Mit ihrem ersten Sozialprojekt will die freie Kunstakademie geflüchtete Frauen mit Gerlingerinnen zusammen bringen – und die Welt ein Stückchen friedlicher machen.

Gerlingen - Es ist eigentlich nur ein kleines Stück Stoff, und trotzdem ist die Botschaft dahinter so viel größer. Zwar gibt es sie noch nicht, aber allein schon in der Absicht, selbstgemachte Fahnen zu gestalten, steckt der Wille, gemeinsam Frieden zu stiften. Ob bestickt, genäht oder bemalt – wie die rechteckigen, aus Stoffbahnen zugeschnittenen Fahnen später einmal aussehen werden, spielt dabei keine große Rolle. Vielmehr sollen sie später den Wunsch nach Frieden ausdrücken – eine Botschaft, die den Macherinnen besonders am Herzen liegt: Dort, wo sie herkommen, herrscht noch immer Krieg.

 

Kulturen sollen zusammen finden

Die Macherinnen, das sollen vor allem geflüchtete Frauen aus Gerlingen sein, die gemeinsam mit einheimischen Frauen ab dem 12. Juli zwei Mal im Monat Fahnen für den Frieden malen wollen. Ausgedacht haben sich das die beiden Leiterinnen der freien Kunstakademie Gerlingen: Ute Haselmaier und Simone Vöhse. Mit ihrem Projekt „Frieden auf die Fahne schreiben“ haben sich die beiden Großes vorgenommen: Integration durch Kunst. In den Räumen der Kunstakademie, genauer in einer großen Lagerhalle am Rande der Stadt, wollen sie Frauen aus unterschiedlichsten Kulturen zusammenbringen und in einem offenen Atelier gemeinsam knallbunte Fahnen für den Frieden kreieren .

Die fertigen Fahnen sollen später versteigert werden – allerdings nicht, bevor sie am Gerlinger Rathaus, aufgehängt wie die berühmten Gebetsfahnen in Tibet, sanft im Wind flatternd ihre Friedensbotschaft verkündet haben. Der Erlös soll an die Frauenrechtsorganisation Medica Mondiale gehen, die Frauen in Krisengebieten hilft. Das Malen für den Frieden wird von der Stadt unterstützt und soll sich später über Spenden weiterfinanzieren. „Jede kann kostenlos mitmachen“, sagt die Leiterin Simone Vöhse und betont: „Dafür muss man nicht künstlerisch begabt sein.“

Wohlfühlen ohne Kopftuch und Männer

Hinter dem Projekt steckt eine andere Idee: Begegnungsräume öffnen und zum Selbsthandeln animieren. Mit dabei sein dürfen auch die Kinder der geflüchteten Frauen. Wie wichtig das ist, weiß die Sozialarbeiterin Iva Slavova-Rempfer: „Sie sitzen sonst nur zuhause, weil sie ihre Kinder nicht alleine lassen wollen.“ In Gerlingen betreut Slavova-Rempfer 80 anerkannte Flüchtlinge und ist die Schnittstelle zwischen den Flüchtlingen und den Projektleitern. Sie hat im Vorfeld alle geflüchteten Frauen angesprochen und so neun Mütter begeistern können. Sie stammen aus Syrien und aus Afghanistan, aus Iran und dem Irak. „Für die Frauen ist es wichtig, auch mal das Kopftuch absetzen zu können und sich einfach wohlzufühlen, ganz ohne Männer“, weiß Slavova-Rempfer.

Bei den Treffen mit dabei ist auch die Künstlerin und Dozentin Sigrid Artmann aus Ludwigsburg. Sie freut sich schon darauf, die unterschiedlichen Sprachen künstlerisch umzusetzen. Was Artmann besonders interessiert: Wie sieht das Wort „Frieden“ in einer anderen Sprache aus? „Am Ende kommt so ein Dialog zustande, von dem beide Seiten lernen können“, hofft die Künstlerin. Sie hat die Willkommenskultur wörtlich genommen und „Herzlich Willkommen“ in 15 verschiedenen Sprachen auf eine Wandtafel geschrieben – die direkt am Eingang hängt.