Von wegen armer Poet: Nana Hülsewig und Fender Schrade vom Künstlerkollektiv Naf zeigen in ihren neuen Arbeiten, warum kapitalismuskritische Performancekunst auch mal in einer Luxusherberge wie dem Stuttgarter Schlossgartenhotel stattfinden kann – oder auf dem Pragsattel.

Bauen/Wohnen/Architektur : Nicole Golombek (golo)

Stuttgart - Die Kunst, von der Kunst zu leben, beherrscht kaum jemand. Umso größer das Erstaunen, wenn das Stuttgarter Duo Naf, Nana Hülsewigund Fender Schrade, jetzt ins Schlossgartenhotel zum ironisch verspäteten Neujahrsempfang lädt. In Frack und Lackschuh, auf High Heels und im Minikleid begrüßen sie ihre Gäste, Häppchen und Sekt werden kredenzt. Sie zeigen Filmsequenzen, die sie auf Werbewänden am Pragsattel und am Flughafen eingeschmuggelt haben. Sie lassen Reden auf sich halten und feierlich ein Gemälde ihrer selbst enthüllen. Naf in Öl! Ein Kameramann filmt, eine Fotografin hält die Chose für die Ewigkeit fest.

 

Haben Hülsewig und Schrade im Lotto gewonnen? Im Moma in New York ausgestellt? Wurden sie zum Berliner Theatertreffen eingeladen? Nichts von alledem. Dies ist ihr jüngster Beitrag zur Frage, was einem Kunst wert ist.

Der Künstler der freien Szene ist gewöhnlich an unwirtlichen, abrissreifen Orten zu finden. Durch die Intervention im Luxushotel sowie auf Videowänden an Plätzen, wo die Ausstrahlung der Werbefilme teuer ist, dreht Naf den Spieß um: Es besetzt den öffentlichen Raum der neoliberalen Macher. Und auch das Gemälde im Schlossgartenhotel hat so gar nichts vom typischen Künstlerbild des „Armen Poeten“, der verschnupft unterm Schirm hängt in seinem Stübchen. Die US-Künstlerin Mary Sherman hat das Porträt von zwei Menschen gemalt, die es wohl geschafft haben. Stolz blicken sie den Betrachter an. In ihrer Mitte: ein Windhund. Fender Schrade und Nana Hülsewig – so viel Alte-Meister-Persiflage darf sein – tragen Halskrausen wie die Herrschaften, die sich einst in Öl verewigen ließen. Aber sie verweigern Samt und Seide. Der Hund zeigt sein glattes Fell, die Künstler posieren mit Haarbüscheln auf dem Dekolleté. Um es mit den Worten der Fantastischen Vier zu sagen: „Bevor wir fallen, fallen wir lieber auf“.

Naf hat sich ganz schön was geleistet. Gemeinsam pfeifen Hülsewig und Schrade auf die Sorge um die Existenz. Und der mitpfeifende Gast wird unversehens Teil des hintergründigen Künstlerdeals. Selten war Mitmachtheater so klug und prickelnd.