Selfmade-Milliardärin mit 21 Jahren? Das It-Girl Kylie Jenner zeigt: Im Internet ist alles möglich.

Chefredaktion: Joachim Dorfs (jd)

Stuttgart - Am Freitag wird Kylie Jenner 21 Jahre alt. Das mag für Uneingeweihte unerheblich wirken, ist es aber nicht. Für alle, die sie nicht kennen: Kylie Jenner stammt aus dem Jenner-Kardashian-Clan, der in den USA mit einer Reality-TV-Show bekannt wurde. Sie ist Model und Unternehmerin. Und sie wird bis zum Jahresende, so prognostizierte jüngst das Forbes-Magazin, die jüngste Selfmade-Milliardärin der Welt sein. Ihr heutiges Vermögen wird auf 900 Millionen Dollar geschätzt.

 

Vordergründig verdient Kylie Jenner ihr Geld mit Lippenstiften. Tatsächlich ist die Basis ihres Vermögens vor allem sie selbst. Das It-Girl lässt buchstäblich die ganze Welt an ihrem Glamour-Leben teilhaben. Von ihrer Präsenz in Sozialen Medien können Weltkonzerne und Regierungen nur träumen. 112 Millionen Menschen folgen ihren Leben – und ihren Werbebotschaften – auf Instagram, 25 Millionen auf Twitter. Als sie ankündigte, sich bei Snapchat zurückzuziehen, einer vor allem bei Jugendlichen beliebten social-media-Plattform, hat das die Snap-Aktie in den Keller gejagt und einen Börsenwert von mehr als einer Milliarde Dollar vernichtet.

Jenner und ihr Clan stehen für die neue Internet-Wirtschaft

Jenner und ihr Clan stehen sinnbildlich für die neue Internet-Ökonomie. Die Vermögen der Gründerunternehmer der vergangenen Jahrzehnte basierten etwa auf technischen Innovationen, einer überragenden Vertriebsstrategie oder der effizientesten Produktion. Am Ende boten sie alle ein Produkt oder eine Dienstleistung an. Das ist heute anders, und das zeigt sich schon länger in der Unternehmenswelt. Booking Holdings ist der größte Tourismuskonzern der Welt. Er besitzt keine Hotels und keine Flugzeuge, sondern betreibt Buchungsplattformen, ist an der Börse aber mehr wert als alle Hotelketten und Fluggesellschaften der Welt zusammen. Zu den wertvollsten Mobilitätsunternehmen der Welt gehören die Fahrdienstleister Uber und der chinesische Wettbewerber Didi mit Firmenwerten zwischen 50 Milliarden und 60 Milliarden Dollar. Sie sind damit fast so teuer wie die Fahrzeughersteller Daimler oder BMW, haben aber noch nie ein Auto gebaut oder eine Taxiflotte betrieben.

Mit dieser Entwicklung einher geht eine dramatische Beschleunigung: Schraubenkönig Reinhold Würth brauchte Jahrzehnte bis zu seiner ersten Milliarde. Bis dahin hatte er ein Imperium mit vielen Tausend Angestellten aufgebaut. Kylie Jenner schaffte das in etwa drei Jahren – mit sieben Vollzeit- und fünf Teilzeitkräften.

Das Internet verschiebt die Macht zwischen Institutionen und Individuen

Im Internet verschiebt sich die Macht zwischen etablierten Unternehmen und den Newcomern. Im Wettbewerb um Kapital setzt sich das Prinzip Hoffnung durch. Perspektive ist alles. Es verschiebt sich aber auch die Macht zwischen Institutionen und dem Einzelnen. Ein Mesut Özil, (Noch-)Werbepartner von Daimler, bringt als Werbepartner 31 Millionen Fans auf Facebook und 23 Millionen auf Twitter mit. Im Idealfall ist das ein enormer Beschleuniger für die Werbewirkung und macht ihn noch viel wertvoller als andere bekannte Werbegesichter wie Özils ehemaligen Trainer Jogi Löw. Im Problemfall, wenn Özil an allen Medien vorbei über seine mächtigen social-media-accounts den Werbepartner kritisiert, tut es dem Unternehmen hingegen besonders weh.

Tesla-Gründer Elon Musk (22 Millionen Follower auf Twitter) hat seine Firma diese Woche mit dem Tweet, in dem er andeutete, Tesla womöglich von der Börse zu nehmen, sechs Milliarden Dollar wertvoller gemacht. Sein Gewinn: eine Milliarde Dollar. Doch Musk ist auch das beste Beispiel für die Kurzlebigkeit der neuen Internet-Ökonomie. Solange seine Aktionäre an die Tesla-Geschichte glauben, geht die Rallye weiter. Gibt es ernste Zweifel, kann das Gebilde sehr schnell einstürzen. Und da unterscheidet sich Musk dann nicht mehr so stark von Kylie Jenner.