maler anzuschauen. Nun schon zum vierten Mal hat sich die Nürtinger Galeristin Brigitte Kuder-Broß für eine Doppelausstellung entschieden. Bis zum 25. Februar gibt es täglich – mit Ausnahme der Montage – jeweils von 12 bis 18 Uhr die Gelegenheit, in die Welt von Marc Chagall und Ernst Fuchs einzutauchen.

 

Auf den ersten Blick haben Chagall (1887 bis 1985) und Fuchs (1930 bis 2015) nicht wirklich viel Gemeinsamkeiten. Hier der in Weißrussland geborene Feingeist Marc Chagall, der in seinem fast 100-jährigen Leben mit Farben gezaubert und so die Menschen in seine Traumwelt entführt hat. Dort das Wiener Enfant terrible Ernst Fuchs, Maler, Bildhauer, Architekt, Autor, Philosoph und Vater von 16 Kindern – mit sieben oder acht Frauen, da gehen die Angaben auseinander. Was die beiden jüdischen Künstler eine, so Brigitte Kuder-Broß, seien ihre Träume und ihre Reflexionen über den Glauben, die sich auch in den Bildern der beiden Künstler, die sich einst flüchtig in Paris kennengelernt haben, widerspiegele.

110 Werke von Chagall, 45 von Ernst Fuchs

Die Ausstellung ist zweigeteilt: Im Erdgeschoss und auf der Empore zeigt die Galeristin rund 110 Werke von Marc Chagall. Die 45 farbenprächtigen Werke von Ernst Fuchs findet der Besucher unter dem Dach der Kreuzkirche. Dort sticht einem sofort das einzige Original von Fuchs, „Cinderella“ aus dem Jahr 1988, ins Auge. Wer dieses Werk nach der Ausstellung bei sich zu Hause aufhängen möchte, muss dafür 120 000 Euro ausgeben. Immerhin ist der wertvolle Rahmen im Preis inbegriffen.

Überhaupt: Originale spielen in der Ausstellungskonzeption von Brigitte Kuder-Broß keine wichtige Rolle. Auch von Marc Chagall ist nur ein Werk, nämlich „Rot und Schwarz“, zu sehen, dass es nur einmal gibt. Vielmehr zeigt sie zahlreiche Lithografien und Radierungen, die sie aus der gesamten Welt für die Ausstellung zusammengetragen hat. Bei Chagall habe sich das, so erzählt sie, durchaus als eine Herausforderung erwiesen. Leichter sei sie an die Werke von Ernst Fuchs herangekommen, die sie überwiegend aus der Stiftung des Malers zur Verfügung gestellt bekommen habe. Auch bei Fuchs sind es vor allem Lithografien und sogenannte Gicleés, Ausdrucke von großformatigen Bildern mit einem Tintenstrahldrucker.

Von der Kunst in die Altstadt

Der Nürtinger Oberbürgermeister Otmar Heirich begrüßt das Engagement der Galeristin, die Nürtingen immer zu Jahresbeginn zum Anziehungspunkt für Kunstinteressierte mache, die auf diese Weise dann auch die Schönheit Nürtingens entdecken könnten. Gewaltig ist schon jetzt die Nachfrage nach Führungen. 235 Mal werden die sechs ausgebildeten Fachfrauen Menschen durch die Bilderwelt führen. In 134 Fällen – das freut Otmar Heirich besonders – werden es Kindergartengruppen und Schulklassen sein, die auf diese Weise zum ersten Mal in Kontakt mit großen Namen der Bildenden Kunst kommen.

Aber auch ohne Anmeldung hat man die Chance, die Ausstellung erläutert zu bekommen: Dienstags bis freitags gibt es Führungen jeweils um 16 Uhr, samstags und sonntags zusätzlich um 15 Uhr. Und ein familiengerechtes Angebot steht an den Wochenenden um 14 Uhr auf dem Programm.