50 Jahre Landfrauen in Neidlingen – Nun zeigen Überalterung und Überlastung der verbliebenen Mitglieder erste Folgen.

Neidlingen - Im Lammsaal zu Neidlingen wird gut gegessen und getrunken und zwischendurch gibt es Reden und Ehrungen. Man musiziert, singt, übt sich in generationenübergreifender Gymnastik, amüsiert sich über einen pantomimischen Sketch zweier vielversprechender Hobby-Aktricen und erfährt Sagenhaftes zu den Gefilden zwischen Reußenstein und Heimenstein – und man kämpft anhaltend, aber wenig nachhaltig, gegen ein widerspenstiges Mikrofon samt Rednerpult.

 

Doch die Sache mit dem Mikro ist letztlich doch nebensächlich, denn gefeiert wird ein Anlass, der weit über schnöde Techniklaunen hinausstrahlt: Seit einem halben Jahrhundert wirken und werkeln die Landfrauen in der Reußensteingemeinde, und haben sich insbesondere durch die Wiederbelebung des Zwetschgenmarkts in der Öffentlichkeit einen Namen gemacht. Und zwar weit über die Gemeinde hinaus.

Mitglieder sind überlastet

Intern sind die Bildungsarbeit und das Gemeinschaftserlebnis ein zentraler Vereinszweck. Und so lobte Neidlingens Bürgermeister Klaus Däschler in seinem Grußwort das Aufgreifen von „Themen und Herausforderungen, die uns alle angehen“. Nach dem Motto „Was Sie sind, wird in dem sichtbar, was Sie tun!“, so der Schultes, würden die Landfrauen seit Jahrzehnten zu einem funktionierenden Gemeinwesen beitragen.

Monika Deyle aus Kohlberg, Vorsitzende der 1400 Landfrauen im Altkreis Nürtingen, charakterisierte die Vereinsmitglieder als „eine starke Gemeinschaft mit einer Schwäche für den ländlichen Raum“. Zwar, so war zu erfahren, sei die Überalterung ein großes Problem, aber noch hielten sich die Vereinsauflösungen und die Neugründungen in etwa die Waage. Neidlingen zähle zu den ältesten Ortsvereinen und habe unter der Ägide von Rosemarie Rieker auch viele Neugründungen angestoßen, unterstrich die Kreisvorsitzende Deyle.

Rosemarie Rieker, die zusammen mit ihrem Mann, dem Altschultes und Ehrenbürger Ulrich Rieker, zu der Jubiläumsveranstaltung gekommen war, stand 35 Jahre an der Spitze der Frauenriege und ist heute deren Ehrenvorsitzende. Die Nachfolge in der Vereinsführung teilen sich Ulrike Braun und Elsbeth Linsenmayer.

Gründungsmütter wurden geehrt

Mit dem Staatsexamen für das Lehramt in der Tasche, aber drei kleinen Töchtern sozusagen am Rockzipfel, durchbrach „die Rose“ in den Neidlinger Anfangsjahren ihre empfundene Isolation durch das Angebot von privaten Kochkursen. Dass sie neben Kindern dabei ausdrücklich auch Männer im Visier hatte, war natürlich für die Verfechter einer patriarchalisch zementierten Dorfordnung erst einmal schwer zu verdauen.

Die Schultesgattin, im dörflichen Sprachgebrauch kurz „D’Schulze“ genannt, ließ sich jedoch davon nicht irritieren, auch nicht, als man ihr Faible für klassische Handwerkskunst und sonst manch Überliefertes als „alten Kruscht“ abtat, wie sie in ihrer Festrede betonte. Nostalgie ohne tümelnde Verklärung half jedenfalls in den Anfangsjahren dem Zwetschgenmarkt auf die Sprünge und verhalf ihm zum viel zitierten Alleinstellungsmerkmal.

Im Februar 1969 war es auch mit dem Landfrauenverein soweit. Von den 20 Gründungsmüttern konnten jetzt im Lammsaal neun begrüßt und mit Rosen beschenkt werden. Zu ihren besten Zeiten zählte die Frauengruppe hundert Mitglieder, derzeit sind es knapp die Hälfte.

Überalterung und Überlastung der verbliebenen Mitglieder zeigen erste Folgen: Die „Mambele“, das beliebte Salzgebäck vom Zwetschenmarkt, soll gestrichen werden – falls sich nicht doch ein Retter findet. Offenbar, so Schultes Däschler, wollen sich einzelne Vereine des nahrhaften Themas annehmen. Spätestens am 21. September, zu Matthäi, weiß man mehr.