Bei der SWEG ist viel Zug dahinter – die südbadische Landestochter wird immer größer. Die kleine hohenzollerische Landesbahn dagegen muss nach roten Zahlen konsolidiert werden. Sie leidet auch unter ihrem Einsatzgebiet ländlicher Raum.

Hechingen - Nachhaltige Mobilität – davon redet Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) oft und gern. Bahn, Bus, Carsharing, touristische Angebote, am besten auch noch ein E-Bike-Verleih – so stellt sich der Verkehrspolitiker ein modernes Verkehrsunternehmen vor. Das soll auch für zwei Eisenbahnunternehmen gelten, die zum großen Teil oder sogar ganz im Besitz des Landes sind. Da ist zum einen die traditionsreiche Hohenzollerische Landesbahn (HzL) mit Sitz in Hechingen (Zollernalbkreis), an der das Land Baden-Württemberg zu 72 Prozent und die beiden Landkreise Sigmaringen und Zollernalb zu je 14 Prozent beteiligt sind. Zum anderen gibt es die Südwestdeutsche Verkehrs-Aktiengesellschaft (SWEG) mit Sitz in Lahr.

 

Hermann war bis zum Ende 2014 Aufsichtsratschef der beiden Gesellschaften. Wegen denkbarer Interessenkollisionen bei der Vergabe neuer Verkehrsleistungen durch das Land an die Unternehmen hat der Minister den Posten an den Ministerialdirektor des Landwirtschaftsministeriums, Wolfgang Reimer, abgegeben.

Auch auf der Geschäftsführerebene sind die beiden Gesellschaften eng verbunden, bei HzL wie SWEG bilden Johannes Müller und Walter Gerstner eine Doppelspitze.

Dennoch haben HzL und SWEG auf dem Weg zu dem von Hermann propagierten Ziel, ein Mobilitätskonzern zu werden, eine ganz unterschiedliche Strecke zurückgelegt. Die deutlich größere SWEG hat sich im Rheintal und darüber hinaus bis Würzburg auf vielen Feldern profiliert und etabliert. An verschiedenen Verkehrsgesellschaften in der Region hält sie Anteile, auch einige zugekaufte Busunternehmen gehören zu diesem kleinen Konzern, der etwa im Bereich der Großstadt Freiburg seit Jahrzehnten zulegt.

Vor Kurzem hat die SWEG vom Land den Zuschlag für den Betrieb der Ortenau-S-Bahn bekommen. Auch auf den eigenen Bahnstrecken ist viel geschehen bis hin zur Elektrifizierung. Aktuell will die SWEG ins ganz große Geschäft kommen, sie bewirbt sich um eines der sogenannten Stuttgarter Netze. Von 2018 an könnten auf einigen Strecken rund um Stuttgart SWEG-Züge anstelle der DB-Regio-Fahrzeuge rollen.

Bei der HzL dagegen ist in den letzten Jahren weit weniger Zug drin. Gefahren wird auf der Zollernbahn zwischen Tübingen und Sigmaringen, dem „Seehäsle“ zwischen Radolfzell und Stockach, dem Ringzug bei Rottweil und Tuttlingen sowie auf den Gleisen zwischen Hechingen, Gammertingen und Sigmaringen. Seit mehr als einhundert Jahren fährt die HzL hier auf ihrer eigenen 108 Kilometer langen Stammstrecke. Ein bescheidener Güterverkehr wie die Salzzüge mit Startort Haigerloch und Transporte von Steinen in die Schweiz, die dort zu Zement verarbeitet werden, kommen hinzu. Ebenso gehört das eigene Busunternehmen zur HzL. Sie ist vorwiegend im ländlichen Raum unterwegs, das mindert die Wachstumschancen im Vergleich zur SWEG. Mehr noch – zuletzt wurden zwischen Gammertingen und Sigmaringen sogar zwei Zugpaare aus dem Fahrplan gestrichen.

Einschlägige Fachblätter wie der „Bahnreport“ berichten bereits von der „angespannten wirtschaftlichen Lage“ dieser Landesbahn. Tatsächlich sind die Zahlen der kleinen AG immer wieder rot. Bereits eine gründliche Sanierung der 50 Regioshuttle-RS-1-Triebwagen wegen unerwarteten Rostbefalls und die Hauptuntersuchungen in Höhe von zusammen vier bis fünf Millionen Euro bringen die rund 48-Millionen-Euro-Bilanz ins Minus. Weil kein Geld da ist, wird auch in das Schienennetz zu wenig investiert. Das führt vermehrt zu sogenannten Langsamfahrstellen auf sanierungsbedürftigen Schienenabschnitten auf der Stammstrecke.

