Die Osterbronnstraße soll für Radfahrer attraktiver und sicherer werden. Mit der Umgestaltung könnten jedoch zahlreiche Parkplätze entfallen. Geschäftsleute in Stuttgart-Dürrlewang äußern massive Kritik an den Plänen.

Manteldesk: Sandra Hintermayr (shi)

Dürrlewang - Im Rahmen der Sozialen Stadt Dürrlewang soll der Stadtteil aufgewertet werden. Dazu gehört die Umgestaltung des Dürrlewang-Parks, die nun abgeschlossen ist, ebenso wie die geplante Umgestaltung der Osterbronnstraße. Während zu Beginn des Projekts vor wenigen Jahren die Verkehrsberuhigung das Hauptthema war, sind nun die Radfahrer in den Fokus gerückt. „Stuttgart hat das Ziel, zu einer Fahrradstadt zu werden und bis 2030 den Radverkehrsanteil auf 25 Prozent zu erhöhen“, erklärt Nora Lenz-Gaspary, eine Sprecherin der Stadt. „Um diese Ziel zu erreichen, müssen sichere, attraktive und direkte Radverkehrsverbindungen auch für den Alltagsverkehr, also für Arbeits- und Einkaufswege, geschaffen werden.“ Die Osterbronnstraße sei so eine direkte Verbindung, nämlich zum Synergiepark Vaihingen/Möhringen, und sie biete Einkaufsmöglichkeiten.

 

Einzelhandel kritisiert Entfall der Parkplätze

Die Dürrlewanger Händler allerdings üben massive Kritik an den Plänen. Sie fürchten, dass ihre Geschäfte darunter leiden, wenn zugunsten der Radverbindungen Parkplätze an der Osterbronnstraße entfallen. „Unsere Mitarbeiter beginnen nachts zwischen 2 und 5 Uhr, da haben sie nur die Möglichkeit, mit dem Auto zu kommen, weil der ÖPNV zu der Zeit nicht fährt“, sagt Holger Bausch, der Geschäftsführer der gleichnamigen Bäckerei und Konditorei. Teilweise hätten seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weite Anfahrten, etwa aus Sindelfingen oder Böblingen. Ohne Parkplätze an der Osterbronnstraße hätten sie keine Möglichkeiten mehr, ihre Autos abzustellen. Die Seitenstraßen seien durch parkende Anwohner belegt, „erst recht nachts“, sagt Bausch.

Lesen Sie aus unserem Angebot: Großes Paket mit vielen kleinen Maßnahmen

Und: „Wenn Parkplätze entfallen, betrifft das auch unsere Lieferanten. Wo soll dann unser Mehllieferant parken?“, fragt er. Auch die Kundschaft des Bioland-Bäckers käme teilweise von außerhalb Dürrlewangs und halte zum Beispiel auf dem Weg zur Arbeit kurz bei der Bäckerei – auch sie brauchten Parkplätze. „Ich bin nicht gegen Radwege“, betont Holger Bausch. „Aber der Wegfall der Parkplätze ist für uns schwierig.“ Er spreche nicht nur für seinen Betrieb, sondern auch für die anderen Geschäfte an der Osterbronnstraße. „Wir leben alle nicht von den Kunden, die vor Ort wohnen“, sagt Bausch.

„Ich bin selbst auch Radfahrer und nutze die Osterbronnstraße auch“, sagt der Geschäftsführer. Er sehe die Straße nicht als so gefährlich an, dass ein Umbau zugunsten der Radfahrer zwingend sei. Die meisten Radler, die er kenne, sähen das ähnlich – oder aber sie nutzten ohnehin Parallelstraßen zur Osterbronnstraße. Die Stadtsprecherin erklärt dazu: „Entlang der Schönbuchstraße/Robert-Koch-Straße verläuft die Hauptradroute 9. Diese ist eine wichtige Verbindung ins Vaihinger Zentrum und nach Leinfelden-Echterdingen. Hier sind bereits Radverkehrsanlagen vorhanden.“ Entlang der Stadtbahnlinie U 12 seien zudem Radverkehrsanlagen an der Galileistraße und am Wallgraben realisiert worden. „Sprich, die Osterbronnstraße ist ein wichtiges Element im Radnetz von Vaihingen“, sagt Lenz-Gaspary. Perspektivisch soll zudem in Verlängerung der Osterbronnstraße die Verbindung zum Radschnellweg nach Böblingen entlang der Steigstraße und der Mußberger Straße für den Radverkehr aufgewertet werden.

