Vor mehr als 70 Jahren am Feuersee gegründet, hat das Farbenhaus Liebig schon über ein halbes Jahrhundert an der Schwabstraße auf dem Buckel. Heute führt Patrick Lott die Geschäfte.

S-West - Gäbe es ein Lied, das Patrick Lotts Leben zusammenfasst, es wäre „Paint it Black“ von den Rolling Stones. Weil der Inhaber des traditionsreichen Farbenhauses Liebig an der Schwabstraße alles über Farben, Lacke und Pinsel weiß. Und weil der 46-Jährige im Herzen ein leidenschaftlicher Rock‘n‘Roller geblieben ist.

 

Lange bevor er der Herr der Farbtöpfe wurde, hatte Lott eine Karriere als Rockmusiker. Er spielte zeitweise in fünf Bands gleichzeitig, gab Unterricht, lebte das Leben eines wandernden Troubadours. „Das waren tolle Zeiten, auf die ich wirklich nicht verzichten will“, sagt er heute, einige Jahrzehnte später, im Hinterzimmer des Geschäfts. „Aber so ein Lebensstil ist nicht mit einer Beziehung vereinbar.“ Lott entschied sich für seine Frau.

Die ist seit 25 Jahren an seiner Seite, gemeinsam führen sie das 1949 von Josef Liebig gegründete Unternehmen fort. 2011 hat Lott die Geschäfte übernommen, schon zuvor führte er Aufträge für das Unternehmen aus. „Mein Vorgänger Hans-Werner Hechinger wollte den Laden aus gesundheitlichen Gründen abgeben, er hätte ihn sonst dicht gemacht.“ Dass so ein Traditionsgeschäft einfach zuschließt und für immer aus dem Stadtbild verschwindet, war für den Traditionalisten Lott undenkbar.

Seit über 50 Jahren gibt es den Laden an der Schwabstraße, zuvor war Farben Liebig fast 20 Jahre lang am Feuersee zuhause. Eine echte Westgeschichte also, die er nicht einfach enden lassen wollte.

Doch so sehr er es genießt, sein eigener Herr zu sein: Rund lief es seither nicht immer. In Vergessenheit geraten die kleinen Läden nicht, betont Lott. Es wird ihnen und den Kunden schwerer gemacht. „Wer nach Feierabend mit dem Auto zu uns kommt, findet keinen Parkplatz.“ Weil so ein Farbeimer schon ein bisschen was wiegt, ist das aber essenziell. Die Folge: Man stellt sich ins Halteverbot, kriegt prompt einen Strafzettel. „Mehr als ein Kunde sagte mir, dass er deswegen nicht mehr kommt.“

Da haben es die Baumärkte in der Peripherie der Stadt leichter, die Vollsortimenter sind eine Konkurrenz für ihn.

Kleine Betriebe haben es inzwischen schwer – feste Mitarbeiter können sie sich kaum leisten

Ein wenig Verbitterung schwingt in diesen Worten schon mit. Den Spaß an seinem Beruf, an seinem Betrieb lässt er sich davon nicht nehmen. „Wir müssen nur schauen, wie wir mit dieser Situation zurechtkommen“, meint er und lässt ein vielsagendes Schweigen folgen. Konkret heißt das: Aus den festangestellten Mitarbeitern sind Aushilfen geworden, außer ihm und seiner Frau ist nur noch die Hündin Cara Teil der festen Belegschaft.

Aber das sei wie bei vielen anderen Traditionsgeschäften, also wolle er sich nicht beklagen. „Ich kann das Geschäft halten, weil wir ein ausführender Betrieb sind“, sagt er. Soll heißen: Vom Farbmischservice über das Verlegen von Böden bis hin zu Renovierungsarbeiten können Lott und seinem Team alles übernehmen. „Zudem sind wir ein Fachgeschäft, dessen Produkte nicht in einem normalen Baumarkt zu kaufen sind.“

Wer ein wenig Zeit hat, der kann sich von Farbenenthusiast Lott den Unterschied zwischen einer herkömmlichen Wandfarbe und dem Profiprodukt erklären lassen. Und viele der Kunden kommen mit ein wenig Zeit: Fachkräfte geben sich bei ihm die Klinke in die Hand. Sie kaufen nicht immer bei ihm ein. Manchmal kommen sie auf einen Schwatz vorbei, trinken eine Tasse Kaffee, rauchen eine Zigarette und gehen wieder. Hobby-Heimwerker und Eigenheimbesitzer gehören zu seinen Stammkunden.

Im Westen zu Hause geblieben

Er ist im Westen groß geworden. „Heute wohnen wir in Leinfelden, aber mein Leben spielt sich unter der Woche im Westen ab“, sagt er. Seine Einkäufe erledigt er im Bezirk, vom Gemüse bis zur Brille. Er sieht das als Support des Quartiers.

Mit dem Internet könne er nicht mithalten, gibt er mit einem zerknirschten Lächeln zu, dafür gäbe es bei ihm Beratung, Hilfe und Tipps. „Wenn es knifflig wird, mache ich Hausbesuche“, sagt er. Bei zwölf bis 14 Stunden Arbeit pro Tag keine Selbstverständlichkeit. Das Feierabendbier in der Roten Kapelle ist dann durchaus verdient.