Ein Brief linker Kommunalpolitiker erzürnt die AfD. Die Schreiber wollten verhindern, dass die Rechtsaußen in der Böblinger Kongresshalle ihren Landesparteitag abhalten, aber an dem Mietvertrag ist nicht zu rütteln.

Böblingen: Marc Schieferecke (eck)

Böblingen - Zumindest diese Geschichte wiederholt sich. Vor dem AfD-Sonderparteitag am 15. und 16. Februar in Böblingen sind die Rechtsaußen mit den Linken aneinandergeraten. Markus Frohnmaier, Bundestagsabgeordneter der AfD aus dem Landkreis, wirft Ursula Merz und Richard Pitterle mangelndes Demokratieverständnis vor. Merz und Pitterle sitzen für die Linke im Sindelfinger Gemeinderat. Letzterer war bis zur jüngsten Wahl ebenfalls Bundestagsabgeordneter. In einem Brief an die Gesellschaft CC BS, die mehrere Veranstaltungsorte der Städte Sindelfingen und Böblingen betreibt, hatten die Linken die AfD als „Partei des Hasses“ gebrandmarkt und gefordert, ihr die Nutzung der Böblinger Kongresshalle zu verweigern.

 

Eben dieser Wunsch ist ziemlich genau so häufig wie Veranstaltungen der Rechtsaußen. Mit Verbotsversuchen mussten sich Gerichte etliche Male auseinandersetzen – mit klarer Tendenz. „In einer demokratischen Kommune muss auch die Verwaltung und müssen die städtischen Gesellschaften Flagge zeigen“, meint Pitterle. In Bezug auf die Hallenvermietung darf sie dies nicht. „Die Rechtslage ist eindeutig“, sagt Georg Sommer, der Geschäftsführer der CC BS, „wir stellen die Halle politischen Parteien zur Verfügung, und die AfD ist in den Parlamenten vertreten“. Nach dem Grundsatz des gleichen Rechts für alle darf kein öffentlicher Veranstalter der Partei eine Vermietung verweigern. Diese Rechtsauffassung ist bis zum Bundesverfassungsgericht bestätigt.

Private Betreiber dürfen Zusagen zurückziehen

Juristisch entscheidend ist, dass die CC BS eine Tochter der Städte Böblingen und Sindelfingen ist. Private Betreiber dürfen sogar bereits getroffene Zusagen zurückziehen, etwa, wenn sie von Linken bedroht werden. Auch dies ist richterlich bestätigt und keineswegs selten. In Leipzig hatten Linksextreme in der Nacht vor einem Kreisparteitag der AfD eine Gaststätte verwüstet, in Waiblingen die Fensterscheiben der Veranstaltungshalle zertrümmert. In Berlin hat der Betreiber des Ballhauses Pankow vor wenigen Tagen gerichtlich durchgefochten, dass er der AfD absagen durfte, weil er beleidigt und sogar mit einem Messer bedroht wurde.

In Böblingen wird der einzige Unterschied zu anderen Parteien sein, dass die AfD einen Zuschlag für verschärfte Sicherheitsvorschriften wird bezahlen müssen. „Das wird eine Herausforderung für das Ordnungsamt und die Polizei“, sagt Gianluca Biela, der Pressesprecher der Stadt Böblingen. Mit nahezu 100-prozentiger Sicherheit werden Gegendemonstranten aufmarschieren – einschließlich Antifa-Aktivisten, die der Polizei als grundsätzlich gewaltbereit gelten.

Auch Sommer hat schon zweifelhafte Anrufe bekommen. Fragen zur Rechtslage beantwortet er, Anwürfe „ignoriere ich“. Die Debatte über AfD-Veranstaltungen entflammt bundesweit regelmäßig. In Braunschweig führte sie zu einer Kuriosität. Dort durfte der Betreiber der Stadthalle der Partei ihren Bundesparteitag nicht verweigern. Die Halle ist nach dem Sponsor benannt – Volkswagen. Weil der Konzern keinerlei Assoziation von der Partei zu seinem Namen hinnehmen wollte, ließ er den VW-Schriftzug an der Fassade abmontieren – für ein Wochenende.