Weil er überfordert war, hat ein 71-Jähriger seine pflegebedürftige Ehefrau mit einem Kissen erstickt. Ein psychiatrischer Gutachter schloss eine verminderte Schuldfähigkeit aus. So verlief der Prozess.

Wegen Totschlags hat das Landgericht Kassel am Freitag einen 71-Jährigen, der seine schwer kranke, pflegebedürftige Frau getötet hat, zu einer vierjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Der Mann hatte zu Beginn des Prozesses zugegeben, die damals 76-Jährige im August vergangenen Jahres mit einem Kissen erstickt zu haben. Die bettlägerige Frau litt unter anderem an Diabetes und Demenz. Sie war erst drei Tage vor der Tat als Pflegefall aus dem Krankenhaus in die eheliche Wohnung zurückgekehrt.

 

Das Paar habe sich einst versprochen, den Partner zu Hause zu pflegen und nicht in ein Pflegeheim zu geben, schilderte der Angeklagte. Er gab an, am Tatabend seien ihm die Sicherungen durchgebrannt, weil seine Frau seit ihrer Rückkehr aus dem Krankenhaus Tag und Nacht mantraartig gesagt habe, sie wolle zu ihrer - längst verstorbenen - Mutter und werde den gemeinsamen Hund des Paares mitnehmen. Nachdem er seine Frau getötet hatte, erstickte der Rentner den Hund mit einer Plastiktüte und versuchte sich selbst das Leben zu nehmen.

Geschah die Tat aus Affekt?

Ein psychiatrischer Gutachter führte am Freitag aus, es handelte sich um keine Affekttat. Der Angeklagte habe keine Persönlichkeitsstörung und sei auch sonst nicht psychisch krank. Es läge keine verminderte Straffähigkeit vor. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren gefordert, die Verteidigung für eine Strafmilderung und eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung plädiert.

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Die 10. Strafkammer des Landgerichts hielt eine Strafmilderung ebenfalls für gerechtfertigt, jedoch nicht eine Bewährungsstrafe. Es handelte sich zwar nicht um eine Affekttat, jedoch um eine spontane Tat aus einem Gefühl der Überforderung heraus, begründete der Vorsitzende Richter die Entscheidung. Der Angeklagte habe aufgrund eines Verpflichtungsgefühls gegenüber seiner Frau keine Handlungsalternativen zur Pflege durch ihn selbst gesehen. Er sei nicht vorbestraft, habe nicht aus einer feindlichen Gesinnung heraus gehandelt. Er sei geständig gewesen und habe Reue gezeigt. Gleichwohl habe er das Leben seiner Frau vorzeitig beendet. „Ich kann nur sagen, dass ich meine Frau noch liebe. Sie fehlt mir so“, sagte der Angeklagte als letzte Worte vor der Urteilsverkündung.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, eine Revision ist möglich.