Bald ist der internationale Tag des Hundes. Es gibt einen Ort in Stuttgart-Sillenbuch, da ist das jeden Tag der Fall. Denn in einem ungewöhnlichen Laden werden Leinen, Halsbänder und anderes von Hand gefertigt.

Sillenbuch - Ben ist schuld. Wäre der hellbraune Hund, Typ griechischer Straßenmix, nicht gewesen, wäre das Leben von Susanne und Andreas Schazmann anders verlaufen. Dann hätten die Eheleute aus Sillenbuch beim Gassigehen nicht festgestellt, dass ihnen das gekaufte Zubehör irgendwie nicht liegt. Dann hätte sich das Duo nicht daran gemacht, eigene Accessoires aus Gurtband für den ehemaligen Tierheimhund anzufertigen. Dann hätten andere Hundehalter die Schazmanns nicht auf ihre praktische Leine, die durch einen einfachen Zug durch eine Schluppe von 1,30 auf 2,50 Meter verlängert werden kann, angesprochen. Und dann hätten die Erfinder nicht im Wohnzimmer weitergetüftelt und schließlich eine Leinenmanufaktur gegründet. Nein, ohne Ben wäre das alles nicht möglich gewesen.

 

Es gibt noch mehrere andere Tage rund um den Hund

Im Februar 2015 ist der Hund gestorben, aber er ist immer noch da. Sein Foto steht auf der Ladentheke, und seine stilisierte Silhouette ist das Logo von Pro Cane. Anfang Juni feiern die Deutschen den nationalen Tag des Hundes – nicht zu verwechseln mit dem internationalen Nimm-deinen-Hund-zur-Arbeit-Tag, der am 26. Juni begangen wird, dem weltweiten Tag des Mischlingshundes am 31. Juli oder dem Welt-Hundetag am 10. Oktober.

In dem Laden in Sillenbuch wiederum ist jeder Tag ein Hundetag. Bettchen, Futter, Spielzeug, „wir haben alles, was der Hund braucht“, sagt Andreas Schazmann. Das Herzstück des Ladens ist jedoch in einem Nebenraum. Sechs große Nähmaschinen stehen in der Werkstatt. Kunterbunte Neopren-, Fleece- und Softshell-Stoffe, Garne und Bordüren stapeln sich bis unters Dach. Leinen, Geschirre, Halsbänder sowie orthopädische Hilfsmittel entstehen hier in Handarbeit. „Jedes Ding, wo unser Logo drauf ist, ist hier in Sillenbuch gemacht“, versichert Andreas Schazmann.

Nadel und Faden sind ihm und seiner Frau keinesfalls fremd. Der 54-Jährige entstammt einer Familie von Sattlern und Täschnern, „da war ich als Kind schon immer von den Nähmaschinen begeistert“. Susanne Schazmann (53) wiederum hat mit ihrer Oma schon als Kind gehäkelt und gestrickt.

Vermeintliche Problemfälle sind ihre Steckenpferde

Aus der Passion ist ein Business geworden. Die Marke Pro Cane – zu Deutsch: für den Hund – hat das Ehepaar 2005 eintragen lassen, der Laden an der Kirchheimer Straße wurde vor mehr als zehn Jahren bezogen. Anfangs seien die Geschäftsleute mit ihrem etwas anderen Sortiment belächelt worden. „Heute sind wir auf jedem Kontinent vertreten. Bis auf die Arktis und die Antarktis“, sagt Andreas Schazmann. Vom Jagd- über den Polizei- bis zum Schlittenhund, vom Chihuahua bis zur Deutschen Dogge – die Eheleute hatten sie alle. Vor allem die vermeintlichen Problemfälle sind ihre Steckenpferde, wie sie sagen. „Etwas für sehr kleine oder sehr große Hunde zu finden, ist schwierig“, sagt Andreas Schazmann. Jedes Tier wird vermessen. Und nicht nur das. „Ich beobachte jeden Hund.“ Wie agil ist er, wie muskulös, wie funktioniert der Bewegungsapparat? Dieser Service beschert dem Hundeladen nach eigenen Angaben Kunden aus ganz Deutschland.

Die Corona-Krise ist auch an den Schazmanns nicht spurlos vorübergegangen. Schließen musste das Geschäft nicht, weil es Futtermittel führt, allerdings wurden die Öffnungszeiten verkürzt. „Unsere Kundschaft ist uns in der Krise treu geblieben“, sagt Susanne Schazmann. Glück im Unglück: Aufträge, für die zuletzt eine lange Lieferzeit eingeplant werden musste, konnten abgearbeitet werden. Außerdem hatten die Hundefans etwas mehr Zeit für Alexander von Württemberg, genannt Gibbs. Ihren fünf Jahre alten Landseer-Rüden. Und wer weiß, auf welche Ideen der sie noch bringt.