Seit Januar bekommen Veranstalter von Leistungsschauen kein Geld mehr vom Land Baden-Württemberg. Die Kritik ist harsch, allerdings nicht überall.

Klima & Nachhaltigkeit: Judith A. Sägesser (ana)

Filder - Die Hilfe für Handwerker und Geschäftsleute ist Geschichte. Seit Jahresbeginn überweist das Land kein Geld mehr, um die Veranstalter örtlicher Leistungsschauen zu unterstützen. In der Vergangenheit gab es für diesen Zweck ein Budget in Höhe von 150 000 Euro. Die grün-rote Landesregierung hat diesen Posten nun von ihrer Ausgabenliste getilgt.

 

„Die Streichung ist ein mittelstandspolitischer Offenbarungseid der grün-roten Landesregierung“, sagte Günther Hieber im Februar. Er ist der Präsident des Bundes der Selbstständigen (BDS) Baden-Württemberg. Und auch die Gemeinderats-FDP zeigte sich jüngst in einer Pressemitteilung verärgert. „Wir kritisieren diese mittelstandsfeindliche Einstellung, die auch die Handels- und Gewerbevereine in Stuttgart trifft“, schreiben die Liberalen.

In den Bezirken unterm Fernsehturm verhallt die Neuerung indessen kritiklos. Die Gewerbetreibenden in Birkach, Plieningen, Sillenbuch und Degerloch haben keinen Nachteil davon, dass das Land die Zuschüsse gestrichen hat. In Birkach, Plieningen und Sillenbuch liegt dies daran, dass es gar keine Leistungsschauen gibt.

Degerloch kommt ohne die Zuschüsse aus

Vor etwa 15 Jahren habe die Plieninger Leistungsgemeinschaft (PLG) eine solche Veranstaltung im Gewerbegebiet Entenäcker organisiert, sagt der einstige PLG-Chef Hans-Dieter Gehring. „Das war aber als einmalige Sache gedacht“, sagt er. Zuschüsse hatten sie damals keine beantragt. In Birkach ist es etwa zehn Jahre her, dass die Handwerker den Leuten gezeigt haben, was sie können, sagt der Maler Hans Lehmann, der einst zwei der Leistungsschauen organisiert hatte. Die Einzelhändler bemängelten immer wieder, sie kämen zu kurz. Inzwischen hat der verkaufsoffene Sonntag die Leistungsschau abgelöst. „Jetzt sind eben die Handwerker unterrepräsentiert“, sagt der Lehmann.

Degerloch ist der einzige Stadtbezirk unterm Fernsehturm, in dem es eine Leistungsschau gibt – noch. Denn vor wenigen Monaten stand auf der Kippe, ob der Gewerbe- und Handelsverein (GHV) dieses Jahr überhaupt zum 21. Maimarkt laden wird. Zu wenige Aussteller hatten sich angemeldet. Dass die traditionelle Veranstaltung am 12. Mai doch zustande kommt, ist einer Eilumfrage zu verdanken. Wegen ihr haben sich 45 Teilnehmer gefunden, die nicht wollen, dass der Maimarkt stirbt.

Der Maimarkt kostet etwa 15 000 Euro

„Man braucht eine gewisse Teilnehmerzahl, weil man fixe Kosten hat“, sagt Rolf Reihle, einer der Organisatoren. Die Ausgaben für den Maimarkt liegen bei etwa 15 000 Euro, sagt Reihle. Das Geld braucht der GHV beispielsweise für die Straßensperre, Genehmigungen oder die Musikband. Den Ausgaben stehen Einnahmen in Höhe von 10 000 Euro gegenüber. Die Differenz begleicht die Werbegemeinschaft Degerloch, eine Untergruppe des örtlichen Gewerbe- und Handelsvereins.

Trotz der hohen Kosten hat der GHV Degerloch in den vergangenen Jahren auf den Landeszuschuss verzichtet. Es sei zu aufwendig, das Geld zu beantragen, sagt Reihle. Als der GHV noch BDS-Mitglied war, habe der BDS derlei erledigt. Irgendwann ist den Degerlochern die BDS-Mitgliedschaft zu teuer geworden. Sie wollten sich den Beitrag von 12 000 Euro im Jahr sparen, sagt Reihle. Das komme den GHV unter dem Strich immer noch günstiger, auch wenn seither die Landesmittel für den Maimarkt weggefallen sind.

Der Zuschuss sei bereits seit 1998 umstritten

Diese stehen nun sowieso nicht mehr zur Debatte. Die Landesregierung hat die 150 000 Euro aus zweierlei Gründen abgeschafft, sagt Frank Kupferschmidt, ein Sprecher des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft. „Zum einen wegen der Haushaltskonsolidierung“, zum anderen sei die Zugabe zu Leistungsschauen bereits unter Schwarz-Gelb kontrovers diskutiert worden. Der Bundesrechnungshof habe 1998 Bedenken angemeldet, „er vermutete Mitnahmeeffekte“, sagt Kupferschmidt.

Heißt: Die Landeszuschüsse waren für die Leistungsschauen nicht ausschlaggebend, sondern ein willkommenes Extra. „Die Gesamtkosten sind deutlich höher als die Zuschüsse“, sagt Kupferschmidt, „die Veranstaltungen hätten trotzdem stattgefunden“. Im Durchschnitt hat das Land je Leistungsschau 1500 Euro gegeben; war die Veranstaltung auch eine Energieschau, gab es 750 Euro obendrauf. Das Budget wurde „immer komplett ausgeschöpft“, sagt Kupferschmidt. Im Jahr 2011 haben 96 Veranstalter davon profitiert, 2010 waren es 114.