In der 300 Personen umfassenden Belegschaft, darunter sind 70 Lokführer, macht sich Unruhe breit. Die Mitarbeiter machen sich Sorgen um die Zukunft ihres Arbeitgebers. Die Hzl erhielt zwar den Zuschlag, weiterhin einen Teil des Bahnverkehrs auf der Zollernbahn ausrichten zu dürfen. Dafür gibt es auch die üblichen Landeszuschüsse. In der Ausschreibung nicht enthalten ist jedoch die Stammstrecke. Der Verkehr dort muss weiterhin eigenwirtschaftlich erbracht werden und belastet die Bilanz.

Hinzu kommen kleinere Benachteiligungen, so kritisieren HzL-Mitarbeiter. So müssten laut Verkehrsvertrag in jedem HzL-Triebwagen eine Toilette einsatzbereit sein, was erstens viel kostet und wegen der allfälligen Entleerung zu geänderten Einsatzplänen führe. Der SWEG seien diese Auflagen erspart geblieben. „Obwohl die in einer Weingegend fährt“, wird mit Blick auf badische Fahrgäste gelästert.

Johannes Müller, Chef von SWEG/HzL, hat vor der Belegschaft von einem „steinigen Weg“ gesprochen und von strukturellen Problemen. Die schwierige Lage soll aber Ende des laufenden Jahres gemeistert sein. Für 2018 und 2019 sieht Müller die HzL in einer deutlich besseren Situation. Gesprächspartner im Stuttgarter Verkehrsministerium wollen von einer Benachteiligung der HzL gegenüber der SWEG nichts wissen. Auch die HzL hätte prinzipiell von weiteren Regionalisierungsmitteln profitieren können. Doch dieser Topf sei vom Bund nicht genügend gefüllt worden, damit es für zusätzliche Angebote reiche, heißt es. Die kommunalen Miteigentümer, also die Landkreise Sigmaringen und Zollernalb, halten es freilich nicht für möglich, die HzL dauerhaft zu sanieren, ohne dass die Stammstrecke in den Genuss von Landesmitteln kommt.

Für eine Bewerbung um große Brocken wie die Stuttgarter Netze sei die HzL einfach zu klein, ist aus dem Ministerium zu hören, aber selbstverständlich solle sie sich bei der Ausschreibung von Netzen wie dem Aulendorfer Kreuz bewerben. Das stellt auch Johannes Müller in Aussicht. Dabei geht es um Züge zwischen Ulm und Bregenz und zwischen Sigmaringen in Richtung Wangen/Memmingen sowie Leutkirch. Bereits in den nächsten Monaten können Verkehrsunternehmen beim Land ihre Angebote abgeben, von Dezember 2016 an sollen die Züge dort nach neuen Verträgen fahren.

Noch kaum bekannt sind Überlegungen, wie kleinen Unternehmen dauerhaft geholfen werden könnte. Die Infrastruktur eines Netzes würde vom Betrieb der Bahn getrennt, was die Bundesnetzagentur für alle Eisenbahnverkehrsunternehmen anmahnt. Das hieße, dass der Besitz des Schienennetzes kleiner Bahnunternehmen von einer Gesellschaft übernommen werden könnte, die „Infrastruktur Baden-Württemberg“ genannt werden könnte. Dann bräuchte sich eine HzL nur noch um den Betrieb der Züge kümmern und müsste nicht auch noch mehr als hundert Kilometer Eisenbahn mit Schienen, Weichen und Signalen in Schuss halten. Bis der Plan die Wirtschaftsdaten von HzL und anderen verbessert kann, dürften allerdings noch einige Jahre vergehen.

Auch Minister Hermann stört sich daran, dass das Landesunternehmen bereits von den Kosten einer Rostsanierung in rote Zahlen gerissen wird. Er kündigt aber an: „Ich möchte diese beiden Landesunternehmen eher wachsen sehen, als dass sie kleiner werden.“