Tarzans Hängematte, ein Boot oder doch eine Wiege? Land-Art-Künstler David Klopp hat vor kurzem das sechste Kunstwerk für die Remstal-Gartenschau fertig gestellt. Er will mit seinen Werken auch Menschen erreichen, die sich sonst weniger für Kunst interessieren.

Weinstadt - Gemächlich fließt die Rems dahin. Über ihr, scheinbar in der Luft schwebend, wiegt sich zwischen dem Birkelwehr und der Bootsanlegestelle Trappeler ein bootsförmiges Geflecht aus Weidenruten sacht im Wind, der zudem die Fransen aus Naturbast an seiner Unterseite flattern lässt.

 

David Klopp betrachtet das sanfte Spiel der Naturkräfte mit der Remswiege fasziniert. „Das habe ich noch gar nicht gesehen, dass sie sich nicht nur seitwärts, sondern auch hoch- und runterbewegt“, sagt er überrascht über sein eigenes Kunstwerk. Die Remswiege ist das sechste Projekt, das der Winterbacher Künstler für die Remstal-Gartenschau geschaffen hat – nach dem Weißen Pfad in seiner Heimatstadt, dem Sonnenrad in Remshalden, dem Grünen Portal in Schorndorf, dem Spiegelbogen in Plüderhausen und dem Gänsenest in Remseck am Neckar.

Knieprobleme haben David Klopp zur Land-Art gebracht

Ganz bewusst fertige er seine Werke aus Naturmaterialien, sagt Klopp. Dabei hat er die Land-Art als Kunstströmung durch eine eher unschöne Geschichte für sich entdeckt. Miniskusrisse in beiden Knien hätten ihn damals in seinem Bewegungsdrang gebremst und für all das, was sich links und rechts am Wegesrand findet, aufmerksam gemacht, erzählt der 40-Jährige. „Wenn man sich auf weniges beschränkt, wird man kreativ.“

Zudem finde er spannend, wie vielseitig Naturmaterialien sind, und was sich ganz ohne Schrauben aus ihnen alles machen lasse. Für die Remswiege indes ist Klopp ein Materialmix eingegangen. Denn aufgehängt ist sie an einem Hochleistungsseil. Obwohl nur drei Millimeter stark, besitze es eine Tragkraft von einer Tonne, erklärt der Künstler über die so gut wie unsichtbare Befestigung seines Kunstwerks.

Die Installation der Remswiege war aufwendig

Aufwendig sei die Installation der Remswiege gewesen, erzählt Klopp. Über eine acht Meter lange Leiter kletterte der Künstler höchstpersönlich an zwei Bäumen links und rechts des Flussufers hinauf, brachte zunächst ein dickeres Montageseil an, um die Remswiege daran hinaufziehen zu können, und spannte anschließend erst das Spezialseil. Der Weinstädter Ingenieur Albrecht Eiber habe ihn dabei unterstützt und sein Fachwissen eingebracht. „Denn da wirken ganz schöne Kräfte.“

Auch beim Bau der fünf Meter langen Wiege hat Klopp fachmännische Hilfe bekommen – und zwar durch den Schreiner Wolfgang Schmid aus Remshalden. Die Stadt Weinstadt baute für Klopp zudem direkt vor Ort an der Birkelspitze eine mobile Werkstatt auf, wo er zwei Wochen lang seine Idee in die Tat umsetzte.

Bei der Planung der Remswiege ging’s auch um den Hochwasserschutz

Die Planungszeit indes hat mit mehr als einem Jahr wesentlich länger gedauert. Schließlich galt es Kriterien des Hochwasserschutzes zu beachten. Selbst also wenn es ein Jahrhunderthochwasser geben würde, würde Klopps Remswiege davon unbeeindruckt weiterhin über dem Wasserspiegel schweben.

Und wie kommt er auf seine Ideen? „Das ist ein Prozess.“ Dabei schaue er sich verschiedene Orte an und folge dann seinem ersten Impuls. Im Fall von Weinstadt sei er jedoch konkret gefragt worden, ob er etwas zum Thema Wiege machen könne. Schließlich schmückt sich die Stadt zur Gartenschau mit dem Motto „Weinstadt - die Wiege Württembergs“, mit welchem sie auf ihre landesgeschichtliche Bedeutung hinweist. Denn Luitgard von Beutelsbach, die als Stammmutter des Hauses Württemberg gilt, lebte in der dortigen Burg auf dem Kappelberg.

Boot, Wiege oder Tarzans Hängematte?

Um wiederum Bezug zur Rems zu nehmen, wählte Klopp die bootsförmige Gestaltung seiner Wiege. „Die Wiege ist wie aus dem Wasser gehoben und der Bast wie Algen, die an ihr hängen geblieben sind.“ So symbolisiere sie das Leben. Der helle Bast unterstreiche dabei ihre Form und verdeutliche ihre Bewegungen. Doch ist Klopp auch offen für die Interpretationen der Betrachter seiner Kunst und beweist dabei Sinn für Humor.

Ob das Tarzans Hängematte sei, habe ihn eine Brasilianerin gefragt, die ihn beim Aufhängen der Wiege beobachtet habe, erzählt der Künstler und lacht. „Ich finde es spannend, mit meinen Werken Leute zu erreichen, die sich sonst nicht für Kunst interessieren.“ Dabei lohnt es sich, Klopps Remswiege mehrfach zu besichtigen. Denn Wind und Wetter ausgesetzt bietet sie ihren Betrachtern immer wieder andere Schauspiele. Ein lebendiges Kunstwerk, das mit seiner Eigendynamik selbst ihren Erschaffer zu überraschen vermag.