Verschiedene Varianten für Radverkehr

Bei einem Vor-Ort-Termin Ende Juni haben Vertreter der Stuttgarter Stadtverwaltung den Dürrlewangern den Planungsstand zur Umgestaltung zwischen der Kreuzung mit der Galileistraße und der Bahnunterführung nahe des Kreisverkehrs in Rohr erläutert. Mehrere Varianten sind denkbar. Es könnten beidseitig zwei Meter breite Radfahrstreifen angelegt werden, damit würden allerdings nur sieben Parkplätze auf der Süd-Ost-Seite erhalten bleiben. Oder aber es könnten beidseitig anderthalb Meter breite Radschutzstreifen eingerichtet werden, damit würden 64 Parkplätze bestehen bleiben. In der dritten Variante ist von Piktogrammspuren die Rede, der bauliche Querschnitt sei analog der Variante mit der Schutzstreifenplanung. 63 Parkplätze würden dabei erhalten bleiben.

Lesen Sie aus unserem Angebot: Stuttgart will Fahrradstadt werden

„Seitens der Fachverwaltung wird die Variante mit Schutzstreifen/Piktogrammspur zur Umsetzung empfohlen. Hier würde nur rund die Hälfte der Parkplätze entfallen“, sagt Sprecherin Nora Lenz-Gaspary nach Rücksprache mit dem zuständigen Referat für Städtebau, Wohnen und Umwelt. Im westlichen Bereich der Osterbronnstraße bildet die Bahnunterführung eine Engstelle. „Hier gibt es keine Möglichkeit für eine separate Radverkehrsführung. In der Weiterführung ist ein einseitiger Radfahrstreifen in Steigungsrichtung bis zum Kreisverkehr in Rohr Mitte vorgesehen“, sagt Lenz-Gaspary.

Holger Bausch sagt, er und die Dürrlewanger wollten sich weiterhin für den Erhalt möglichst vieler Parkplätze einsetzen. Er wünscht sich Gesprächsbereitschaft seitens der Verwaltung, „um einen guten Kompromiss zu finden“, sagt er.

Der neue Dürrlewang-Park

Eröffnung
Der Stuttgarter Baubürgermeister Peter Pätzold und der Vaihinger Bezirksvorsteher Kai Jehle-Mungenast eröffnen am Samstag, 24. Juli, offiziell den neu gestalteten Dürrlewang-Park. Die kleine Feierstunde beginnt um 11 Uhr am Fontainenfeld. Von 11.30 Uhr an sind alle eingeladen, die Anlage zu erkunden, so zum Beispiel den märchenhaften Spielplatz und die offenen Büchervitrinen. Für Sportliche stehen Boulebahn, Tischtennis, Tischkicker und Slackline bereit. Das Fontainenfeld sprüht Wasser. Die Geschäfte und Einrichtungen an der Ladenzeile sind geöffnet und haben Überraschungen vorbereitet. Ende ist gegen 14 Uhr.

Soziale Stadt
Seit Oktober 2015 ist Dürrlewang im Förderprogramm „Soziale Stadt“. Das bedeutet, dass die Kommune Zuschüsse von Land und vom Bund bekommt, um den Stadtteil schöner zu machen. Einer der ersten Schritte war die Neugestaltung des Dürrlewang-Parks. Das Ziel war es, attraktive Aufenthaltsbereiche im Park und insbesondere auch vor den Ladengeschäften zu erhalten beziehungsweise neu zu schaffen. Auf dem Quartiersplatz soll gefeiert werden. Die Gesamtkosten betrugen 2,22 Millionen Euro.