Humor zur Entspannung, zur Krankheitsbewältigung, zum Krisenmanagement: Wer lacht, gewinnt. Lachyoga kann zur Entspannung beitragen – wie ein Beispiel aus Stuttgart zeigt.

Stuttgart - Acht Erwachsene stehen in einem Kreis und biegen sich vor Lachen. Die Hände auf den Knien kichern sie, prusten, haben Tränen in den Augen. Einen Grund dafür haben sie nicht, den brauchen sie auch gar nicht: Grundlos Lachen, aus purer Lebensfreude – dafür kommen sie einmal im Monat ins Stadtteilhaus Mitte zum Lachyoga. Ein kleiner, gedrungener Mann in roten Langarmshirt lacht besonders ausgelassen: Hans-Martin Bauer ist studierter Sozialpädagoge, humoristischer Therapeut und therapeutischer Clown. Und er ist überzeugt: „Humor spielt eine viel zu kleine Rolle – dabei ist er doch so wichtig!“

 

Imaginäres „Bogenschießen“

Humor zur Entspannung, zur Krankheitsbewältigung, zum Krisenmanagement: Wer lacht, gewinnt. Witze werden beim Lachyoga jedoch nur manchmal erzählt. Denn wie schon der „Guru of Giggling“ (Guru des Kicherns) und Erfinder des Lachyoga Madan Kataria feststellte, gehen die auch dem begabtesten Harlekin irgendwann aus. Vielmehr werden klassische Yogaübungen mit Atemübungen und viel Humor kombiniert. So zum Beispiel beim „Bogenschießen“: Man spannt einen imaginären Bogen bis zum Anschlag, beim Loslassen wird lauthals gelacht.

Fake it till you make it

Die Anspannung, die sich im „Bogen“ löst, ist auch im eigenen Körper spürbar: „Man kann richtig gut loslassen dabei, der ganze Stress fällt einfach ab. Es hilft, auch mal Quatsch machen zu können und das innere Kind zu entdecken“, erklärt Martin Müller, schon ein alter Hase im Lachyoga: Seit der Gründung des „Ersten Stuttgarter Lachtreffs“ ist er dabei. Das Prinzip beim Lachyoga: Fake it till you make it – Tu so als ob, bis du es wirklich schaffst. Aus den Übungen und dem „künstlichen“ Lachen soll ein echter Lachanfall entstehen.

Doch nicht nur zum Lachen ist Lachyoga gut: „Ich habe auch gelernt wieder zu weinen, das darf man hier nämlich auch“, berichtet Martin Müller. „Echter Humor fängt damit an, dass man die eigene Person nicht zu ernst nimmt“, wusste schon Schauspieler Pablo in Hesses „Steppenwolf“. Doch ist grundlos laut zu lachen, Emotionen zu zulassen, sich vor anderen „lächerlich“ zu machen gar nicht so einfach für sonst eher ernste, reservierte Teilnehmende. Mitmachen könne trotzdem jeder, sagt Hans-Martin Bauer: „Ganz wichtig ist es natürlich, ein Umfeld zu schaffen, in dem Vertrauen herrscht: Lachen ist hier kein Wettbewerb, ausgelacht wird schon gar keiner.“

Lachyoga in Salzgrotten und mit Führungskräften

Mit seinen vielfältigen Tätigkeiten kommt Hans-Martin Bauer viel herum. Er spricht auf Kongressen vor den „Landfrauen“, bildet Juristen und Ärzte fort, hielt Vorträge sogar schon in Thermen, Saunen und Salzgrotten. Er führt ein bewegtes Leben, ist sehr umtriebig. Im Gespräch driftet er manchmal weit ab und spricht voller Begeisterung über sein Tun: „ Lachen kann helfen, mit Schwierigkeiten im Leben umzugehen. Mit Corona, mit dem durchgestylten, schnelllebigen Leben, das wir führen sollen – all das kritisiere ich auch in meinen Vorträgen öfter, aber bewältige es mit Humor!“

20 Jahre „Erster Lachtreff Stuttgart“

Bisher habe er es immer geschafft, sein Klientel zum Lachen zu bringen – außer einem Teilnehmer in einer Gruppe Lehrer, dem bis zum Schluss kein Schmunzeln zu entlocken war. Kein Wunder, seien es ja bekanntlich Lehrer, die den Ernst des Lebens hüten. Neben den Vorträgen und Fortbildungen organisiert Hans-Martin Bauer monatliche Lachyogatreffs in Stuttgart, Pforzheim und Esslingen. Die Treffen in Stuttgart bestehen seit mittlerweile 20 Jahren, im Oktober wird das Jubiläum gefeiert. Das ist ein stattliches Alter für einen Lachtreff: 1995 gründetet sich der erste in Indien, es dauerte ein paar Jahre, bis die Bewegung auch in Deutschland ankam: „Ich war einer der Ersten, der sich mit Humor zu Therapiezwecken beschäftigt hat. Von vielen wurde ich am Anfang schief angeschaut, aber das dranbleiben hat sich bewährt“, ist sich Hans-Martin Bauer sicher. Mittlerweile kommen zu den Veranstaltungen des Stuttgarter Lachtreffs regelmäßig 15 „Stammteilnehmende“.

Wirkung von Lachyoga nicht wissenschaftlich nachgewiesen

Warum? „Lachen ist gesund“, sagt der Volksmund. Und auch Bauer ist sich sicher: Lachen kann eine heilende Wirkung haben. Er arbeitet mit Menschen mit Multipler Sklerose, mit Tinnituspatienten und Gesichtsversehrten zusammen: „Ganz oft bekomme ich die Rückmeldung, dass Lachyoga nachhaltig hilft, dass es mehr ist als Unterhaltung.“ Ob Lachyoga wirklich eine schmerzlindernde oder sogar heilende Wirkung hat, ist wissenschaftlich nicht nachgewiesen. Doch in der Abschlussrunde des Treffs berichtet eine Teilnehmerin von ihren chronischen Schmerzen, wegen denen sie fast nicht gekommen sei. Während des Treffens seien aber alle Leiden wie weggeblasen, weil sie sich auf etwas anderes habe konzentrieren und „mal abschalten“ können. Denn schon der Volksmund weiß ja: „Wer zuletzt lacht, lacht am besten.“

Lachtreff im Stadtteilhaus Mitte