Bei Frauen hat die Landes-CDU einen schweren Stand. Nun will die Partei weiblicher werden – doch über die Wege dorthin gibt es kontroverse Diskussionen.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Es wird ernst gemacht mit der Frauenförderung bei der Südwest-CDU - jedenfalls, wenn es nach Katrin Schütz geht. Um den Anteil der weiblichen Mitglieder (derzeit kümmerliche 22 Prozent) zu steigern, setzt die Karlsruher Landtagsabgeordnete, Vizelandeschefin der Frauenunion und Initiatorin des Projekts „Frauen im Fokus“ auf Zuckerbrot und Peitsche. Alle Funktionäre will sie verpflichten, mehr Frauen für die Partei zu gewinnen: Abgeordnete sollen binnen eines halben Jahres mindestens zehn neue Christdemokratinnen werben, Kreisvorsitzende mindestens drei.

 

Das Zuckerbrot: Wer das Soll am meisten überschreitet, wird auf einem Landesparteitag und in der Mitgliederzeitschrift „CDU intern“ ausgezeichnet – als leuchtendes Vorbild. Die Peitsche: Auch die jeweils zehn schlechtesten Werber werden in der Parteipostille „ausdrücklich aufgelistet“, also an den Pranger gestellt. So steht es in einem internen Strategiepapier von Schütz („Arbeitsgruppe Frauen im Fokus – Zusammenfassung der Ergebnisse“), das in einer überarbeiteten Version nebst anderen Papieren am Wochenende bei der traditionellen CDU-Klausur im Kloster Schöntal diskutiert werden soll.

Erschütternde Ergebnisse einer Umfrage

Die Union und die Frauen – das wird eines der Schwerpunktthemen beim Jahresauftakttreffen der Mandats- und Funktionsträger sein. Erst referiert der Politologe Oscar Gabriel dort über die Ergebnisse einer Umfrage, die als „ernüchternd“ bis „erschütternd“ gewertet wird: Bei Frauen hat die CDU demnach einen ganz schweren Stand; sogar Wirtschaftskompetenz – die vermeintliche Stärke der Partei – schreiben sie eher den Grünen zu.

Dann diskutieren die versammelten Granden über Konsequenzen aus der Misere: zum einen politisch-inhaltliche, zum anderen organisatorische. Für den Landeschef Thomas Strobl ist die Frauen-Initiative „ein wesentlicher Bestandteil der Neuausrichtung“ der Partei nach dem Machtverlust. Mehr Frauen auf allen Ebenen brächten die CDU auch wieder „näher an die Lebenswirklichkeit der Menschen“, sekundierte die Landesvorsitzende der Frauenunion, Annette Widmann-Mauz.

„Politische Hausierer-Mentalität hilft nicht“

Die Debatte kann munter werden, wie schon die Reaktionen auf das (noch interne) Schütz-Papier zeigten. Ihre Vorschläge zur Motivierung der Mitgliederwerber, angelehnt an „Kundenbindungsformen“ der Wirtschaft, stießen auf teils massives Unverständnis. „Mit der Art von Staubsaugerverkäufern gewinnen wir keinen Blumentopf“, schimpfte ein Kreisvorsitzender; der geplante Pranger sei zudem aus Datenschutzgründen höchst fragwürdig. Nicht durch „politische Hausierer-Mentalität” komme die CDU weiter, sondern nur mit überzeugenden Inhalten und überzeugenden Persönlichkeiten. Auch die Landesführung ging intern klar auf Distanz. Wichtig seien „leistungsfördernde Anreize“ und nicht bestrafende, hieß es; das könnten ein „Mitgliederstandsbarometer“ oder ein Preis für Führungskräfte sein, die gesetzte Ziele am besten erreichen.

Katrin Schütz bemüht sich derweil, die Irritationen zu dämpfen: Ihr Konzept sei ja noch kein endgültiges, sondern habe vielmehr „Gedanken gesammelt und Anregungen aufgenommen“. Es müsse möglich sein, „querzudenken“ und auch heikle Themen anzuschneiden, sagte sie der StZ. Für die Tagung in Schöntal werde man noch eine komprimierte Fassung erarbeiten – und wohl auch eine entschärfte. Auch andere Vorschläge des 12-Seiten-Werkes nämlich stießen in der CDU auf Kopfschütteln, Befremden oder gar schroffe Ablehnung.

Für „Kids-Ausstattung“ bei Parteitreffen

Die ganze Parteikultur, fordert Schütz, müsse frauenfreundlicher werden. Raus aus den Hinterzimmern, rein in modernere Räume, fordert sie etwa. Die Devise: „Cafe statt Bierkneipe“. Auch das „Ins-Wort-Fallen“ bei Diskussionen schrecke Frauen ab und müsse aufhören. Manche ihrer Tipps, um mehr Frauen in Führungsverantwortung zu bringen, erscheinen ihren Parteifreunden indes deutlich zu rigoros. Die Amtszeit von Vorsitzenden, zum Beispiel, solle auf „ein oder zwei Jahre“ begrenzt werden. Für den Landeschef Strobl, der die Parteiführung 2011 übernahm, wäre demnach bald Schluss. Wenig Gefallen fand auch der Vorschlag für eine männlich-weibliche „Doppelspitze“ bei Leitungsfunktionen. In einigen Ortsverbänden, beharrt Schütz, werde dies bereits erfolgreich praktiziert. Leicht belächelt wurde auch ihre Empfehlung, bei Veranstaltungen eine „Kids-Ausstattung“ mit Buntstiften und Malbüchern bereitzuhalten. Das sei ja schön und gut, aber sicher nicht entscheidend, hieß es.

Mehr als solche organisatorischen Dinge will die Landesführung in Schöntal inhaltliche Fragen in den Mittelpunkt rücken. Im Lauf des Jahres sollen die Diskussionsergebnisse in einen Parteitagsbeschluss und eine Handreichung für die Basis münden. Auch wenn Thomas Strobl ihr nicht in allen Punkten folgt, ist Katrin Schütz voll des Lobes für ihn: Er sei für das Frauen-Projekt sofort „Feuer und Flamme“ gewesen und gewähre „größte Unterstützung“.